Sparvertrag gekündigt- Worauf es jetzt ankommt!

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30.08.2019168 Mal gelesen
Nachfolgend möchten wir Ihnen aufzeigen, wie die Rechtslage im Falle der Kündigung von Sparverträgen durch die Bank ist.

Seit geraumer Zeit erhalten Sparer unangenehme Post vom Finanzinstitut ihres Vertrauens: Die Schreiben enthalten die Kündigung von gut verzinsten Sparverträgen, die zumeist zum Zwecke der Altersvorsorge oder für die Kinder und Enkelkinder abgeschlossen wurden. Nachdem in den letzten Jahren zunächst zahlreiche Bausparkassen hochverzinste Bausparverträge gekündigt haben, schlagen nun vor allem die Kreissparkassen in dieselbe Kerbe und kündigen bundesweit langfristig angelegte und mit einem Bonus- oder Prämiensystem versehene Sparverträge, die sog. Prämiensparverträge. Nachdem zunächst meist Kunden ost- und norddeutscher Sparkassen von Kündigungen betroffen waren gibt es nun auch vermehrt Meldungen über Kündigungen süddeutscher Kreissparkassen. Zuletzt hat die Kreissparkasse Nürnberg mit Schreiben vom 24.06.2019 über 21.000 Verträge gekündigt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass nach und nach weitere Sparkassen nachziehen werden. Mittlerweile sind uns Kündigungsfälle von besorgten Sparern zur Prüfung vorgelegt worden, welche Kreissparkassen in 5 Bundesländern betreffen. Die Zahl potentiell betroffener Kunden kann daher nicht seriös geschätzt werden, es steht jedoch zu befürchten, dass nach und nach Kreissparkassen und Finanzinstitute bundesweit versuchen werden, die für sie lästigen und teuren Altverträge zu kündigen.

Wie werden die Kündigungen begründet?

Die meisten Sparer überkommt nach dem ersten Schock Unverständnis und Wut über die Kündigung bzw. die Begründung der Sparkassen:  Soweit ersichtlich berufen sich die Finanzinstitute durchweg auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit oder entsprechende Regelungen zum Darlehensrecht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Zumeist führen die kündigenden Finanzinstitute hierzu ein Urteil des Bundesgerichtshofes an, um ihr vermeintliches Kündigungsrecht zu unterstreichen. Dieser hatte im Mai entschieden, dass Sparkassen langfristige Verträge unter Umständen kündigen dürfen, wenn die versprochenen Prämien wie vereinbart gezahlt worden sind (BGH, Urteil vom 14.05.2019, Az. XI ZR 345/18). Im konkreten Fall waren steigende Prämien nur bis zum Ablauf des 15. Sparjahres vereinbart. Eine feste oder gar eine Mindestlaufzeit war dagegen nicht geregelt. Nach Auffassung des BGH können sich von einer Kündigung betroffene Kunden nicht gegen die Kündigung wehren, wenn die Prämien der vereinbarten Prämienstaffel erreicht wurden. Allerdings müssen selbstverständlich auch in diesen Fällen die vereinbarten Prämien vor Kündigung ausbezahlt werden.

Was bedeutet das Urteil des BGH für mich als Sparer?

Das Urteil des BGH bedeutet entgegen der Meinung der Sparkassen und anderer Finanzinstitute nicht, dass das die Kündigung in jedem Fall pauschal rechtmäßig und zulässig ist. Nach unserer festen Rechtsauffassung können Verträge, bei denen anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall eine Laufzeit vereinbart wurde nicht vor Ablauf dieser (Mindest-)Laufzeit gekündigt werden. Diese feine Unterscheidung nehmen die Sparkassen allerdings nicht vor: Ohne zwischen Verträgen mit vereinbarter Laufzeit und solchen ohne eine vereinbarte Laufzeit zu unterscheiden, kündigte beispielsweise die Kreissparkasse Nürnberg über 21.000 Verträge und damit auch solche, die bspw. eine Laufzeit von 1188 Monaten vorsehen. Dass es bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung aber durchaus auf den individuellen Vertrag ankommt zeigt insbesondere die Tatsache, dass der BGH im oben genannten Urteil auch entschieden hat, dass Sparverträge nicht den Regelungen des Darlehensrechtes unterliegen, sondern als sogenannte unregelmäßige Verwahrverträge einzuordnen sind. Dies bedeutet, dass sich die Sparkassen nicht auf die Kündigungsregelungen des BGB berufen können, sondern sich die Möglichkeit zur Kündigung vielmehr nach den jeweiligen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) richtet.

Was kann ich als Sparer tun?

Wenn Sie die Kündigung Ihres Sparvertrages erhalten haben sollten Sie zunächst einen kühlen Kopf bewahren. Keinesfalls sollten Sie leichtfertig Alternativangebote über vermeintlich verlockende, weil (nach heutigem Stand) gut verzinste Bau- oder Prämiensparverträge annehmen und unterschreiben. Sie sollten die Vertragskündigung auch keinesfalls anstandslos hinnehmen. Wie oben erläutert, sind die Kündigungserklärungen der Finanzinstitute und Kreissparkassen in vielen Fällen unzulässig und rechtlich angreifbar. Neben den offensichtlichen Unwirksamkeitsgründen wie das Nichterreichen der vereinbarten Laufzeit oder der höchsten Prämienstufe sind bei der Überprüfung einer Kündigung viele weitere juristische Einzelheiten zu beachten, so dass stets die individuelle Überprüfung durch einen Rechtsanwalt zu empfehlen ist.

Gerne nehmen wir zu Ihrem Fall eine kostenlose Ersteinschätzung vor und zeigen Ihnen unverbindlich konkrete Handlungsmöglichkeiten auf.

Lohnt sich ein Vorgehen überhaupt?

Oft werden wir auch gefragt, ob sich ein Vorgehen gegen die kündigende Bank überhaupt lohnt. Die meisten Sparer begründen diese Befürchtung meist mit der vergleichsweise "geringen" Sparrate von monatlich 50 Euro. Man darf allerdings nicht vergessen, dass ein Sparvertrag der 1999 geschlossen wurde und bei dem eine Laufzeit von 1188 Monaten vereinbart wurde Stand heute noch 79 Jahre läuft und ein attraktives Prämienpaket beinhaltet. Die Kosten, die für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes entstehen sind daher meist weitaus geringer als die Bonuszahlungen, die bei einer Weiterführung des Vertrages generiert werden können. In den meisten Fällen dürfte den Sparern darüber hinaus auch ein Anspruch gegen die kündigenden Finanzinstitute auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten zustehen. Dies bedarf jedoch stets der Prüfung im Einzelfall.

Generell gilt: Gerade in Zeiten von Niedrigzinsen sollten Sparer um ihr Recht kämpfen und die Kündigungen nicht ohne weiteres hinnehmen!