Aktuelle und zukünftige Rechtsänderungen

Information

1 ZUM LEXIKON

Dieses Lexikon gibt Ihnen einen Überblick über die für den Berufsalltag wichtigen Rechtsthemen. Alle besprochenen Rechtsänderungen sind bereits im Bundesgesetzblatt verkündet worden, soweit sie nicht ausdrücklich als Entwurf gekennzeichnet sind.

Bearbeitungsstand des Lexikons: 1. August 2024

Autorin:
Gabriele Thombansen
Rechtsanwältin mit Spezialisierung im Eingruppierungsrecht des öffentlichen und kirchlichen Dienstes
kontakt@kanzlei-thombansen.de
www.kanzlei-thombansen.de

2 ZU DIESEM BEITRAG

Im Beitrag »Aktuelle und zukünftige Rechtsänderungen« weist Frau Thombansen Sie auf wichtige Rechtsänderungen sowie ausgewählte Rechtsprechung hin.

Hintergründe, Voraussetzungen und weitere Details der Änderungen finden Sie im jeweiligen Beitrag des Lexikons ausführlich erläutert.

3 Wichtige Rechtsänderungen

3.1 Bereits in Kraft

3.1.1 Reform des Postgesetzes

Das »Gesetz zur Modernisierung des Postrechts« ist am 19.07.2024 in Kraft getreten.

Gleichzeitig sind die Post-Universaldienstleistungsverordnung, die Postdienstleitungsverordnung und das Postsicherstellungsgesetz außer Kraft getreten.

Zu den die Vorgaben an die Postlaufzeiten betreffenden Änderungen siehe die Beiträge »Willenserklärung« und/oder »Kündigung – Arbeitsrecht – Zugang«.

3.1.2 Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung

Das »Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildung« (BGBl 2023 Nr. 191) ist im Wesentlichen am 01.04.2024 bzw. am 01.08.2024 in Kraft getreten.

Ein Überblick über die Neuerungen ist in den folgenden Beiträgen dargestellt:

Dabei wurden die ursprünglich von der Bundesregierung geplante Bildungszeit sowie die Schaffung eines gesonderten Weiterbildungsgesetzes, in dem u.a. die Bildungszeit geregelt sein sollte, zunächst nicht weiterverfolgt.

Während der Inanspruchnahme der Bildungszeit sollten Arbeitnehmer für einen Zeitraum von einem Jahr freigestellt werden und während dieser Zeit einen Unterhalt von der Arbeitsagentur erhalten in Höhe des Arbeitslosengeldes, d.h. 60 bzw. 67 %.

3.1.3 Cannabiskonsum

Das »Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften« (BGBl 2024 Nr. 109) ist im Wesentlichen am 01.04.2024 in Kraft getreten,

Die wesentlichen Neuerungen sind in den folgenden Beiträgen dargestellt:

3.2 Demnächst in Kraft

3.2.1 Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen

Das »Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze« wird im Wesentlichen am 28.06.2025 in Kraft treten.

Die Richtlinie 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen ist in Kraft getreten. Die Richtlinie wird, soweit eine Umsetzung nicht bereits in anderen Gesetzen erfolgt ist, im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz umgesetzt. Ziel ist es, die Verfügbarkeit barrierefreier Produkte und Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt zu erhöhen.

Die Interessen der Menschen mit Behinderungen bei der barrierefreien Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen werden insbesondere durch zwei am 28.05.2025 in Kraft tretende Rechtsnormen verbessert:

  • Das »Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen« (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSG)

  • und

  • die Verordnung über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – (Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSGV).

U.a. die folgenden Produkte müssen Unternehmen künftig barrierefrei anbieten:

  • Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone

  • Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-in-Automaten

  • Fernsehgeräte mit Internetzugang

  • E-Book-Lesegeräte

  • Router

U.a. die folgenden Dienstleistungen müssen Unternehmen künftig barrierefrei anbieten:

  • Telefondienste

  • E-Books

  • Messenger-Dienste

  • auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen (inklusive Apps) im überregionalen Personenverkehr

  • Bankdienstleistungen

  • elektronischer Geschäftsverkehr

  • Personenbeförderungsdienste (für Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste nur interaktive Selbstbedienungsterminals)

3.2.2 Grundsteuer-Reform

Das »Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts« vom 26. November 2019 (BGBl. I S. 1794) ist zwar grundsätzlich schon am 03.12.2019 in Kraft getreten. Weitere Teile des Gesetzes werden aber 01.01.2025 in Kraft treten.

3.2.3 Erhebliche Erhöhung der Grundsteuer für baureife Grundstücke

Zum 01.01.2025 wird das »Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung« in Kraft treten. Der Text des Artikelgesetzes ist im BGBl 2019 Nr. 44 veröffentlicht. Damit wird es Gemeinden unter eng festgelegten Voraussetzungen ermöglicht, die Grundsteuer für Grundstücke, die zwar baureif sind, aber vom Eigentümer nicht verkauft bzw. bebaut werden sollen, erheblich anzuheben mit dem Ziel, den Eigentümer zum Verkauf oder zumindest der Bebauung »anzuregen«.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit dieser erhebliche Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht von den Gerichten anerkannt wird. Gesellschaftspolitisch könnte man diese Vorgehensweise zumindest interessant nennen.

3.2.4 Ehe- und Geburtsnamensrecht

Das Ehe- und Geburtsnamensrecht wird mit dem am 01.05.2025 in Kraft tretenden »Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts und des Internationalen Namensrechts« gründlich reformiert.

Dabei werden dann auch »Alt-Ehepaare« für eine Übergangszeit von dem neuen Namensrecht Gebrauch machen können.

Zu weiteren Informationen und den Hintergründen siehe den Beitrag »Ehegattennamensrecht«.

4 Wichtige Gesetzesvorhaben

4.1 Befristete Verträge in der Wissenschaft

Die im Wissenschaftszeitvertragsgesetz verankerten Sonderregelungen zur Befristung von wissenschaftlichem und künstlerischem Personal in der Qualifizierungsphase sowie in drittmittelfinanzierten Projekten haben sich nach der Ansicht des Gesetzgebers in der Praxis grundsätzlich bewährt. Allerdings enthält die Evaluation auch Hinweise, dass der Anteil von Befristungen – insbesondere über sehr kurze Zeiträume – ein Maß erreicht hat, das weder gewollt war, noch vertretbar erscheint.

Unsachgemäße Kurzbefristungen sollen im Wissenschaftszeitvertragsgesetz dadurch unterbunden werden, dass die Befristungstatbestände um Orientierungspunkte für die Gestaltung der individuellen Vertragsdauer ergänzt werden. Aus dem WissZeitVG soll sich künftig klar ergeben, dass die sachgrundlose Befristung nur zulässig ist, wenn eine Qualifizierung ausdrücklich als Teil des Arbeitsverhältnisses vereinbart ist. Die Anwendbarkeit der Regelung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zur Befristung wegen Drittmittelfinanzierung auf nicht-wissenschaftliches Personal soll entfallen. Der Referentenentwurf kann wie folgt eingesehen werden: https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/downloads/files/referentenentwurf_1wisszeitvgaendg_09072015.pdf?__blob=publicationFile&v=1

4.2 Bannmeilenschutz vor Schwangerschaftskonfliktberatungen und Einrichtungen zum Schwangerschaftsabbruch

Vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, finden mit zunehmender Häufigkeit Protestaktionen von Abtreibungsgegnern statt. Dabei werden sowohl Schwangere als auch das Fachpersonal zum Teil gezielt gegen ihren Willen angesprochen, um ihnen zum Beispiel eine andere Meinung zu Schwangerschaftsabbrüchen aufzudrängen.

Durch die geplanten Änderungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz sollen bestimmte Verhaltensweisen untersagt werden, wenn diese geeignet sind, die Inanspruchnahme der Beratung in der Beratungsstelle oder den Zugang zu Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, zu beeinträchtigen. Dies gilt nur für wahrnehmbare Verhaltensweisen in einem Bereich von 100 Metern um den Eingangsbereich der Beratungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.

Unter diesen Voraussetzungen soll mit dem geplanten Gesetz beispielsweise untersagt werden, das Betreten der Einrichtungen durch Hindernisse absichtlich zu erschweren, eine Schwangere gegen ihren erkennbaren Willen die eigene Meinung aufzudrängen, sie erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten zu konfrontieren.

Verstöße gegen diese Verbote stellen dann eine Ordnungswidrigkeit dar und werden mit einem Bußgeld von bis zu 5.000,00 EUR belegt.

metis