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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 15.09.2016, Az.: BVerwG 4 B 40.16
Maßgeblichkeit der funktionellen Verbindung einer schon vor Erlass der Baugenehmigung vorhandenen und später demontierten Kältemaschine
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 15.09.2016
Referenz: JurionRS 2016, 25355
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 40.16
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:150916B4B40.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Nordrhein-Westfalen - 28.06.2016 - AZ: 7 A 1371/13

BVerwG, 15.09.2016 - BVerwG 4 B 40.16

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. September 2016
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz und
Dr. Külpmann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 -BVerwGE 13, 90 <91>).

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1. Die Beschwerde misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,

ob die für eine Mehrzahl von Maschinen erteilte Baugenehmigung dadurch unwirksam wird, dass in deren funktioneller Verbindung unbekannter Art und unbekannter Wesentlichkeit mit einer weiteren Anlage außerhalb des Gegenstands der Genehmigung eine funktionale technische Veränderung unbekannter Auswirkung eintritt.

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Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Dabei mag offen bleiben, ob die Frage in der vorliegenden Fassung überhaupt grundsätzlicher Klärung zugänglich wäre. Jedenfalls verfehlt die Beschwerde die tatrichterliche Würdigung der streitgegenständlichen Genehmigung. Danach war die funktionelle Verbindung der schon vor Erlass der Genehmigung vorhandenen und später demontierten Kältemaschine und der weiteren Kältemaschinen Gegenstand der streitgegenständlichen Zulassungsentscheidung (BA S. 6). Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht insbesondere auf die Betriebsbeschreibung der Beigeladenen verwiesen. Diese Auslegung der Zulassungsentscheidung ist für den Senat bindend, weil die Beschwerde insoweit keine Verfahrensrügen geltend gemacht hat (BVerwG, Urteile vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 8 Rn. 74). Nach § 137 Abs. 2 VwGO könnte daher in einem Revisionsverfahren nicht davon ausgegangen werden, dass sich die während des gerichtlichen Verfahrens demontierte Anlage "außerhalb des Gegenstands der Genehmigung" befand, wie die Beschwerde annimmt.

6

2. Die Beschwerde möchte weiter grundsätzlich klären lassen,

ob die mögliche funktionale Änderung des Gegenstands der Baugenehmigung aus Anlass subjektiver und objektiver Drittwirkungen eine prozessuale Erledigung der Hauptsache auf andere Weise mit sich bringt.

7

Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Demontage der vorhandenen Kältemaschine "aus Anlass subjektiver und objektiver Drittwirkungen" erfolgt ist. Es hat vielmehr einen Eingriff in die Bausubstanz angenommen, der zur Erledigung der Baugenehmigung auf sonstige Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW führe, weil er die Identität des Vorhabens berühre. Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

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II. Die Beschwerde ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Beschwerde legt entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht dar, dass die angegriffene Entscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Der von ihr angenommene "schwere Rechtsanwendungsfehler" erfüllt die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht.

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III. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

10

1. Die Beschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht eine Verletzung seiner prozessualen Fürsorgepflicht vor. Denn es habe die Möglichkeit bestanden, die Klage nach § 91 Abs. 1 VwGO in dem Sinne zu ändern, dass die neue Baugenehmigung an die Stelle der alten Baugenehmigung trete. Dieser Vorwurf geht fehl, weil es nicht Sache des Gerichts, sondern Sache des Klägers gewesen wäre, seine Klage nach § 91 Abs. 1 VwGO zu ändern.

11

Hiervon unabhängig lag ausweislich des Telefonvermerks des Berichterstatters beim Oberverwaltungsgericht vom 13. Juni 2016 offenbar keine Genehmigung für die neu montierte Kälteanlage vor. Für die von ihm beabsichtigte Klageänderung hätte es dem Kläger daher zunächst oblegen, beim Oberverwaltungsgericht auf ein Abwarten des Abschlusses des Genehmigungsverfahrens hinzuwirken. Dass er dies getan hätte, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar.

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2. Auch die von der Beschwerde erhobene Aufklärungsrüge bleibt ohne Erfolg. Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1987 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.). Jedenfalls an letzterem fehlt es. Die Beschwerde legt weder dar, dass der Kläger nach dem Hinweisschreiben des Berichterstatters beim Oberverwaltungsgericht vom 15. März 2016 auf eine weitere Sachaufklärung hingewirkt hat, noch, dass sich dem Oberverwaltungsgericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dr. Gatz

Petz

Dr. Külpmann

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