Erbschaftsteuer & Schenkungsteuer - das bringt die Reform

Erbschaftsteuer & Schenkungsteuer - das bringt die Reform
19.05.2015216 Mal gelesen
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, ein neues Erbschaftsteuergesetz zu verabschieden. Warum, das alte mal wieder gescheitert ist, welche Pläne Wolfgang Schäuble hat und wer wie reagieren sollte, lesen Sie hier.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember 2014 wieder einmal das bestehende Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt. Gerügt wurden die konkreten Ausgestaltungen bei den Vergünstigungen für Betriebe bzw. Erben von Betriebsvermögen.
Grundsätzlich haben die Richter in Karlsruhe nichts gegen eine Privilegierung von Unternehmen. Im Urteil stellen sie klar, dass die zahlreichen kleinen und mittleren Firmen in Deutschland und die daran hängenden Arbeitsplätze durch die Erbschaftsteuer keine unverhältnismäßigen Lasten aufgebürdet werden sollen. In der jetzigen Regelung sehen sie jedoch Auswüchse, die mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht mehr vereinbar seien.

Die Kritikpunkte des Bundesverfassungsgericht im Einzelnen

  • Die Verschonung von betrieblichem Vermögen ist unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleinerer und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine sogenannte Bedürfnisprüfung vorzusehen. Nach aktuellem Recht können z.B. auch sehr ertragsstarke Großunternehmen mit einem Wert von mehr als 100 Millionen Euro an sehr vermögende Erben vollständig steuerfrei weitergegeben werden.
  • Die Befreiung von der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer hängt von der mittelfristigen Sicherung der Arbeitsplätze ab, die über die sogenannte "Lohnsummenregelung" kontrolliert wird. Dieser Kontrolle unterliegen jedoch nur Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten. Auch dies hält das Bundesverfassungsgericht für unverhältnismäßig.
  • Begünstigt werden nach aktuellem Recht auch Unternehmen, die bis zur Hälft aus unproduktivem Verwaltungsvermögen wie z.B. vermieteten Immobilien bestehen. Diesbezüglich vermissen die Richter aus Karlsruhe einen tragfähigen Rechtfertigungsgrund.
  • Das Erbschaftsteuergesetz ermöglicht selbst nach der Schließung einiger ungewollter Lücken (z.B. "Cash-GmbH") Gestaltungen zur Steuervermeidung, die nach Auffassung des Gerichts andere Steuerbürger gleichheitswidrig benachteiligen. Gestaltungsmissbrauch drohe durch die Möglichkeit der Umwandlung von Privatvermögen in Betriebsvermögen sowie betrieblicher Umstrukturierungen zur Umgehung der Anforderungen zur Lohnsummenklausel bzw. beim Anteil des Verwaltungsvermögens.

Schäubles Pläne und Reaktionen

Die Bundesregierung mit Finanzminister Wolfgang Schäuble will nun "minimalinvasiv" nachbessern. Künftig sollen nicht mehr alle Unternehmenserben unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit verschont bleiben. Bei Erbschaften von Betriebsvermögen von mehr als 20 Mio. Euro soll eine Bedürfnisprüfung vorgenommen werden. Geprüft wird dann, ob der Erbe mit nicht vielleicht mit seinem Privatvermögen die Erbschaftsteuer bezahlen kann. Der Vorschlag ist umstritten. Geklärt werden muss insbesondere die Frage, ob nur das geerbte Privatvermögen oder auch das vorher vorhandene Privatvermögen berücksichtigt werden muss. Aus Kreisen der Wirtschaft und der Politik wird außerdem der Ruf nach einer Anhebung auf eine 100 Mio. Euro-Freigrenze laut.
Hinsichtlich der Lohnsummenregelung läuft die derzeitige Diskussion wohl auf eine Reduzierung der Grenze von derzeit 20 Mitarbeitern auf weniger als 10 heraus. Hierdurch würden deutlich mehr Unternehmen der Kontrolle des Arbeitsplatzerhalts durch die Lohnsummenregelung unterfallen. Neu definiert werden soll auch das Verwaltungsvermögen. Hierzu sollen in Zukunft nur noch Wirtschaftsgüter gehören, die zu mehr als 50 Prozent dem betrieblichen Hauptzweck dienen.


Handlungsbedarf für Vermögensinhaber?

Wird die sich jetzt abzeichnende Reform umgesetzt, wird sich für viele Steuerbürger nichts ändern. Die allermeisten Erbfälle unterliegen aufgrund der hohen Freibeträge für Kinder (400.000 Euro) und Ehegatten (500.000 Euro) überhaupt nicht der Erbschaftsteuer. Erben von Betriebsvermögen werden auch künftig von Privilegierungen profitieren. Betroffen von der Erbschaftsteuer bleiben damit nach wie vor größere Privatvermögen und Erben, die nicht zum engsten Familienkreis des Verstorbenen gehören.

Die Unternehmen, bei denen die Nachfolge bereits in der Planung waren, wurden zum größten Teil in den letzten Jahren bereits von ihren Rechtsanwälten und Steuerberatern auf eine mögliche Verschlechterung nach einem Urteil aus Karlsruhe hingewiesen und haben rechtzeitig bestehende Pläne umgesetzt.

Die Reform, die bis zum Sommer auf den Weg gebracht werden soll, wird möglicherweise Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Urteils entfalten. Das sollte bei Übertragungen von Betriebsvermögen in den nächsten Wochen berücksichtigt werden. Eine entsprechende Steuerklausel im Schenkungsvertrag, die eine steuerneutrale Rückabwicklung ermöglicht, sollte jedenfalls nicht fehlen.

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