BGH: Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen von Immobilien

BGH: Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen von Immobilien
01.08.2016798 Mal gelesen
Liegen Schenkungen länger als zehn Jahre zurück, werden sie im Erbfall bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nicht mehr berücksichtigt. Es gibt aber Ausnahmen und diese Frist greift nicht.

GRP Rainer Rechtsanwälte Steuerberater, Köln, Berlin, Bonn, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart führen aus: Der Versuch durch Schenkungen den Pflichtteil erbberechtigter Personen zu drücken, läuft oft ins Leere. Das Erbrecht sieht vor, dass Schenkungen, die beim Eintritt des Erbfalls nicht länger als zehn Jahre zurückliegen, bei der Berechnung des Pflichtteils herangezogen werden. Liegen die Schenkungen länger als diese zehn Jahre zurück, hat der Pflichtteilsberechtigte keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Auch hier gibt es Ausnahmen.

Die Zehn-Jahres-Frist läuft z.B. dann nicht, wenn sich der Schenker das umfassende Nutzungsrecht an der Sache vorbehält. Dies ist häufig bei der Schenkung von Immobilien der Fall, wenn sich der spätere Erblasser den Nießbrauch vorbehält. Auch wenn so eine Schenkung länger als zehn Jahre seit Eintritt des Erbfalls zurückliegt, besteht dann immer noch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch. Strittiger ist die Frage, wenn sich der Erblasser lediglich das Wohnungsrecht vorbehalten hat.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29. Juni 2016 für Klarheit gesorgt (Az.: IV ZR 474/15). In dem vorliegenden Fall hatte ein Ehepaar ein Grundstück mit Wohnhaus im Jahr 1993 an seinen zweiten Sohn übertragen. Dabei behielten sich die Eltern ein Wohnungsrecht für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss sowie die Mitbenutzung des Gartens und einiger Nebenräume vor. Die Räume im zweiten und dritten Geschoss waren von dem Wohnungsrecht unberührt. Die Eintragung ins Grundbuch erfolgte 1994. Als der Ehemann 2012 verstarb, machte der erste Sohn Pflichtteilsergänzungsansprüche an dem Grundstück geltend. Der BGH wies seine Klage jedoch ab.

Die Zehnjahresfrist sei bei Eintritt des Erbfalls bereits abgelaufen gewesen. Die Eltern hätten bei der Übertragung des Grundstücks sich lediglich ein Wohnungsrecht und dieses auch nur für das Erdgeschoss vorbehalten. Eine Vermietung an Dritte sei z.B. im Übergabevertrag ausgeschlossen gewesen und der Sohn durfte die Immobilie im Rang vor dem Wohnrecht finanziell belasten. Dadurch hätten die Eltern nicht mehr den uneingeschränkten Nießbrauch und "Genuss" an dem Grundstück gehabt.

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