Falsche Grundpreisangabe Bagatellverstoß - OLG Hamm, I-4 U 156/09, Urteil vom 10.12.2009

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03.02.20101809 Mal gelesen
Das OLG Hamm hatte sich mit einer unzutreffenden Grundpreisangabe zu befassen. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 PAngVO ist (hoffentlich) bekanntlich neben dem Endpreis auch der Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises gemäß § 2 Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben. Ein Händler hatte eine 500 ml Flasche XXXXXduft, (…) zum Preis von 9,90 € zum Kauf angeboten. Den Grundpreis gab er mit 1,98 € pro 100 ml an, obwohl er diesen eigentlich in Liter hätte angeben müssen, weil das angebotene Produkt 500 ml enthielt. Dies nahm ein Mitbewerber zum Anlass eine Abmahnung auszusprechen. Vor dem Landgericht Bochum hatte der Abmahner auch noch Erfolg, vor dem OLG Hamm nahm die Sache dann aber für den Abmahner eine Wende. Die Einzelheiten:



"hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2009
für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. Juni 2009 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber. Beide bieten gleichartige Waren über die Auktionsplattform eBay an.

Bei dem Artikel mit der Artikelnummer XXXXX hat die Beklagte im Feld "Rücknahme - weitere Angaben" eine Rückgabebelehrung hinterlegt. Danach soll die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb von 1 Monat durch Rücksendung der Ware zurückgegeben werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das genannte Angebot (BI. 28 ff. d.A.) verwiesen. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es unter 4.4:

"Verbraucher im Sinne von
§ 3 BGB können ihre Online-Bestellung (telefonisch oder per Internet) nach Erhalt der Verbraucherinformationen und der Widerrufsbelehrung binnen einer Frist von zwei Wochen nach Eingang der ersten Lieferung widerrufen."

Wegen dieser Angaben mahnte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.05.2008 ab. Anschließend erwirkte sie eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Bochum unter der Geschäftsnummer 13 0 107/08. Mit Schreiben vom 10.07.2008 ließ die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer Abschlusserklärung auffordern.

Die Beklagte hat unter dem 10.06.2008 gegenüber der Wettbewerbszentrale bezüglich der von der Klägerin erhobenen Beanstandungen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, in der sie auf eine Annahmeerklärung gem.
§ 151 BGB verzichtet hatte. Die Wettbewerbszentrale hat den Eingang dieser Erklärung bestätigt. Auf die Unterwerfungserklärung und das zugehörige Anschreiben vom 10.06.2008 sowie die Anfrage des Klägervertreters bei der Wettbewerbszentrale vom 12.06.2008 und das Antwortschreiben vom selben Tage wird (BI. 50 - 58 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat das beanstandete Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig gehalten. Sie ist mit näherem Vorbringen, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, der Auffassung, die gegenüber der Wettbewerbszentrale abgegebene Unterlassungserklärung könne die Wiederholungsgefahr nicht beseitigen.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzustehenden, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren), es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Fernabsatzverträgen über XXXXXX mit privaten Endverbrauchern auf der Auktionsplattform eBay

den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über die nach
§ 312 c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV erforderlichen Angaben (nämlich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechtes, sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen) in einer dem eingesetzten Kommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich zu informieren, nämlich

a) eine Rückgabebelehrung zu verwenden, wie in der Auktion mit der Artikel-Nr. XXXXX geschehen;

b) eine Widerrufsfrist von zwei Wochen zu nennen;

2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.472,51 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage bereits wegen Rechtsmissbrauchs abzuweisen sei. Dazu hat die Beklagte auf die sowohl mit der Abmahnung als auch mit dem Abschlussschreiben geforderte Schadensersatzpauschale hingewiesen und herausgestellt, dass die Klägerin mit einer Erhöhung des Streitwertes gedroht habe, um die Beklagte zur Zahlung zu bewegen. Das im Vordergrund stehende Gebührenerzielungsinteresse komme auch in der Gebühr für das Abschlussschreiben zum Ausdruck. Verlangt worden sei eine Gebühr von 1,3, obwohl der Bundesgerichtshof nur eine Gebühr von 0,8 für gerechtfertigt gehalten habe.

Wegen eines von der Klägerin über eBay unter der Artikel-Nr. XXXXX vertriebenen Artikels hat die Beklagte Widerklage erhoben. Dort bot die Klägerin eine 500 ml Flasche XXXXXduft, (?) zum Preis von 9,90 € zum Kauf an. Der Grundpreis war mit 1,98 € pro 100 ml angegeben.

Die Klägerin hat insoweit folgende Unterlassungserklärung durch ihren Prozessbevollmächtigten abgegeben:

"Der Unterzeichner erklärt namens und in Vollmacht der Klägerin und Widerbeklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne jedes Präjudiz aber gleichwohl rechtsverbindlich, dass es die Klägerin und Widerbeklagte künftig bei Meidung einer Vertragsstrafe für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung in einer Höhe, die von der Beklagten und Widerklärung nach billigem Ermessen festgesetzt wird, die jedoch im Streitfall hinsichtlich ihrer Angemessenheit vom zuständigen Gericht überprüft werden kann, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern den Artikel mit der Artikel-Nr. XXXXX anzubieten, und hierbei, sofern Angaben über den Grundpreis nach der
Preisangabenverordnung zu machen sind, diesen pro 100 ml anzugeben, wenn nach der Preisangabenverordnung die Angabe in Liter zu erfolgen hat."

Die Beklagte und Widerklägerin ist der Auffassung, die Klägerin habe gegen die
Preisangabenverordnung verstoßen und sich daher wettbewerbswidrig verhalten. Die abgegebene Unterlassungserklärung könne die Wiederholungsgefahr aufgrund ihrer eingeschränkten Formulierung nicht entfallen lassen.

Die Widerklägerin hat beantragt, wie vom Landgericht erkannt.

Die Klägerin und Widerbeklagte hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin sieht keinen rechtlich erheblichen Wettbewerbsverstoß, da sie lediglich den falschen Grundpreis benannt habe. Im Übrigen sei durch die abgegebene Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr entfallen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 23.06.2009 die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es künftig zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern Saunaartikel anzubieten, und hierbei, sofern Angaben über den Grundpreis nach der
Preisangabenverordnung zu machen sind, diesen pro 100 ml anzugeben, wenn nach der PAngV die Angabe in Liter zu erfolgen hat, wie geschehen im eBay Angebot der Klägerin und Widerbeklagten mit der Nummer XXXXX und zwar wie nachfolgend abgebildet

(Abbildung)

Das Landgericht hat die Frage, ob die Klägerin hier rechtsmissbräuchlich abgemahnt hat, unbeantwortet gelassen, weil die Unterlassungsklage schon mangels Wiederholungsgefahr keinen Erfolg hätte. Diese Wiederholungsgefahr sei durch die Unterwerfungserklärung der Beklagten gegenüber der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs weggefallen.

Die Widerklage sei begründet. Die Unterwerfungserklärung der Klägerin sei nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Im Hinblick auf den von der
Preisangabenverordnung bezweckten Verbraucherschutz sei auch kein Bagatellfall anzunehmen.

Wegen des Inhaltes des Urteils im Einzelnen wird auf BI. 178 f_ d.A. verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie zunächst sowohl ihr Klagebegehren, wie auch ihr Klageabweisungsbegehren hinsichtlich der Widerklage weiterverfolgt hat.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ihre Berufung, insoweit zurückgenommen, soweit sie die Abweisung der Klage durch das angefochtene Urteil betroffen hat.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Klägerin der Ansicht, dass die Widerklage aus zwei Gründen abzuweisen sei. Nach
§ 9 Abs. 5 Nr. 2 der Preisangabenverordnung müsse gar kein Grundpreis angegeben werden. Denn das angebotene Produkt sei ein kosmetisches Mittel, das ausschließlich der Verschönerung der Haut diene. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, läge nur ein Bagatellverstoß vor.

Die Klägerin beantragt, unter teilweiser Aufhebung des am 23.06.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Beklagte der Ansicht, dass die Klägerin schon aus prozessualen Gründen mit ihrem Vortrag zu
§ 9 Abs. 5 Nr. 2 Preisangabenverordnung ausgeschlossen sei. Abgesehen davon sei die genannte Norm nicht einschlägig.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Akte 13 0 107/08 LG Bochum war beigezogen.

Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist begründet. In der Berufungsinstanz geht es nur noch um das mit der Widerklage geltend gemachte Verbotsbegehren der Beklagten. Hinsichtlich ihres eigenen Verbotsbegehrens hat die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen, so dass es insoweit bei der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts bleibt.

Der verbleibende Berufungsangriff der Klägerin gegenüber der Widerklage der Beklagten hat Erfolg. Das Landgericht hat insoweit die Klägerin zu Unrecht zur Unterlassung verurteilt, XXXXXX ohne Grundpreisangabe anzubieten.
Zwar hat das Landgericht zu Recht einen Verstoß gegen
§ 2 Preisangabenverordnung angenommen. Nach dieser Vorschrift muss nämlich bei Warenangeboten neben dem Endpreis auch der Grundpreis angegeben werden. Dieser Grundpreis ist bei flüssigen Produkten auf 1 Liter als Mengeneinheit zu beziehen.

Diese Grundpreisangabe ist in der angegriffenen Werbung der Klägerin falsch ausgeworfen worden. Denn es ist nur der Preis pro 100 ml angegeben. Diese Grundpreisangabe war hier auch nicht nach
§ 9 Abs. 5 Ziff. 2 Preisangabenverordnung entbehrlich. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich schon aus der Überschrift der Werbung der Klägerin ergibt, dass das Produkt nicht ausschließlich der Färbung oder der Verschönerung der Haut, des Haares oder der Nägel dient. Nur dann ist aber nach der genannten Vorschrift die Grundpreisangabe entbehrlich.

Als Marktverhaltensregelung ist die
Preisangabenverordnung nach § 4 Ziff. 11 UWG auch dem Schutz durch das UWG zugänglich.

Der Schutzumfang wird aber von
§ 3 UWG dergestalt eingeschränkt, dass nicht jeder Verstoß gegen die Preisangabenverordnung zugleich auch einen Wettbewerbsverstoß darstellt. Vielmehr sind bloße Bagatellverstöße ausgenommen.

Ein solcher Bagatellverstoß liegt hier vor. Denn der Verbraucher muss den angegebenen Grundpreis lediglich mit 10 multiplizieren, um zu dem von der
Preisangabenverordnung eigentlich geforderten Grundpreis pro Liter zu kommen. Mithin betrifft der gerügte Verstoß nicht die Preiswahrheit, sondern nur die Preisklarheit. Diese Preisklarheit ist hier aber praktisch nicht beeinträchtigt. Denn solche einfachen Rechenoperationen sind dem Verbraucher zuzumuten (Senatsurteil vom 01.12.2009 - Az. 4 U 106/09 m.w.N.). Die genaue Befolgung der vorgeschriebenen Preisangaben darf nicht zum Selbstzweck werden. Es ist hier Sinn und Zweck zu berücksichtigen, nämlich durch klare Preisangaben dem Verbraucher den Preisvergleich zu ermöglichen und zu erleichtern. Dieser Preisvergleich anhand einheitlicher Grundpreisangaben ist dem Verbraucher aber auch dann ohne Weiteres möglich, wenn er durch denkbar einfache Rechenoperationen wie hier zu dem eigentlichen Vergleichspreis kommen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus
§§ 91, 516 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus
§ 708 Ziff. 10 ZPO."


Fazit:
Endlich hat sich das OLG Hamm für einen Bagatellverstoß ausgesprochen und erneut musste ein Abmahner in zweiter Instanz eine Niederlage hinnehmen. Nicht jeder Verstoß stellt gleichzeitig auch einen Wettbewerbsverstoß dar. Eine sorgfälltige Prüfung und durchdachte Argumentation zahlt sich am Ende aus, wie diese Auseinandersetzung zeigt. Ich habe den Abgemahnten vertreten.

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