Teilzeitarbeit- Verteilung der reduzierten Arbeitszeit bei Sonn- und Feiertagsarbeit im Schichtdienst

Arbeit Betrieb
01.05.2015656 Mal gelesen
Eine Klausel im Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes lautet: „Mit dem Beschäftigten soll auf Antrag eine geringere als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie a) mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder ... Tatsächlich betreuen oder pflegen oder dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Die Teilzeitbeschäftigung nach Satz 1 ist auf Antrag auf bis zu fünf Jahre zu befristen. Sie kann verlängert werden; der Antrag ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu stellen. Bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat der Arbeitgeber im Rahmen der dienstlichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation der/des Beschäftigten nach Satz 1 Rechnung zu tragen“. Gem. § 8 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) hat der Arbeitgeber dem Antrag des Arbeitnehmers zuzustimmen.

Der Arbeitnehmer arbeitet im Schichtdienst und verlangt von seinem Arbeitgeber, den Arbeitsvertrag zu ändern, nämlich die wöchentliche Arbeitszeit auf 30 Stunden zu reduzieren und diese auf die Zeit außerhalb von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr zu verteilen.
Der Tarivertrag wird nicht durch § 8 Abs. 4 TzBfG verdrängt. Der gesetzlich geregelte Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung ist zwingend und bindet auch die Tarifvertragsparteien. Tarifliche Regelungen, die dem gesetzlichen Verringerungsanspruch widersprechen, sind daher unwirksam. Günstigere Vereinbarungen sind aber nicht ausgeschlossen. Hierzu gehört die zitierte Klausel im Tarifvertrag. Sie ermöglicht es dem Arbeitnehmer, die Arbeitszeit befristet herabzusetzen.
Ein Arbeitnehmer hat aber keinen Anspruch auf Änderung des gesamten Arbeitsvertrages. Der Tarifvertrag gewährt Beschäftigten unter den dort genannten Voraussetzungen nur einen Anspruch auf Verringerung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit. Die Vorschrift begründet jedoch Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit zu ändern.
Der Arbeitgeber kann gem. § 106 Abs. 1 GewO u.a. die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag. Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschrift festgelegt ist. § 106 Abs. 1 GewO verpflichtet den Arbeitgeber damit nicht, die Verteilung der Arbeitszeit vertraglich festzulegen. Die Vorschrift regelt das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers. Selbst wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber das Weisungsrecht ausübt, einen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung hat ("Ermessensreduzierung auf Null"), führt dies nicht zu einer Änderung des Arbeitsvertrags.
Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD bestimmt, dass der Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitszeit im Rahmen der dienstlichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation der/des Beschäftigten Rechnung zu tragen hat. Damit haben sie dem Beschäftigten bezüglich der Lage der Arbeitszeit keinen Anspruch auf eine Änderung des Arbeitsvertrages eingeräumt. Das zeigt die Formulierung "Bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat der Arbeitgeber.", die den Arbeitgeber als Subjekt nennt. Hierin kommt klar zum Ausdruck, dass die Ausgestaltung der verringerten Arbeitszeit weiterhin Teil des Direktionsrechts des Arbeitgebers ist. § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD-B nimmt zudem die Abwägung der gegenläufigen Interessen, die für die Ausübung des Direktionsrechts nach billigem Ermessen charakteristisch ist, in seinen Wortlaut auf. Die billigem Ermessen entsprechende Leistungsbestimmung verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Diese allgemeinen Grundsätze ergänzt die tarifvertragliche Klausel hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit, indem die Vorschrift vom Arbeitgeber verlangt, die persönliche Betreuungs- bzw. Pflegesituation des Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten als einen besonderen Gesichtspunkt zu berücksichtigen.