Dem Arbeitnehmer kann nicht aus gesundheitlichen Gründen die Kündigung ausgesprochen werden, wenn der Betriebsarzt ihn für einsatzfähig hält

Dem Arbeitnehmer kann nicht aus gesundheitlichen Gründen die Kündigung ausgesprochen werden, wenn der Betriebsarzt ihn für einsatzfähig hält
29.04.2013492 Mal gelesen
Ein medizinisches Sachverständigengutachten über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers muss regelmäßig dann nicht eingeholt werden, wenn bereits der Betriebsarzt den Einsatz desselben für unbedenklich erklärt hat, meint das Landesarbeitsgericht Hamm.

Eine Arbeitnehmerin war seit 1974 bei einem Institut für Laboratoriumsmedizin beschäftigt und wurde durch ordentliche, arbeitgeberseitige Kündigung vom 30. Juli 2010 mit Wirkung zum 28. Februar 2011 gekündigt. Der Arbeitgeber stützt seine Kündigung auf den Vorwurf, dass die Arbeitnehmerin wegen angeblicher Gesundheitsgefahren, nämlich wegen der Einnahme von Medikamenten zur Herabsetzung der Immunabwehr, die Übernahme von Botengängen verweigere. Durch diese Weigerung sei ihr Einsatz für den Arbeitgeber  insgesamt infrage gestellt, da die übrigen im Versand tätigen Kollegen nicht mit zusätzlichen Botengängen belastet werden könnten. Auch müsse davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmerin wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung überhaupt ungeeignet sei, in einem medizinischen Laborbetrieb eingesetzt zu werden.

Die Arbeitnehmerin hält sich trotz des Umstandes, dass die laufend Medikamente zur Herabsetzung der Immunabwehr einnehmen müsse, für einsatzfähig und legt Kündigungsschutzklage ein.

Ihre Kündigungsschutzklage hatte in beiden Instanzen Erfolg.

Zwar könne die Arbeitnehmerin, wie auch die Betriebsärztin des Arbeitgebers bestätigt habe, nicht mit den anfallenden Botengängen zu Arztpraxen wegen der bestehenden Infektionsgefahr betraut werden. Hierin liege jedoch kein Kündigungsgrund, da die Botengänge unschwer auf andere Mitarbeiter der Versandabteilung des Labors verteilt werden könnten. Für die Behauptung des Arbeitgebers, wegen der bestehenden Infektionsgefahren könne die Arbeitnehmerin überhaupt in keinem Laborbetrieb, und zwar auch nicht in der Versandabteilung, eingesetzt werden, fehle jeder Anhaltspunkt. Das Gericht müsse kein weiteres Sachverständigengutachten über die gesundheitliche Eignung der Arbeitnehmerin hierfür einholen, da die Betriebsärztin der Arbeitnehmerin für den Einsatz in der Versandabteilung die erforderliche Eignung attestiert habe. Die vom Arbeitgeber beantragte Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Nachweis der fehlenden gesundheitlichen Eignung der Arbeitnehmerin für den Einsatz bei ihm überhaupt, käme deshalb allein unter der Voraussetzung in Betracht, dass ein Risiko jedweden infektiösen Kontakts wegen zu erwartender schwerer gesundheitlicher Folgen vermieden werden müssten. Anhaltspunkte dafür seien jedoch nicht ersichtlich. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu hat demnach zu unterbleiben.

Da der Arbeitnehmerin somit die gesundheitliche Eignung für den Einsatz in der Versandabteilung des Labors nicht fehlt, steht ihrem Einsatz dort nichts entgegen.

Die Kündigung ist demnach unwirksam.

Der Arbeitgeber hat sie demnach weiter zu beschäftigen.

  

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 14.03.2013; 8 Sa 1510/11

Vorinstanz Arbeitsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 13.09.2012; 1 Ca 1456/10)

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