AGB sind urheberrechtlich geschützt! Urteil LG Köln 28 O 368/09 / Urteil OLG Köln 6 U 193/08

Geistiges Eigentum und Urheberrecht
19.12.20092255 Mal gelesen
Ich hatte für einen Mandanten allgemeine Geschäftsbedingungen erstellt. Diese von mir erstellten allgemeinen Geschäftsbedingungen hatte ein Dritter ungefragt und natürlich unentgeltlich benutzt. Der Dritte hatte lediglich den Namen meiner Mandantschaft entfernt und stattdessen seinen Namen eingesetzt.

Hierin sah ich meine Urheberrechte verletzt und habe zunächst eine außergerichtliche Abmahnung ausgesprochen. Da keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, habe ich bei der Urheberrechtskammer beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung beantragt und erhalten. Das Landgericht Köln teilte meine Auffassung, dass die von mir erstellen allgemeinen Geschäftsbedingungen urheberrechtlich schutzfähig sind. 

Gegen diese einstweilige Verfügung wurde Widerspruch erhoben und es erging ein bestätigendes Urteil im Verfügungsverfahren. Das Oberlandesgericht Köln hat schließlich durch Urteil vom 27.02.2009, Geschäftsnummer 6 U 193/09, das Urteil des Landgerichts Köln vom 17.09.2009, Geschäftsnummer 28 O 368/09 bestätigt. Im Einzelnen: 

 
"TATBESTAND:
Die Parteien streiten im Eilverfahren über Unterlassungsansprüche des Verfügungsklägers im Hinblick auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die die Verfügungsbeklagte bei ihrem Internetauftritt auf der Plattform eBay nutzt.

Der Verfügungskläger ist Rechtsanwalt, er vertrat im Rahmen einer Abmahnung vom 30.05.2008 wegen diverser Informationspflichtverletzungen die Firma XXXXX. Daraufhin überarbeitete die Verfügungsbeklagte ihre Geschäftsbedingungen dahingehend, dass sie die rechtlichen Informationen der Firma XXXXX nahezu eins zu eins übernahm. Die Verlinkungen ?Widerruf/AGB, der Aufbau, die Struktur und die Formulierungen waren identisch; die Verfügungsbeklagte fügte lediglich anstelle des Namens der Firma XXXXX ihren eigenen Namen ein. Sie holte hierfür keine Zustimmung ein. Dies bemerkte der Verfügungskläger am 11.06.2008. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte er die Verfügungsbeklagte unter Fristsetzung zur Unterlassung und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Als diese nicht reagierte, beantragte er bei dem Landgericht Köln am 27.06.2008 den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Mit Beschluss vom 02.07.2008 hat die Kammer der Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, die folgenden von dem Verfügungskläger erstellten allgemeinen Geschäftsbedingungen öffentlich zugänglich zu machen wie auf dem Onlinemarktplatz eBay am 11.06.2008 geschehen:

 

[vom Abdruck der AGB wurde abgesehen]


Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten.

Der Verfügungskläger behauptet, er habe die allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Firma XXXXX erstellt und dieser hierfür 1.785 ? in Rechnung gestellt. Er behauptet, er habe in Struktur, Aufbau und Formulierungen der Geschäftsbedingungen seine ganze Arbeitskraft eingebracht. Er ist der Ansicht, diese seien urheberrechtlich schutzfähig, da sie hinsichtlich Struktur, Aufbau und der Formulierungen einzigartig seien.

In der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2008 hat er vorgetragen, die Geschäftsbedingungen seien nach konkreten Vorgaben der Auftraggeberin erstellt worden und zwar nach Gesprächen darüber, wo es zu Problemen gekommen sei sowie unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der
BGB InfoV und von § 355 BGB. Auch sei das Widerrufsrecht in Schriftgröße und Schriftart übernommen worden.

Er beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 02.07.2008 zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vorn 02.07.2008 zum Aktenzeichen 28 0 368/08 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, es liege bereits keine Urheberrechtsverletzung vor, da die streitgegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht als Schriftwerke geschützt seien. Es handele sich um Bedingungen für einfachste Verkaufsfälle über die Auktionsplattform eBay. So enthalte Ziffer 1 die gewöhnliche Abwehrklausel, wie sie mittlerweile in allen Verkaufsbedingungen Verwendung fänden ; hier verweist sie zusätzlich auf einschlägige Formulierungsvorschläge. In Ziffer 2 sei lediglich auf den Vertragsschlussmechanismus der Auktionsplattform ebay verwiesen und ein entsprechender Hyperlink gesetzt. Auch dies sei üblich und werde von eBay sogar ausdrücklich empfohlen. In Nr. 3 seien ebenfalls redundante Regelungen getroffen, die zudem der Erfüllung der fernabsatzrechtlichen Informationspflichten dienten. Unter Ziffer 4 würden nur rudimentäre Regelungen zur Kaufpreiszahlungspflicht getroffen und auf die Angebotsseiten verwiesen. Auch diese Klausel diene der Erfüllung der fernsatzrechtlichen Informationspflichten. Auch die Klauseln in Ziffer 5 zum Eigentumsvorbehalt habe sich allgemein durchgesetzt und gehe nicht über das Gewöhnliche hinaus. Auch mit § 6 würden nur gesetzliche Informationspflichten erfüllt, was an der Klausel Nr. 7 besonders deutlich werde. Hier werde weitestgehend wörtlich die Formulierung des amtlichen Musters der Widerrufsbelehrung gemäß der
Anlage 2 zur BGB-InfoV verwendet. Auch die Klausel in Nr. 8 sei im Hinblick auf die zwingenden gesetzlichen Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf weit verbreitet; eine besondere Schöpferkraft komme hier nicht zum Ausdruck. Auch mit den Klauseln Nr. 8 und 9 würden gesetzliche Informationspflichten erfüllt. Die Klausel Nr. 11 sei am sachlich Notwendigen orientiert und gehöre zum juristischen Standardwerkszeug. Auch als Gesamtwerk seien die Geschäftsbedingungen nicht geschützt. Insbesondere habe der Verfügungskläger nichts dazu vorgetragen, an welchen Stellen individuelle Prägung zum Ausdruck komme. Des weiteren fehle es an der Dringlichkeit. Alleine das Vorliegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung rechtfertige nicht die tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit zum Erlass einer einstweiligen Verfügung.

In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, auf der Plattform eBay seien fast gleiche Geschäftsbedingungen gefunden worden, teilweise seien diese wörtlich gleich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. Nach der mündlichen Verhandlung ist ein weiterer Schriftsatz des Verfügungsklägers vom 02.09.2008 bei der Kammer eingegangen.


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der Antrag ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung weiterhin zulässig und begründet. Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen. Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch sind glaubhaft gemacht.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

I.
Der Verfügungsgrund ist glaubhaft gemacht. Der Verfügungskläger hat durch eigene eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass er erstmals am 11.06.2008 von der Nutzung der AGB der Firma XXXXX durch die Verfügungsbeklagte Kenntnis erlangt hat. Bereits am selben Tag erfolgte die Abmahnung, am 27.06.2008 ging der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht ein. Auch ansonsten besteht der gern.
§§ 917 Abs.1, 936, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund der Dringlichkeit. Diese wird im Urheberrecht zwar nicht vermutet, liegt hier aber deswegen vor, weil die Verfügungsbeklagte die streitgegenständlichen, die Rechte des Verfügungsklägers verletzenden Inhalte, weiterhin über die Verkaufsplattform eBay öffentlich zugänglich macht.

II.
Der Verfügungskläger hat auch einen Verfügungsanspruch aus
§ 97 UrhG glaubhaft gemacht.

Der Verfügungskläger hat seine Urheberschaft an den streitgegenständlichen AGB durch eigene anwaltliche Versicherung im Verhandlungstermin vom 27.08.2008 glaubhaft gemacht. Die Glaubhaftmachung wird weiter gestützt durch die Vorlage der Rechnung des Verfügungsklägers vom 25.03.2008 an die Firma XXXXX, in der die Erstellung von eBay-AGB ausdrücklich aufgeführt sind. Die Glaubhaftmachung ist durch das einfache Bestreiten der Verfügungsbeklagten auch nicht erschüttert worden.

III.
Die AGB der Verfügungsklägerin erreichen entgegen der beklagtenseits vertretenen Auffassung auch die erforderliche Schöpfungshöhe und sind als Sprachwerk gemäß
§ 2 I Nr. 1 UrhG schutzfähig. Dies gilt jedenfalls nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und des weiteren hier erfolgten mündlichen Vortrags des Verfügungsklägers zur Erstellung der AGB für die speziellen Bedürfnisse seiner Auftraggeberin. Für die Beurteilung, ob eine persönliche Schöpfung von individueller Ausdruckskraft vorliegt, ist bei Sprach- und Schriftwerken 1.8. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG maßgeblich auf den Inhalt abzustellen, wie dieser sich bei einer zusammenfassenden Beurteilung aller gestalterischen Elemente einem mit dieser Gestaltungsart einigermaßen vertrauten und aufgeschlossenen Verbraucher darstellt (OLG Köln, Beschluss vom 07.08.2006 - 6 W 92/06 m.w.N.). Neben Auswahl oder Darstellung des Inhalts vermag aber auch eine durch die individuelle Gedankenführung geprägte sprachliche Gestaltung zum urheberrechtlichen Schutz zu führen (OLG Köln, Beschluss vom 07.08.2006 ? 6 W 92/06 m.w.N.). Allgemeine Geschäftsbedingungen können deshalb nur dann Urheberrechtsschutz genießen, wenn sie sich von gebräuchlichen, auf juristischen Standardformeln basierenden Klauselformulierungen abheben, weil Urheberrechtsschutz nicht dazu führen darf, dass knappe und zutreffende rechtliche Formulierungen, die durch die Rechtslage, den sachlichen Regelungsgehalt und die sachspezifischen Anforderungen an die Materie geprägt sind, monopolisiert werden (OLG Köln, Beschluss vom 07.08.2006 ? 6 W 92/06 m.w.N.).

Vorliegend ist zu sehen, dass das Klauselwerk des Verfügungsklägers hinreichende schöpferische Eigenheiten aufweist und daher insgesamt schon über eine für den Urheberschutz erforderliche Gestaltungshöhe verfügt. Dem steht nicht entgegen, dass einzelne Klauseln, wie die Ziffern 1 und 2 sowie 8 jeweils für sich gesehen auch ihrem Wortlaut nach gängige Formulierungen darstellen mögen. Zwar kann die Anwendung von Fachterminologie oder eines bestimmten Aufbaus bei Sprachwerken nicht Ausdruck von Individualität sein, wenn eine bestimmte Ausdrucksweise oder ein bestimmter Aufbau durch Zweckmäßigkeit oder Üblichkeit vorgegeben sind (BGH GRUR 1981, 352, 353 ? Staatsexamensarbeit), umgekehrt können aber die Anforderungen an Individualität und Gestaltungshöhe niedriger anzusetzen sein, wenn der Spielraum für eine individuelle Gestaltung sehr eng und individuelles Schaffen deshalb besonders schwierig ist, wie z.B. bei Bearbeitungen, bei denen eine enge Anlehnung an Gliederung und Formulierung eines Originaltextes sachlich geboten ist (BGH GRUR 1981, 520, 521 ? Fragensammlung) oder bei der Formulierung von Leitsätzen zu juristischen Entscheidungen, die eine enge Anlehnung an die Entscheidung verlangen (BGH GRUR 1992, 382, 385 ? Leitsätze). Die verwendeten Klauseln zeichnen sich insgesamt durch eine weitgehend von der üblichen juristischen Diktion abweichende und verbraucherfreundlich eingängig formulierte und inhaltlich leicht verständliche Sprache aus. Dies ergibt sich ganz deutlich z.B. aus Ziffer 6 oder 9 der AGB. Die den einzelnen Geschäftsbedingungen zugrunde liegenden Rechtsvorschriften sind teilweise erläutert. Damit ist jedenfalls die untere Grenze der erforderlichen Schöpfungshöhe erreicht. Insbesondere hat die Kammer bei der Beurteilung auch berücksichtigt, dass allein das Vorhandensein einer Vielzahl von Klauseln, die durch gesetzliche Notwendigkeiten vorgegeben sind, noch nicht bedeutet, dass die sprachliche Ausformung von Geschäftsbedingungen, die dies berücksichtigen, deshalb in ihrer Gesamtheit keine Individualität aufweisen könnten. Vielmehr ist es der Verfügungsbeklagten im Ergebnis nicht gelungen, hinreichend darzutun, dass die auf das Geschäftsmodell der Firma XXXXX vom Verfügungskläger speziell ausgerichteten Geschäftsbedingungen in ihrer von der Verfügungsbeklagten übernommenen Gesamtkonzeption deshalb nicht schutzfähig seien, weil sie in ihrer Gedankenführung, ihrem Aufbau und in der Detailformulierung allgemein üblich sind.

Die Verfügungsbeklagte hat das Klauselwerk der Verfügungsklägerin auch übernommen. Insoweit hat die Kammer durchaus berücksichtigt, dass bei Sprachwerken, deren Schöpfungshöhe sich eher im unteren Bereich des Urheberschutzes bewegt, nur ein geringer Schutzumfang besteht und vielfach bereits kleine Abänderungen geeignet sind, aus dem Schutzumfang herauszuführen und den Bereich der freien Bearbeitung zu erreichen. Ein solcher Fall liegt indes nicht vor. Vielmehr hat die Verfügungsbeklagte die AGB der Verfügungsklägerin identisch 1:1 übernommen. Die einzigen Veränderungen bestehen in dem zwangsläufig notwendigen Austausch der Kontaktdaten sowie des Austauschs des Namens XXXXX durch den Namen der Verfügungsbeklagten. Dies reicht indes bei ansonsten wortidentischer Übernahme nicht aus, um den notwendigen Abstand zu den AGB der Verfügungsbeklagten zu schaffen.

Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Diese wird durch die vorangegangene Rechtsverletzung indiziert und kann nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Eine solche ist seitens der Verfügungsbeklagten indes nicht abgegeben worden:

IV. 
Die Kostenentscheidung folgt aus
§ 91 ZPO.
Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil ist nach der Natur des einstweiligen Rechtsschutzes auch wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar (vgl. Thomas/Putzo,
ZPO, 27. Aufl. 2005, § 925 Rn. 2). Es wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung vorläufig vollstreckbar (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 925 Rn. 9).

V. 
Soweit der Verfügungskläger nach der mündlichen Verhandlung zur Sache weiter schriftsätzlich vorgetragen hat, ist dieser Vortrag als verspätet gemäß
§ 296 a ZPO zurückzuweisen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO kam nicht in Betracht, schon weil dies zu einer Verzögerung des einstweiligen Verfügungsverfahrens führen würde. Dies würde dem Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Eilverfahren widersprechen (vgl. OLG München NJW-RR 1994, 556).

Streitwert: 20.000,00 EUR."

 

Gegen dieses Urteil legte die Verfügungsbeklagten Berufung ein. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte jedoch die Vorinstanz mit Urteil vom 27.02.2009, Geschäftsnummer: 6 U 193/08:


"Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 17.09.2008 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln ? 28 0 368/08 ? wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (
§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die gegen dieses Urteil gerichtete, zu-lässige Berufung der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit (
§§ 935, 940 ZPO) wird in Urheberrechtssachen nicht vermutet, ergibt sich hier aber daraus, dass der Antragsteller den Verfügungsantrag schon etwa zwei Wochen nach erstmaliger Kenntnis von den angegriffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Antragsgegnerin bei Gericht anbrachte.

2. Die für das Bestehen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr (
§ 97 Abs. 1 S. 1 UrhG) wird durch die einmal begangene Rechtsverletzung indiziert, zumal wenn diese weiter verteidigt wird: eine Änderung des Verhaltens ? hier der verwendeten AGB durch die Antragsgegnerin ? reicht nicht aus, solange keine ernsthafte, strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben ist (Dreier 1 Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 Abs. 41 f. m.w.N.).

3. Eine den Unterlassungsanspruch auslösende Urheberrechtsverletzung liegt vor, denn indem die Antragsgegnerin ? was unstreitig ist ? die AGB der XXXXX bis auf Firma und Adresse identisch übernahm, verletzte sie das ausschließliche Verwertungsrecht des Antragstellers als des Urhebers dieser AGB (
§§ 2, 7, 15 ff. UrhG).

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen können als (wissenschaftliches Gebrauchs-) Sprachwerk (
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) eine persönliche geistige Schöpfung darstellen und damit urheberrechtsfähig sein (§ 2 Abs. 2 UrhG), wenn sie sich wegen ihres gedanklichen Konzepts oder ihrer sprachlichen Fassung von gebräuchlichen juristischen Standardformulierungen abheben, wobei knappe und zutreffende rechtliche Formulierungen, die durch Rechtslage und sachliche Regelungsanforderungen geprägt sind, freilich nicht monopolisiert werden dürfen (Senat, Beschluss vom 07.08.2006 ? 6 W 92/06, LG München I, GRUR 1991, 50; Schricker / Loewenheim, UrhR, 3. Aufl., § 2 Rn. 90; Dreier / Schulze, a.a.O. § 2 Rn. 93; Wandtke / Bullinger, UrhR, 3. Aufl., § 2 Rn. 59). Ausgehend von diesen Grundsätzen (vgl. für andere Gebrauchssprachwerke auch BGHZ 116, 136 ? Leitsätze; BGH, GRUR 2002, 958 ? Technische Lieferbedingungen) ist es Tatfrage, ob ein Klauselwerk insgesamt hinreichend individuell konzipiert und formuliert ist. Mit der von der Berufung angeführten (Kosten-) Entscheidung (LG Stuttgart, ZUM-RD 2008, 501; OLG Stuttgart, BeckRS 2008, 11966), wo es um einen nicht näher bekannten sechsseitigen Dienstleistungsvertrag für die Vermittlung von Seniorenpflegekräften ging, hatte sich der Senat nicht zu befassen.

Zutreffend hat das Landgericht hier angenommen, dass sich die streitbefangenen AGB insgesamt wegen der Art ihrer Gedankenführung und einzelner um Verständlichkeit bemühter Formulierungen vom allgemein Üblichen ? wenn auch nur geringfügig ? abheben und damit trotz geringen Schutzumfangs jedenfalls gegen praktisch identische Übernahmen geschützt sind, wie sie die Antragsgegnerin vorgenommen hat. Die von der Berufung vorgelegte Kopie aus dem Münchener Vertragshandbuch macht deutlich, welche anderen Formulierungen schon bei der im angefochtenen Urteil angeführten Klausel Nr. 9 möglich gewesen wären, so dass die Antragsgegnerin keineswegs gezwungen war, die gesamten AGB im Verhältnis 1:1 zu übernehmen. Die Klausel Nr. 6 hat das Landgericht ebenfalls zu Recht als spezifische, an Interessen des Auftraggebers und eigenständigem Sprachgebrauch orientierte Formulierung angesehen. Sogar bei der Widerrufsbelehrung zu Nr. 7 finden sich im Detail von dem Vorschlag des Verordnungsgebers (Anlage 2 zu
§ 2 BGB-InfoV) abweichende individuelle Passagen.

b) Spricht mithin der Inhalt der AGB für eine insgesamt bereits hinreichende Individualität, so hätte die Antragsgegnerin ? wie vom Landgericht zu Recht angenommen ? dartun müssen, dass diese AGB keine eigene Schöpfung des Antragstellers, sondern ihrerseits aus fremden oder allgemein zugänglichen Quellen übernommen sind. Dass die Berufung den nach der Widerspruchsverhandlung erfolgten erstinstanzlichen Vortrag des Antragstellers zur Entstehung des Klauselwerks schlicht bestreitet, kann in diese Richtung um so weniger genügen, als seine Urheberschaft durch Vorlage einer Kopie der an seine Mandantin gerichteten Kostennote und durch seine anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht ist, was ein geeignetes Glaubhaftmachungsmittel darstellt (Senat, GRUR 1986, 196 = WRP 1986, 170; Zähler / Geimer I Greger,
ZPO, 27. Aufl., § 294 Rn. 5).

Als unerheblich erweist sich, dass die Berufung ohne im Verfügungsverfahren mit diesem Vorbringen nach
§ 531 ZPO ausgeschlossen zu sein ? mehrere im Internet veröffentlichte gleichlautende Klauselwerke vorgelegt hat. Dass es sich dabei um Schöpfungen Dritter handelt, die der Antragsteller entgegen seiner Behauptung gekannt haben muss, bevor er die Entwicklung neuer AGB gegenüber der XXXXX abrechnete, ergibt sich aus dieser Darlegung nämlich gerade nicht. Glaubhaft gemacht ist im Gegenteil, dass ein Informant der Beklagten seine AGB vom Antragsteller erhalten haben will; das spricht nicht gegen, sondern für dessen Urheberschaft, da es die Verwendung der AGB durch weitere Mandanten des Antragstellers belegt und es ? nur ? ihm als Urheber freistand, einfache Lizenzen für eine Nutzung der streitbefangenen AGB zu erteilen.

4. Der einzig sachdienliche und zuletzt nur noch geltend gemachte Berufungsantrag zu Nr. 2 war nach alledem mit der Kostenfolge aus
§ 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Dieses Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig."




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