Betriebsrat darf auch gegen den Willen des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer Einblick in die Gehaltslisten nehmen

Betriebsrat darf auch gegen den Willen des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer  Einblick in die Gehaltslisten nehmen
14.05.2013379 Mal gelesen
Das Einblicksrecht des Betriebsrats in die Bruttolohn- und -gehaltslisten verstößt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen weder gegen deutsches noch gegen Unionsdatenschutzrecht, auch wenn ein Teil der Arbeitnehmer der Einsichtnahme in ihre Unterlagen widersprochen hat.

Der Arbeitgeber betreibt eine Neurochirurgische Klinik. Er hat Haustarifverträge mit der Gewerkschaft DHV, sowie mit der Gewerkschaft medsonet abgeschlossen. Der Arbeitgeber  beschäftigt etwa 120 Arbeitnehmer, von denen ein Teil außertariflich vergütet wird, teilweise unter Beteiligung am ärztlichen Liquidationserlös.

Der Betriebsrat hat nach seiner Neuwahl vom 4. Mai 2010  einstimmig erneut beschlossen, seine Verfahrensbevollmächtigten mit der Einleitung eines Beschlussverfahrens zu beauftragen mit dem Ziel, den Arbeitgeber zu verpflichten, ihm Einblick in die Lohn- und Gehaltslisten zu gewähren. Der Arbeitgeber verweigerte ihm bis dahin nämlich die Einblicknahme.

Der Arbeitgeber meint, dem Betriebsrat stehe kein Einblicksrecht zu, denn fast die Hälfte der Arbeitnehmer hätte der Einsichtnahme in ihre Lohnunterlagen widersprochen. Gerade bei höchstqualifizierten Mitarbeitern komme es zu freien Gehaltsfindungen, sodass für das Einsichtsrecht des Betriebsrats keine Veranlassung bestehe. Im Übrigen verstoße das Einblicksrecht gegen deutsches- und Unionsdatenschutzrecht.

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass einem vom Betriebsrat zu benennenden  Mitglied die Einblicknahme in die Bruttolohn- und -gehaltslisten der Arbeitnehmer, mit Ausnahme  die der leitenden Angestellten zu gewähren sei.

Nach dem Gesetz sind dem Betriebsrat vom Arbeitgeber auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören auch die Bruttolohn- und Gehaltslisten. Das Gesetz verpflichtet den Betriebsrat nämlich, darüber zu wachen, dass die Tarifverträge und der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten werden. Dazu benötigt er die Lohn- und Gehaltslisten. Das Erfordernis der Einblicknahme ergebe sich zudem aus dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der betrieblichen Lohngestaltung. Dem geltend gemachten Einblicksrecht stehe auch nicht entgegen, dass ihm nahezu die Hälfte aller Arbeitnehmer widersprochen hat. Auf das Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer komme es überhaupt nicht an. Das Einblicksrecht bestehe unabhängig vom Einverständnis der Arbeitnehmer, denn andernfalls würde der Betriebsrat seine Aufgaben nicht wirksam wahrnehmen können.

Da der Betriebsrat kein "Dritter" im Sinne des Datenschutzrechts sei, sondern "Teil der verarbeitenden Stelle", verstoße die Einblickgewährung  auch nicht gegen nationales  Datenschutzrecht. Aus den gleichen Gründen sei auch kein Verstoß gegen die europäische Datenschutzrichtlinie gegeben.

 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 18.04.2012;  16 TaBV 39/11

Vorinstanz: Arbeitsgericht Hannover, Beschluss vom 08.02.2011; 13 BV 6/10)

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