LAG Saarland: Kündigung nach Toilettenfoto unwirksam

LAG Saarland: Kündigung nach Toilettenfoto unwirksam
25.10.2016196 Mal gelesen
Kündigungsschutzprozesse fördern teilweise aufsehenerregende Sachverhalte zu Tage. Einen besonders spektakulären Einzelfall stellt insofern die Kündigung eines Fußballers aus der 3. Liga dar, über die das LAG Saarland zu entscheiden hatte.

Kündigungsschutzprozesse fördern teilweise aufsehenerregende Sachverhalte zu Tage. Einen besonders spektakulären Einzelfall stellt insofern die Kündigung eines Fußballers aus der 3. Liga dar, über die das LAG Saarland zu entscheiden hatte. 

Der Arbeitnehmer hatte auf der Toilette des Mannschaftshotels das Smartphone unter der Seitenwand zur Nachbarkabine hindurch gehalten und dabei die Fotofunktion ausgelöst. Nach seinen Angaben habe er lediglich mit dem Smartphone schauen wollen, wer in der Nachbarkabine war, um über das anstehende Punktspiel reden zu können ohne Internas auszuplaudern. Er sei davon ausgegangen, es müsse sich um einen Mannschaftskollegen handeln. Die Fotofunktion sei versehentlich ausgelöst worden. In der Nachbarkabine befand sich der damalige Cheftrainer der Mannschaft, der den Arbeitnehmer sofort lautstark ansprach. Das Foto wurde daraufhin gelöscht. Was genau auf dem Foto zu sehen gewesen ist, blieb unklar. Ein enstprechendes Foto tauchte im Nachgang auch nirgendwo - insbesondere nicht in den sozialen Medien auf. Der Arbeitnehmer nahm in der Folge weiterhin am Mannschaftstraining teil. Erst mehr als zwei Wochen nach dem Vorfall unterrichtete der Cheftrainer den Vorstand des Vereins von dem Vorkommnis auf der Herrentoilette. Dieser kündigte dem Spieler daraufhin fristlos.

Das LAG Saarland erachtete die Kündigung für unwirksam. Der Vorfall auf der Herrentoilette habe nicht die für einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung erforderliche Qualität. Das Gericht hielt es nicht für an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass der Spieler tatsächlich aus Versehen die Fotofunktion ausgelöst hat. Eine Straftat nach § 201a StGB wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs des Cheftrainers durch Bildaufnahmen, schied daher mangels Vorsatzes aus.

Damit blieb für das Gericht als pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers der Blick mittels des Smartphones in die Nachbarkabine. Zwar sei es möglich, dass das Foto nicht lediglich auf dem Smartphone gespeichert gewesen sei, sondern auch in der iCloud, da die Fotofunktion hiermit zumeist verknüpft ist. Allerdings war ein entsprechendes Foto nach den Feststellungen des Gerichts im Nachhinein nirgends mehr aufgetaucht. Das Bild auf dem Gerät selbst hatte der Spieler nach dem Wortwechsel mit dem Cheftrainer gelöscht und Einsicht gezeigt. Generell hatte der Trainer den Vorfall offenbar locker genommen und den Spieler danach spaßend mit "Fotograf" begrüßt. Auch ein Ausschluss vom Spielbetrieb war nicht erfolgt, ebensowenig Konsequenzen beim Training. Der Spieler wurde noch in zwei Drittligaspielen eingesetzt.

Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung habe somit nur punktuell bezogen auf den kurzen Zeitpunkt des Anfertigen des Fotos bis zum Löschen vom Smartphone vorgelegen. Diese überschreite die Schwelle des wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB nicht. Selbst wenn dies der Fall wäre, so führt die vorzunehmende Interessenabwägung dazu, dass vor einer fristlosen Kündigung vorrangig eine Abmahnung als milderes Mittel auszusprechen gewesen wäre. 

Dr. Christian Velten, Fachanwalt für Arbeitsrecht