Das Einzelunternehmen: ein undankbares Erbe !

Das Einzelunternehmen: ein undankbares Erbe !
14.07.200910294 Mal gelesen
Es überrascht immer wieder, wie Unternehmer zwar ihr Tagesgeschäft bis ins Detail planen, sich jedoch keine Gedanken über die Unternehmensnachfolge machen. So kommt es immer wieder vor, dass Einzelunternehmer von einer Erbengemeinschaft beerbt werden. Das sich aus der persönlichen Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten und der Frage nach dem Ob und Wie der Geschäftsfortführung ergebende Streitpotential kann auch eine ansonsten harmonische Erbengemeinschaft derart entzweien, dass das Lebenswerk des Verstorbenen am Ende zerschlagen wird.

1. Wie haftet der Erbe? 

Mit dem Erbfall tritt der Erbe in die Rechtspositionen des Erblassers ein. Er wird also einerseits Eigentümer des dem Erblasser gehörenden Hausgrundstücks, andererseits jedoch auch Schuldner des vom Erblasser aufgenommenen Kredits. Grundsätzlich haftet der Erbe für die ihm hinterlassen Schulden auch mit seinem Privatvermögen. Es steht ihm jedoch frei, seine Haftung auf das geerbte Vermögen zu beschränken. Je nachdem, ob die Erbschaft überschuldet ist oder nicht, kann der Erbe diese Haftungsbeschränkung entweder über eine Nachlassinsolvenz oder eine Nachlassverwaltung herbeiführen. In beiden Fällen wird die Erbschaft von einem Dritten in Besitz genommen, um die vorhandenen Vermögensgegenstände zu verwerten und die Gläubiger des Erblassers zu befriedigen. Der Zugriff dieser Gläubiger auf das Privatvermögen des Erben ist in diesen Fällen ausgeschlossen.

2. Wie haftet der Erbe eines Einzelunternehmens? 

Hinterlässt der Erblasser ein Einzelunternehmen, haftet der Erbe für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten persönlich. Je nach Größe des Einzelunternehmens und Anzahl der dort getätigten Geschäfte können die Geschäftsverbindlichkeiten - insbesondere für einen Erben, der nicht im Betrieb mitgearbeitet hat - unüberschaubar sein. Sein Interesse daran, das eigene Vermögen vor dem Zugriff etwaiger Geschäftspartner des Erblassers zu schützen, ist nachvollziehbar. Der Schutz des Privatvermögens durch eine Haftungsbeschränkung setzt jedoch voraus, dass der Erbe den Geschäftsbetrieb entweder innerhalb von drei Monaten endgültig einstellt oder ihn unter einer anderen Firma fortführt. Die Umfirmierung muss in diesem Fall unverzüglich erfolgen.

3. Bedeutet die Erbengemeinschaft das "Aus" für das Unternehmen? 

Je mehr Personen das Einzelunternehmen erben, desto größer ist die Gefahr, dass es aufgrund von Unstimmigkeiten in Bezug auf das Ob und Wie der Fortführung letztendlich liquidiert wird. Im Gegensatz zu den Erben, die selbst im Betrieb beschäftigt sind, werden die Erben, die bisher nicht eingebunden waren, regelmäßig kein Interesse an einer Geschäftsfortführung haben. Dieses Desinteresse ist insbesondere im Hinblick auf die persönliche Haftung jedes Erben für die Geschäftsverbindlichkeiten des Erblassers nachvollziehbar.  Da die Verwaltung des geerbten Vermögens allen Erben gemeinschaftlich zusteht, müssen sie sich über jede einzelne Maßnahme, die das Einzelunternehmen betrifft, verständigen. Die unterschiedlichen Vorstellungen der Erben und der sich hieraus regelmäßig ergebende Streit führen nicht selten zur faktischen Handlungsunfähigkeit des Unternehmens.  Können sich die Erben ferner nicht unverzüglich nach dem Erbfall auf eine Umfirmierung des Einzelunternehmens und damit auf eine Fortführung einigen, bleibt ihnen nur noch die Einstellung des Geschäftsbetriebs, um ihre Haftung auf das geerbte Vermögen zu beschränken. 

4.  Konkreter Rat an den Einzelunternehmer 

Nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse seiner Mitarbeiter sollte jeder Einzelunternehmer daher durch die Errichtung eines geeigneten Testaments sicherstellen, dass er nicht von mehreren Personen beerbt wird. Alternativ könnte er das Unternehmen bereits zu Lebzeiten auf einen geeigneten Nachfolger übertragen. Gelingt dies nicht, sollte er das Einzelunternehmen rechtzeitig in eine GmbH oder in eine GmbH & Co. KG umwandeln. In beiden Fällen haftet nur das Geschäftsvermögen für die geschäftlichen Verbindlichkeiten. Die Erben müssen den Geschäftsbetrieb also weder innerhalb von drei Monaten einstellen noch eine Umfirmierung vornehmen, um den Zugriff der Geschäftspartner auf ihr Privatvermögen zu verhindern. Ferner wird die Handlungsfähigkeit des Unternehmens dadurch gewährleistet, dass es nicht durch mehrere Personen gemeinschaftlich, sondern durch den Geschäftsführer und damit durch nur eine Person allein geführt wird.

Ich berate Sie gerne.

Siegrid Lustig, Fachanwältin für Erbrecht, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover