LKW-Kartell - So setzen Sie Schadensersatz durch

 LKW-Kartell - So setzen Sie Schadensersatz durch
05.08.2016294 Mal gelesen
1. Schaden berechnen lassen, 2. Situation klären, 3. Anspruch geltend machen - Achtung: Erste Ansprüche verjähren schon 2017

Wegen unerlaubter Preisabsprachen hat die EU-Kommission mehreren LKW-Herstellern eine Rekord-Geldbuße von knapp 2,93 Milliarden Euro auferlegt. Betroffen sind Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault. Die VW-Tochter MAN profitierte als Hinweisgeberin von der Kronzeugenregelung und ging daher straffrei aus. Gegen Scania laufen die Ermittlungen weiter.

Nach Angaben der EU-Kommission hatten die genannten LKW-Hersteller über einen Zeitraum von 14 Jahren die Preise für mittelschwere und schwere LKW abgesprochen und über Zeitpläne zur Einführung und Kostenweitergabe für Technologien zur Einhaltung verschärfter Emissionsvorschriften an die Kunden abgestimmt. Die Untersuchung gegen die LKW- Hersteller begann im Jahre 2011 und betraf Absprachen, die bis in das Jahr 1997 zurückreichten. Die Ermittlungen kamen infolge eines Hinweises von MAN ins Rollen, woraufhin mehrere Unternehmen durchsucht worden waren.

Insgesamt sind mehr als 30 Millionen LKW auf Europas Straßen unterwegs, die rund drei Viertel des Warenverkehrs auf dem Lande in Europa abwickeln. MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF produzierten zusammen rund 90 Prozent der in Europa fahrenden mittelschweren und schweren Lkw. Die EU-Kommission minderte die Geldbußen für Volvo/Renault, Daimler und Iveco, weil sie ihre Schuld eingeräumt, einem Vergleich zugestimmt und bei den Ermittlungen kooperiert hatten.

Ansprüche der geschädigten Erwerber und Mieter von überteuerten LKW

Aufgrund der Tatsache, dass die Hersteller ihre Schuld eingeräumt haben und die verhängten Bußgelder akzeptiert haben, steht fest, dass sie ihren Kunden, die im Zeitraum von 1997 und 2011 Fahrzeuge der betroffenen Hersteller gekauft oder geleast haben, erhebliche Vermögensschäden zugefügt haben. Hinsichtlich dieser Schäden, ergeben sich eine ganze Reihe von zivilrechtlichen Ansprüchen, die die Geschädigten den Kartellanten gegenüber geltend machen können.

Betroffen ist jeder Käufer oder Mieter von mittelschweren und schweren LKW (LKWs zwischen 6 und 16 t und schwerer als 16 t) der Hersteller MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DA. Insbesondere wurden also Speditionen geschädigt, unabhängig davon, ob die betreffende Spedition mit gekauften oder geleasten LKW operiert. Neben den Käufern solcher LKW sind auch Leasingnehmer betroffen, da sich der überhöhte Kaufpreis für die LKW in überhöhten Leasingraten niederschlug bzw. entsprechend weitergegeben wurde.

Mögliche Schadenshöhe im Einzelfall

Die Schadenshöhe ist individuell verschieden. Es kommt maßgeblich darauf an, wie viele Fahrzeuge etwa eine Spedition in Dienst hat und wie hoch der Anschaffungspreis für diese Fahrzeuge war. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die durch die unerlaubten Preisabsprachen verursachten Mehrkosten je Fahrzeug bei ungefähr 15 % des jeweiligen Kaufpreises liegen. Wenn man von einer groben Preisspanne für mittelschwere und schwere LKW zwischen 70.000 und 120.000 EUR ausgeht, wird unmittelbar deutlich, wie stark sich also die ungerechtfertigten Absprachen ausgewirkt haben.

Geht man von einem um 15 % erhöhten Anschaffungspreis aus, ergäbe sich bei einem Anschaffungspreis für einen LKW i. H. v. EUR 70.000 immerhin ein Schaden i. H. v. EUR 10.500, bei einem Anschaffungspreis i. H. v. EUR 120.000 beliefe sich der Schaden sogar auf EUR 18.000. Genau bezifferbar wird der Schaden allerdings erst dann sein, wenn ein sog. wettbewerbsökonomisches Gutachten eingeholt wurde. Gute und belastbare Anhaltspunkte hinsichtlich des Ausmaßes der überhöhten Preise könnten sich indes auch aus den Ermittlungsakten der EU-Kommission ergeben, die in Anbetracht der Dauer der Ermittlungen und der Höhe der verhängten Geldbuße detaillierte Informationen zu den Feststellungen der EU-Wettbewerbsbehörde enthalten müssen.

Allgemeine Möglichkeiten der Geschädigten zur Durchsetzung ihrer Ansprüche

Wie im Wirtschaftsleben üblich, sollte zunächst besonnen agiert werden und der Kontakt sowohl zum Händler als auch zum Hersteller gesucht werden. Diese Kontaktaufnahme sollte schriftlich erfolgen. Idealerweise durch die Fragestellung, wie der Händler respektive Hersteller mit den Schäden umgehen möchte bzw. mit der Aufforderung Ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Hierbei sollte selbstverständlich ein höflicher Tonfall gewahrt werden, dennoch scheint eine Fristsetzung angemessen und aus rechtlicher Perspektive zu empfehlen. Unbedingt erforderlich ist in diesem Zusammenhang die Erstellung einer Auflistung sämtlicher im maßgeblichen Zeitraum (1997-2011) gekauften oder geleasten LKW der betroffenen Hersteller.

Falls innerhalb der gesetzten Frist keine Reaktion erfolgt oder die Reaktion inadäquat ist, sollte ein mit der Materie vertrauter Anwalt eingeschaltet werden, der idealerweise über Expertise im Bereich der Haftung und Konfliktlösung verfügt.

Ein spezialisierter Anwalt ist unter Zuhilfenahme eines wettbewerbsökonomischen Gutachtens in der Lage, den entstandenen Schaden zu beziffern. Durch eine bezifferte Forderung unter Fristsetzung kann die Gegenseite in Verzug gesetzt werden, wenn sie die berechtigten Forderungen nicht erfüllt.

Um nicht durch die verfrühte Einschaltung eines Anwaltes den eigenen Erstattungsanspruch hinsichtlich der Anwaltskosten gegenüber der Gegenseite zu riskieren, unterstützen wir Sie mit unserer Erfahrung bei der Wahl des richtigen Zeitpunktes.

Bereits im außergerichtlichen Bereich können die Mechanismen des kollektiven Rechtsschutzes ausgenutzt werden, um aus einer Position der Stärke heraus zu agieren. Ein einzelner Kunde wird einem Großkonzern kaum auf Augenhöhe gegenübertreten können. Bei einer großen Gruppe von Kunden mit einer starken und einheitlichen anwaltlichen Vertretung ist die Ausgangssituation für Verhandlungen eine deutlich stärkere.

Mehr Informationen zum kollektiven Rechtsschutz