Bausparvertrag: Kündigung der Debeka Bausparkasse nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann unwirksam sein

Rechtsanwalt Simon Bender
06.06.2018104 Mal gelesen
Kündigungen von Bausparverträgen mit Bonusverzinsung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB können unwirksam sein, wenn für die Berechnung der 10-Jahres-Frist alleinig auf die Zuteilungsreife abgestellt wird. Bausparer sollten sich mit fachkundiger Hilfe zur Wehr setzen.

Viele Bausparer erhalten aktuell eine Kündigung der Debeka Bausparkasse unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Bausparkasse behauptet in den Kündigungsschreiben regelmäßig, es bestünde ein Kündigungsgrund wegen seit mehr als 10 Jahren bestehender Zuteilungsreife des Bausparvertrages.

Nach Auffassung der ARES Rechtsanwälte sind die erklärten Kündigungen jedoch in vielen Fällen unberechtigt.

Wie ist die Rechtslage?

Nach der Rechtsprechung des BGH mit Urteil vom 21.02.2017 XI ZR 185/16 kann grundsätzlich ein Kündigungsrecht der Bausparkasse 10 Jahre nach erstmaliger Zuteilungsreife bestehen, da zu diesem Zeitpunkt der Vertragszweck, die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens, erreicht ist.

Davon abweichend beginnt die 10-Jahres-Frist z.B. bei einem Vertrag, der eine Bonusverzinsung nach Erreichen gewisser Voraussetzungen vorsieht, erst dann zu laufen, wenn auch diese Voraussetzungen erfüllt sind. Eine solche Modifikation des Vertragszweckes führt zu einem späteren Eintritt des Beginns der 10-Jahres-Frist. Erst nach Erfüllung des modifizierten Vertragszwecks beginnt die Frist des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu laufen. Dies hat der BGH ebenfalls mit Urteil vom 21.02.2017 XI ZR 185/16 entschieden:

"Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z. B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-) Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist."

Ist in den Bedingungen des Bausparvertrages eine Bonusverzinsung vereinbart die z.B. erst nach einer gewissen Laufzeit des Vertrages und dem Erreichen einer bestimmten Bewertungszahl erlangt werden kann, so beginnt die 10-Jahres-Frist erst dann zu laufen, wenn diese Bedingungen erfüllt sind. Sind mehrere Bonusstufen erreichbar, so kann die Frist erst mit der Erreichen der maximalen Bonusverzinsung beginnen.

In vielen Fällen treten die Bedingungen für das Erreichen des Zinsbonus später ein, als die erstmalige Zuteilungsreife, so dass sich der Fristbeginn für die Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 verschiebt. Die Debeka Bausparkasse lässt diesen Umstand in den von der Kanzlei ARES Rechtsanwälte geprüften Fällen jedoch unbeachtet und behauptet gegenüber den eigenen Kunden, bei der Rechtsprechung des BGH zu einem modifizierten Vertragszweck handele es sich um eine Ausnahme, die für die Debeka Bausparkasse nicht gelte und beruft sich dabei unter anderem auf eine Entscheidung des Landgerichts Koblenz.

Nach diesseitiger Auffassung widerspricht diese Entscheidung jedoch eindeutig der Rechtsauffassung des BGH zu dieser Frage, so dass Bausparer sich nicht davon abschrecken lassen sollten, ihre Rechte auf Vertragsfortsetzung geltend zu machen.

Auch die Schlichtungsstelle des Verbandes der privaten Bausparkassen e.V. hat sich in zwei aktuellen Entscheidungen vom 24.01.2018 und vom 25.05.2018 klar gegen die Auffassung der Debeka Bausparkasse AG positioniert.

Aus dem Schlichtungsspruch vom 24.01.2018 - Az. 1026/2017

"Es ist eine Vertragslaufzeit von mindestens sieben Jahren nach Abschluss des Vertrags und damit bis zum Ablauf des 04.10.2011 einzuhalten, um durch den Verzicht auf das Bauspardarlehen die Voraussetzungen zum Erhalt der Höherverzinsung zu erfüllen. Erst dann ist der Vertragszweck erreicht. Von diesem Zeitpunkt ist die in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F.) bestimmte Frist von zehn Jahren zu bestimmen. Die zuvor ausgesprochene Kündigung kann nicht zur Beendigung des Bausparvertrags am 12.12.2017 führen. Er besteht ungekündigt fort."

Aus dem Schlichtungsspruch vom 25.05.2018 - Az. 105/2018

"Wenn für den Kunden im Vertrag ein finanzieller Anreiz gesetzt wird, den Anspruch auf Erlangung des Bauspardarlehens nicht geltend zu machen und den Bausparvertrag stattdessen als Sparvertrag zu nutzen, bedeutet dies eine Modifikation des Vertragszwecks. In diesem Fall ist der Vertragszweck erst erreicht, wenn - neben der Zuteilungsreife - auch die Voraussetzungen auf Erhalt des Bonus eingetreten sind (BGH aaO, Rnr. 81). Erst nach Erreichen der höchsten Zinsbonusstufe hat der Kunde die umfassende Wahl, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nimmt (und auf den Zinsbonus verzichtet) oder ob er auf die Gewährung des Darlehens zugunsten des Zinsbonus verzichtet. Erst wenn dem Bausparer beide Möglichkeiten eröffnet sind, ist nach der Beurteilung der Unterzeichnerin der Vertragszweck erreicht und beginnt die in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bestimmte Frist von zehn Jahren zu laufen."

Was sollten betroffene Bausparer tun?

Wer eine Kündigung seines Vertrages erhalten hat, sollte die Kündigung nicht widerstandlos hinnehmen, sondern fachkundige Hilfe in Anspruch nehmen und die eigenen Möglichkeiten überprüfen lassen.

Die Kanzlei ARES Rechtsanwälte, die seit Beginn der Kündigungswelle im Jahre 2014 auf die Abwehr von Kündigungen von Bausparkassen spezialisiert ist, bietet betroffenen Bausparern eine unverbindliche Ersteinschätzung der Möglichkeiten im Einzelfall an. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, wir beraten Sie gerne.

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