Berlin, München, 14.01.2019
Nunmehr wurde auch von Seiten des Handelsblatts, der Trado GmbH, Bloomberg und einem Gesellschafter der Envion AG bestätigt, dass von Seiten des Konkursgerichts Zugs am 14.11.2018 die Liquidation der Envion AG beschlossen wurde.
Wie bereits berichtet, wurde die Einleitung der Liquidation damit begründet, dass von Seiten der Envion AG innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist keine Revisionsstelle benannt wurde. Die Envion AG leidet daher unter einem sog. "Organmangel", der nach Schweizer Recht bei fehlender Abhilfe zur Liquidation des Unternehmens führt.
Auch der Ermittlungsbericht des von Seiten der FINMA eingeleiteten Enforcementverfahrens liegt zwischenzeitlich vor, befindet sich allerdings für die Anleger und Investoren des Envion ICO noch unter Verschluss.
Sofern der Untersuchungsbericht Eingang in das Liquidations- bzw. Konkursverfahren Eingang finden wird, wird er allerdings Teil der Konkursakten bilden und in diesem Zeitpunkt sollte es möglich sein, ihn über das allgemeine Einsichtsrecht in Akten des Konkursamtes erhältlich zu machen.
Sobald das Urteil des Kantonsgerichts Zug rechtskräftig ist, wird das Liquidationsverfahren der Envion nach konkursrechtlichen Grundsätzen geführt. Anwendung finden die Art. 197 ff. des Bundesgesetzes über die Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG).
Die Konkurseröffnung wird im Handelsregister und im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) publiziert.
Der erste Schritt für die Anleger des Envion ICO und weiteren EVN Tokenholder wird sein, sich mittels Schreiben an das Konkursamt als Gläubiger erkennen zu geben und eine Adresse in der Schweiz als Zustelldomizil zu bezeichnen. Dies hat den Vorteil, dass der Schuldenruf (siehe sogleich) den Investoren bzw. dem Zustelldomizil postalisch angezeigt wird (Art. 233 SchKG).
CLLB arbeitet hier bereits mit einer Schweizer Anwaltskanzlei zusammen, die das erforderliche Zustelldomizil für Anleger zur Verfügung stellen kann. Forderungen von Investoren des Envion ICO, die nicht angemeldet werden, bleiben im Konkursverfahren unberücksichtigt.
Der Schuldenruf besteht in der öffentlichen Bekanntmachung im Schweizer Handelsamtsblatt, dass die Gläubiger Ihre Forderungen im Konkurs einzugeben haben (Art. 232 SchKG).
Die Investoren müssen sodann ihre Ansprüche innerhalb eines Monats seit Bekanntmachung anmelden.
Fraglich ist, wie das Konkursamt die Rechtsstellung der EVN Tokeninhaber beurteilen wird.
Folgende Überlegungen bestehen derzeit:
Den Anspruch des Investors auf Rückzahlung der Einlage. Gemäß Ziffer I.II.2 des Subscription Agreements sind dem Investor pro Token USD 1.00 nach maximal 30 Jahren zurückzuzahlen. Die Konkurseröffnung über Envion bewirkt jedoch die sofortige Fälligkeit dieses Anspruchs (Art. 208 Abs. 1 SchKG).
Gemäß Ziffer B.II.1 des Subscription Agreements ist der Anspruch auf Rückzahlung in Ether zu leisten.
Konkurseingaben sind in der Schweiz in Schweizer Franken vorzunehmen.
Wenn man für die Berechnung der Forderungseingabe die bisherige Schweizer Rechtsprechung für Fremdwährungsschulden anwendet, die hinsichtlich Wechselkurs von den Verhältnissen am Tag der Konkurseröffnung ausgeht, dann müsste die Umrechnung wohl wie folgt vonstattengehen:
Am Tag der Konkurseröffnung sind pro Token USD 1.00 in Ether anhand des Tageskurses umzurechnen, und anschliessend diese Anzahl Ether wiederum anhand des Tageskurses in Schweizer Franken.
Dieser Frankenbetrag ist im Konkurs als Forderung einzugeben.
Eine Sonderfrage könnte sich hinsichtlich der Bedeutung von Art. 208 Abs. 2 SchKG stellen, wonach unverzinsliche, vorzeitig im Konkurs befriedigte Forderungen (also solche die eigentlich noch nicht fällig gewesen wären), mit einem Satz von 5% zu diskontieren sind.
Da die EVN Tokens noch eine sehr lange Laufzeit von ca. 29 Jahren haben, würde die Diskontierung einen erheblichen Abschlag bedeuten. Man wird daher wohl argumentieren müssen, dass die Forderungen verzinslich waren und die versprochene Gewinnbeteiligung den Zins darstellt.
Hinsichtlich der Aussage im Prospekt, wonach die Tokens kein Recht auf die «liquidation proceeds» verleihen (Ziffer V des Prospekts), gehen wir davon aus, dass man im Streitfall folgendes Argument vorbringen müsste: Übereinstimmend mit dem Grundsatz, dass die Tokens keine Dividendenberechtigung verleihen, und damit keine Aktionärsreche, muss Liquidation Proceeds mit Liquidationsüberschüsse übersetzt werden. Damit soll lediglich klargestellt werden, dass die Investoren als Fremdkapitalgeber im Liquidationsfall nicht an Liquidationsüberschüssen teilnehmen, da diese den Aktionären zustehen.
In Ziffer G.II des Subscription Agreements ist dieser Gedanke in dieser Art und Weise etwas klarer formuliert: «The Tokenholders shall have no shareholder rights [.] The Tokens do not convey any right in a liquidation surplus.».
Eine Auslegung, wonach die Investoren für den Fall einer konkursamtlichen Liquidation auf Ihre Ansprüche verzichten, erscheint sehr ungewöhnlich und wäre im Streitfall allenfalls mit dem entsprechenden vertragsrechtlichen Instrumentarium (AGB-Kontrolle, Ungewöhnlichkeitsregel, etc.) zu überprüfen.
Die Forderungsanmeldung für Investoren und EVN Tokeninhaber wird der erste Schritt sein.
Die weiteren Schritte hängen dann davon ab, ob das Konkursamt die Forderungen der Investoren bestätigt, oder ablehnt.
Etwaige Klageverfahren von Investoren gegen die Trado GmbH und persönlich haftende Personen und Organe bleiben vom Konkursverfahren in der Schweiz unberührt und werden vor den deutschen Gerichten fortgesetzt.
Klageverfahren gegen die Envion AG werden nicht mehr eingeleitet. Die Ansprüche gegen die Envion AG werden nunmehr im Rahmen des Konkursverfahrens angemeldet, erklärt das Team von CLLB Rechtsanwälte.
CLLB wird die weitere Entwicklung verfolgen und weiter berichten.
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