Mehrwertsteuersenkung - Neue Probleme für Onlinehändler

Rechtsanwalt Andreas Gerstel
05.06.202072 Mal gelesen
Die Bundesregierung hat im Rahmen des Mittwochabend (3.6.2020) verabschiedeten Konjunkturprogramms eine befristete Mehrwertsteuersenkung beschlossen. 

Ziel des ganzen ist es, den Konsum im Binnenmarkt zu stärken. Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 wird der Mehrwertsteuersatz daher von 19 Prozent auf 16 Prozent, der ermäßigte Satz von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt.

Onlineshops, Buchhaltungssoftware etc. anpassen
Diese Mehrwertsteuersenkung schafft allen Onlinehändlern jetzt eine Menge Arbeit und neue Probleme, denn jeder Onlinehändler muss dafür sorgen, dass in der Zeit vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 statt 19 % Mehrwertsteuer bei der Ware nur nur 16 % Mehrwertsteuer ausgewiesen wird bzw. bei Artikeln für die der ermäßigte Satz von bisher 7 Prozent galt, ab dem 1.7.2020 nur noch 5 Prozent ausgewiesen wird. Dies dürfte Programmierungen an Shopsystemen und etrwaiger Buchhaltungssoftware erforderlich machen.

Angepasst werden müssen aber auch zum Beispiel

  • Etiketten und Preisschilder
  • Kataloge, Flyer
  • Briefpapier, Rechnungsformulare

Kümmern Sie sich daher am besten sofort darum, damit ab dem 1.7.2020 alles passt.

Denken Sie aber auch jetzt schon daran, dass das Ganze ab dem 1.1.2021 wieder rückgängig gemacht werden muss!

Sind Abmahnungen zu erwarten?
JA! Denn wer auch nach dem 1.7.2020 weiterhin 19 % statt gesetzlich vorhesehener 16 % Mehrwertsteuer erhebt, der dürfte sich wettbewerbswidrig verhalten. Ich sehe hierin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.

Müssen jetzt auch alle Preise angepasst werden?
Diese Frage möchte ich ungern beantworten.

Meiner Meinung nach lautet die Antwort auf die Frage eindeutig "ja", denn andernfalls bringt die Mehrwertsteuersenkung dem Kunden ja nichts.

Beispiel: Ein Kunde kauft vor dem 1.7.2020 ein Produkte für 1.000 EUR inklusive Mehrwertsteuer. Das Produkt kostet also 840,34 EUR netto. In den 1.000 EUR sind 19 % Mehrwertsteuer, mithin 159,66 EUR MwSt enthalten. 

Nach dem 1.7.2020 müsste ein Händler den Preis von 1.000 EUR auf 974,79 EUR senken, um die Steuersenkung auch an den Kunden weiterzugeben (840,34 EUR netto x 16 %).

Ich gehe allerdings davon aus, dass die bisher verlangten Preise unverändert auch nach dem 1.7.2020 von den Händlern verlangt werden, da diese die Gelegenheit dazu nutzen werden, ihre eigene Gewinnspanne zu erhöhen. Der Händler würde 3 % mehr Gewinn machen, wenn er die Steuersenkung nicht an den Kunden weitergibt.

Droht eine Abmahnung, wenn die Preise nicht angepasst werden?
Meiner Einschätzung nach "Nein", denn einem Händler kann der verlangte Preis grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden (Ausnahme: z.B. Buchpreisbindung).

Was bringt einem Onlinehändler diese Mehrwertsteuersenkung?
Meiner Meinung nach schafft die Mehrwertsteueersenkung Händlern in dieser ohnehin schon sehr schwierigen Zeit nur noch mehr Probleme, denn sie müssen Zeit und Geld investieren, um Ihre Shops umzugestalten. Ob dies in der kurzen Zeit überhaupt realisierbar ist, halte ich für fragwürdig. Ich befürche jetzt schon ein Durcheinander und Chaos.

Trotzdem wünsche ich allen Händlern weiterhin sicheres und erfolgreiches Handeln und vor allem keine Abmahnung!

Bleiben Sie gesund!


Ihr Andreas Gerstel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
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