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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 14.12.2016, Az.: BVerwG 5 PKH 59.16
Prozessfähigkeit eines unter einem Einwilligungsvorbehalt stehenden geschäftsfähigen Betreuten; Beiordnung eines Rechtsanwalts als Folgeentscheidung zu der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.12.2016
Referenz: JurionRS 2016, 32244
Aktenzeichen: BVerwG 5 PKH 59.16
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:141216B5PKH59.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Niedersachsen - 14.10.2016 - AZ: 4 LA 307/16

BVerwG, 14.12.2016 - BVerwG 5 PKH 59.16

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Dezember 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Fleuß
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, ihr für eine Beschwerde gegen den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt und ein Rechtsanwalt nicht beigeordnet werden.

2

1. Mit Schriftsatz vom 10. November 2016 hat die Klägerin beantragt, ihr für die Erhebung einer Beschwerde gegen den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 2016 einen Rechtsanwalt gemäß § 121 Abs. 1 ZPO beizuordnen. Ihr Begehren ist dahingehend auszulegen, dass sie zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO beantragt. Denn die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass dem Antragsteller Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO bewilligt worden ist. Sie ist eine Folgeentscheidung zu der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Erst mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird dem Antragsteller das Recht auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zugestanden (BVerwG, Urteil vom 4. November 1976 - 5 C 1.75 - BVerwGE 51, 277 <280 f.> und Beschluss vom 4. April 2014 - 5 B 102.13 - Rn. 7).

3

2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist indes schon deshalb unzulässig, weil die Klägerin nicht prozessfähig ist.

4

Der Mangel der Prozessfähigkeit folgt jedenfalls aus § 62 Abs. 2 VwGO. Danach ist ein geschäftsfähiger Betreuter bei Bestehen eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 BGB, der den Gegenstand des Verfahrens betrifft, nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

5

Im Fall der Klägerin besteht ein den Gegenstand des Verfahrens betreffender Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB. Das Amtsgericht Rotenburg (Wümme) hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 18. Dezember 2014 (10 XVII S 1057) nach § 1896 Abs. 1 BGB für die Klägerin einen Betreuer u.a. mit dem Aufgabenkreis "Rechtsangelegenheiten" bestellt und gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnet, dass sie zu Willenserklärungen auch in solchen Angelegenheiten (grundsätzlich) der Einwilligung des Betreuers bedarf. Die Voraussetzungen, unter denen die Klägerin nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts den betreffenden Antrag ohne Einwilligung des Betreuers stellen könnte, sind nicht erfüllt.

6

Zwar bedarf der Betreute nach § 1903 Abs. 3 Satz 1 BGB trotz eines angeordneten Einwilligungsvorbehalts nicht der Einwilligung des Betreuers, wenn die Willenserklärung dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Der Antrag nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehört jedoch nicht zu solchen Willenserklärungen, weil mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Verpflichtung einhergehen kann, Leistungen nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 115 Abs. 3 ZPO aus dem eigenen Vermögen aufzubringen und/oder Raten aus dem Einkommen gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 120 ZPO zu zahlen.

7

Vorschriften des öffentlichen Rechts, die die Klägerin hinsichtlich des hier in Rede stehenden Rechtsbehelfs als handlungsfähig anerkennen, sind nicht ersichtlich.

8

Mithin hätte die Klägerin für eine wirksame Antragstellung der Einwilligung ihres Betreuers bedurft (§ 1903 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Dieser hat weder eine entsprechende Einwilligung erteilt noch erklärt, dass er insoweit zustimme.

9

3. Ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus den vorstehenden Erwägungen unzulässig, so bleibt auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO aus den unter 1. dargelegten Gründen ohne Erfolg.

Vormeier

Dr. Störmer

Dr. Fleuß

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