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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 12.08.2016, Az.: BVerwG 8 B 26.15
Betrachtung eines Restitutionsantrags als von einem Antrag auf Rückübertragung besatzungshoheitlich enteigneter Gegenstände umfasst
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 12.08.2016
Referenz: JurionRS 2016, 23741
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 26.15
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:120816B8B26.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Greifswald - 21.07.2015 - AZ: 2 A 116/15

Rechtsgrundlage:

§ 1 Abs. 3 VermG

BVerwG, 12.08.2016 - BVerwG 8 B 26.15

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. August 2016
durch
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Dr. Rublack
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Rechtsvorgängerin der Kläger meldete mit Schreiben vom 17. Juni und 1. September 1990 vermögensrechtliche Ansprüche für das Landgut G. an. Mit Bescheid vom 29. Januar 1997 lehnte der Beklagte die Rückübertragung ab. Klage und Nichtzulassungsbeschwerde blieben ohne Erfolg. Mit Schreiben vom 28. November 2014 beantragten die Kläger, über den Antrag vom 1. September 1990 zu entscheiden. Der Bescheid vom 29. Januar 1997 und die nachfolgenden Gerichtsentscheidungen hätten nur über den Antrag vom 17. Juni 1990 befunden. Dieser sei auf die Korrektur einer zunächst angenommenen besatzungshoheitlichen Enteignung des Landgutes G. gerichtet gewesen. Im Antrag vom 1. September 1990 gehe es dagegen um die richtigerweise anzunehmende Enteignung des Landgutes G. durch die DDR. Der Beklagte lehnte den Antrag der Kläger vom 28. November 2014 "auf erneute Entscheidung über den Rückübertragungsantrag vom 01.09.1990" mit Bescheid vom 29. Januar 2015 ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

2

Die auf alle Zulassungsgründe gestützte Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

3

1. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, wenn die Rechtssache eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die von allgemeiner, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

4

a) Die Kläger halten die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Ist ein, bezogen auf den Gegenstand der Rückübertragung ausgerichteter, weitgehender Antrag im Vergleich zu einem früher gestellten, gegenständlich beschränkten Antrag als eigenständiger Antrag zu behandeln, der bezogen auf den gesamten Antragsgegenstand einer selbständigen Entscheidung bedarf?"

"Kann ein Antrag, gezielt gerichtet auf die Restitution nach Maßgabe des § 1, insbesondere nach § 1 Abs. 3 VermG (Machtmissbrauch) als von einem Antrag auf Rückübertragung besatzungshoheitlich enteigneter Gegenstände umfasst angesehen werden?"

"Macht es die zeitliche Zäsur (11.07.1990, Inkrafttreten der Anmeldeverordnung) erforderlich, über einen nach diesem Zeitpunkt gestellten Antrag ... gesondert zu entscheiden?"

"Wird der Antrag auf Rückübertragung ausschließlich durch die Zielrichtung mit Blick auf den Rückübertragungsgegenstand (hier Gut G. mit Nebengut B.) gekennzeichnet oder kommt es auch konkret auf die Bezeichnung des Rechtsgrundes der Enteignung (besatzungshoheitliche Enteignung bzw. Enteignung nach dem 07.10.1949) an?"

5

Die erste dieser Fragen würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das angegriffene Urteil im Gegensatz zu den Klägern nicht davon ausgegangen ist, dass das Schreiben vom 1. September 1990 den Gegenstand des Schreibens vom 17. Juni 1990 erweiterte. Vielmehr hat es angenommen, dass der Umfang eines Restitutionsbegehrens nicht durch die Zahl der zu dessen Begründung angeführten, als Schädigung in Betracht zu ziehender Ereignisse bestimmt wird. Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB, davon ausgegangen, dass mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 29. Januar 1997 über den Anspruch der Rechtsvorgängerin der Kläger auf Restitution des Landgutes G. (unter Prüfung aller denkbaren Restitutionsgründe) entschieden worden ist. Wirksame Rügen betreffend die Auslegung des Bescheides haben die Kläger nicht erhoben (vgl. unten c) und d) sowie 3. a)).

6

Die drei übrigen Fragen bedürfen keiner revisionsgerichtlichen Klärung, weil sie sich bereits aus dem Gesetz beantworten lassen. Gegenstand eines vermögensrechtlichen Rückübertragungsverfahrens ist die Rückübertragung eines bestimmten Vermögenswertes, der einer Schädigung gemäß § 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG) unterlegen ist (vgl. § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 oder § 6 VermG). Ein wirksamer Restitutionsantrag verlangte nach § 4 Anmeldeverordnung wie nach § 30 Abs. 1 VermG nur, dass fristgerecht ein Restitutionsbegehren in Bezug auf einen individualisierbaren Vermögenswert unter Berufung auf die persönliche Berechtigung zum Ausdruck gebracht wurde. Dieses Begehren bestimmt den Gegenstand des vermögensrechtlichen Rückübertragungsverfahrens. Ob, in welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt eine Schädigung im Sinne des § 1 VermG eintrat, ist als Voraussetzung der Begründetheit des Antrags im Verwaltungsverfahren nach § 31 Abs. 1 VermG von Amts wegen zu klären, und zwar unabhängig davon, ob der Antrag vor oder seit dem 11. Juli 1990 gestellt wurde. Gleiches gilt für die Frage, ob § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG wegen eines besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhangs die Anwendung des Vermögensgesetzes ausschließt. Bei der Entscheidung über den geltend gemachten Rückübertragungsanspruch sind daher alle in Frage kommenden Schädigungsereignisse und alle Anhaltspunkte für ein Eingreifen des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG aufzuklären und zu berücksichtigen. Die Geltendmachung von (weiteren) Tatsachen, aus denen sich eine Schädigung ergeben kann, stellt auch im Rahmen der Verpflichtungsklage auf Rückübertragung kein neues oder weiteres Verpflichtungsbegehren und damit keinen neuen Streitgegenstand, sondern nur ein neues Angriffsmittel des Rechtsmittelführers dar.

7

b) Die Kläger halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Kann die Bindungswirkung einer Grundlagenentscheidung sich vom Streitgegenstandsbegriff abkoppeln und unabhängig von dem in Bezug genommenen Lebenssachverhalt und dem Antragsinhalt Wirkung entfalten?"

8

Die Frage würde sich in einem Revisionsverfahren ebenfalls nicht stellen. Der Bescheid vom 29. Januar 1997 ist nach der das Bundesverwaltungsgericht bindenden Auslegung durch das Verwaltungsgericht kein Grundlagenbescheid, auf den weitere Bescheide rechtlich aufbauen sollen, sondern eine endgültige Entscheidung über das Begehren der Rechtsvorgängerin der Kläger auf Restitution des Landgutes G..

9

c) Die Kläger halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Ist alleine von einer Entscheidung über einen konkret datierten Antrag eines Beteiligten in einem Verwaltungsverfahren auszugehen, wenn im Tatbestand eines verwaltungsgerichtlichen Urteils ausschließlich auf dieses Datum abgestellt wird?"

10

Die Frage, die auf die Formulierung einer festen Auslegungsregel für die Ermittlung des Inhalts von Bescheiden zielt, kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Gesetzeswortlautes mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - 4 B 28.15 - Rn. 4) ohne Weiteres verneint werden. Die Grundsätze der Auslegung von Bescheiden sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 3 C 53.96 - Buchholz 451.175 3. VerstrG Nr. 7 S. 15). Danach kommt es für die Auslegung von Bescheiden darauf an, wie der Empfänger sie bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Es kommt nicht allein auf den Wortlaut und das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern auf den objektiven Gehalt der Erklärung an. Ebenfalls geklärt ist die Reichweite der Rechtskraftwirkungen von verwaltungsgerichtlichen Urteilen. Sie binden die Beteiligten soweit, als über den Streitgegenstand entschieden ist. Einem in den Entscheidungsgründen eines Urteils genannten Antragsdatum kann zwar rechtliche Bedeutung für die Reichweite der Rechtskraft dieses Urteils und damit auch für den Inhalt eines Bescheides, der Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung war, zukommen. Einzubeziehen sind jedoch weitere Gesichtspunkte, insbesondere der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruchsinhalt. Dies schließt eine verallgemeinerungsfähige Bewertung der Bedeutung des Antragsdatums aus.

11

d) Die Kläger halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Darf ein Gericht bei einer offensichtlich unzutreffenden Sachverhaltsdarstellung in einem Bescheid durch den Hinweis, diese Darstellung gleichwohl als zutreffend zu würdigen, gleichsam die Beweislast den Beschwerdeführern auferlegen und die Beweislast zulasten der Beschwerdeführer umkehren? Ist das Gericht in diesem Fall nicht verpflichtet, aus eigener Wahrnehmung eigene Feststellungen im Hinblick auf den Inhalt der unterschiedlichen Anträge vom 17.06.1990 sowie 01.09.1990 vorzunehmen?"

12

Die von den Klägern formulierte Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Verwaltungsgericht hat keine offensichtlich unzutreffende Sachverhaltsdarstellung in dem Bescheid vom 29. Januar 1997 festgestellt, ohne dass dies mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden wäre. Im Übrigen ist die aufgeworfene Frage nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantwortbar und entzieht sich daher einer abstrahierenden Rechtssatzbildung. Die Kläger wollen der Sache nach nur wissen, ob das Verwaltungsgericht in ihrem Fall weitere Feststellungen zum Inhalt der Anträge vom 17. Juni und 1. September 1990 hätte treffen müssen. Eine entsprechende Aufklärungsrüge haben sie jedoch nicht erhoben.

13

2. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 1995 - 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 18).

14

a) Die Kläger haben eine Abweichung des verwaltungsgerichtlichen Urteils von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 2000 - 7 C 8.00 - (Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 21) und vom 17. Oktober 2005 - 7 C 8.05 - (Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 36) nicht bezeichnet. Sie benennen schon keine die genannten Urteile tragenden Rechtssätze, sondern beschränken sich auf eine allgemein gehaltene Interpretation der Urteilsgründe und die Ableitung eigener rechtlicher Schlussfolgerungen daraus.

15

Soweit ihr Vortrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass das Verwaltungsgericht von dem Rechtssatz abgewichen sei, "für die Auslegung einer Willenserklärung ist nur Raum, soweit sie auslegungsbedürftig, also nicht eindeutig ist", hat das Bundesverwaltungsgericht einen solchen Rechtssatz in seinem Urteil vom 5. Oktober 2000 zwar unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgestellt. Die Kläger benennen insoweit aber keinen abweichenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts, sondern kritisieren insoweit lediglich die nach ihrer Auffassung pauschale Begründung des angegriffenen Urteils, welche den Grundsätzen der genannten Entscheidung nicht gerecht werde. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

16

b) Soweit die Kläger eine Abweichung von der Entscheidung vom 29. August 2006 - 8 C 21.05 - (BVerwGE 126, 316) behaupten, fehlt es an der Bezeichnung eines diese Entscheidung tragenden Rechtssatzes. Insbesondere stellt die von den Klägern insoweit zitierte Urteilspassage, "da das Verwaltungsgericht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Schädigungstatbestandes nicht abschließend geprüft hat, ist die Sache gem. § 144 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwGO an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen", keinen zur Bezeichnung einer Divergenz geeigneten Rechtssatz dar. Das gleiche gilt für die Behauptung, das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung "insbesondere darauf abgestellt, dass es dem Antragsteller um die Feststellung des Tatbestandes des § 1 Abs. 3 VermG (unlautere Machenschaften)" gegangen sei.

17

c) Die Kläger haben auch keine Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2002 - 7 C 5.02 - (Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 26) bezeichnet. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht zwar, wie die Kläger vortragen, den Rechtssatz aufgestellt, dass ein noch vor Inkrafttreten der Anmeldeverordnung geltend gemachtes und erfülltes Rückgabebegehren jedenfalls dann als die Ausschlussfrist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG wahrender Antrag anzusehen ist, wenn sich die Erfüllung des Rückgabebegehrens später als unwirksam herausstellt und der Antrag ursprünglich an die später nach § 2 Abs. 2 der Anmeldeverordnung zuständige Behörde gerichtet war. Einen Rechtssatz, dass dies nur gilt, wenn das ursprüngliche Rückgabebegehren an die später nach der Anmeldeverordnung zuständige Behörde gerichtet wurde, wie die Kläger weiter meinen, hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen nicht aufgestellt. Es hat diese Frage vielmehr offen gelassen, was durch die Verwendung des Wortes "jedenfalls" in der von den Klägern in Bezug genommenen Urteilspassage deutlich zum Ausdruck kommt.

18

Einen von dem genannten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts haben die Kläger nicht bezeichnet. Soweit sie formulieren, die pauschalierte Zusammenlegung zweier Antragsdaten vom 17. Juni sowie 01. September 1990 verstoße eindeutig gegen den vom Bundesverwaltungsgericht gewählten Begründungsansatz, genügt dies ihren Darlegungsverpflichtungen nicht. Ihre Ausführungen beschränken sich insoweit wiederum darauf, die angebliche Nichtanwendung höchstrichterlicher Rechtssätze zu behaupten.

19

d) Eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2013 - 8 B 2.13 - (ZOV 2014, 50) haben die Kläger nicht bezeichnet. Sie haben insoweit schon keinen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz benannt. Insbesondere hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass klare Hinweise in einem Antrag auf eine beschränkte Antragstellung zu beachten sind. Die insoweit zum Beleg herangezogene Entscheidungspassage beschäftigt sich lediglich mit der Frage, ob im dort konkret entschiedenen Fall ein rechtlicher Aspekt derart offenkundig war, dass das Ausgangsgericht ihn entscheidungstragend verwenden durfte, ohne die Parteien hierauf vor seiner Entscheidung hinzuweisen.

20

e) Die Kläger haben schließlich keine Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 2015 - 8 C 14.14 - (BVerwGE 152, 26) bezeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung zwar, bezogen auf § 88 VwGO, ausgeführt, die Auslegung (eines Klageantrags) finde ihre Grenze in dem ausdrücklich und eindeutig bekundeten Willen des Klägers. Einen hiervon abweichenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts haben die Kläger aber nicht benannt.

21

3. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1992 - 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, Rn. 222 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

22

a) Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe dadurch gegen den in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO normierten Überzeugungsgrundsatz verstoßen, dass es den Wortlaut des Bescheides vom 29. Januar 1997 und des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 14. September 1999 - 6 (3) A 354/97 - unter Verstoß gegen die Denkgesetze interpretiert, den Wortlaut der Anträge vom 17. Juni und 1. September 1990 und hier insbesondere die Bezugnahme des Antrags vom 1. September 1990 auf § 1 Abs. 2 der Anmeldeverordnung (aktenwidrig) übergangen und zudem unterschlagen habe, dass der seinerzeit unzuständige Kreis Waren in seiner Verwaltungspraxis strikt zwischen beiden Anmeldeschreiben unterschieden habe.

23

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehört es zur Aufgabe des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung seine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Dabei hat es das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Das Gericht ist frei darin, wie es seine Überzeugung bildet, wie es also die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise würdigt. Die Einhaltung der dabei bestehenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigen oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Die Freiheit des Gerichts ist erst dann überschritten, wenn es entweder seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Februar 1984 - 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.> und vom 19. Januar 1990 - 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>; Beschluss vom 28. März 2012 - 8 B 76.11 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 76 Rn. 8).

24

Solche Mängel sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Sie sind nicht mit der Behauptung dargetan, das Verwaltungsgericht sei denkfehlerhaft davon ausgegangen, der Bescheid vom 29. Januar 1997 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 14. September 1999 hätten über zwei Restitutionsanträge (vom 17. Juni und vom 1. September 1990) hinsichtlich des Landgutes G. entschieden. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr materiellrechtlich die Auffassung vertreten, es sei ungeachtet der zweifachen Anmeldung über einen (einzigen), auf Rückgabe der Vermögenswerte gerichteten Rückübertragungsantrag entschieden worden, und hat deshalb das Datum des verfahrenseinleitenden Antrags für unerheblich gehalten.

25

Das Verwaltungsgericht hat den Wortlaut der Antragsschreiben vom 17. Juni und 1. September 1990 und hier insbesondere den Hinweis in dem Antrag vom 1. September 1990 auf § 1 Abs. 2 Anmeldeverordnung nicht aktenwidrig wiedergegeben oder übergangen. Von seinem Rechtsstandpunkt aus kam es nicht auf den Wortlaut dieser Schreiben, sondern nur darauf an, ob der Sache nach ein Restitutionsbegehren hinsichtlich des Landgutes G. gestellt und mit Bescheid vom 29. Januar 1997 hinsichtlich jedes denkbaren Restitutionsgrundes beschieden worden war. Diese Rechtsansicht bringt das Verwaltungsgericht dadurch zum Ausdruck, dass es von "dem Antrag auf Rückübertragung hinsichtlich des Landgutes G." spricht, über den entschieden worden sei, und ergänzend darauf hinweist, dass auch der nun von den Klägern zur Rechtfertigung ihres Begehrens betonte Sachverhalt aus dem Jahr 1951 bereits in dem Bescheid vom 29. Januar 1997 verarbeitet worden sei.

26

Nicht aktenwidrig ist das Urteil schließlich auch, soweit die Kläger meinen, der Antrag vom 1. September 1990 habe über das Landgut G. hinaus weitere Vermögensgegenstände der Rechtsvorgängerin der Kläger zum Gegenstand gehabt. Denn über solche Gegenstände war nach dem Antrag, den die Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellt haben, vom Verwaltungsgericht gerade nicht zu entscheiden.

27

Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidungsfindung auch nicht die von den Klägern behauptete Rechtspraxis des Kreises Waren, zwischen beiden Anträgen zu unterscheiden, ausgeblendet. Auf diese von den Klägern behauptete Unterscheidung kam es vom Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts aus nicht an, sondern nur auf den objektiven Gehalt des Bescheides vom 29. Januar 1997.

28

b) Die Beschwerde meint weiter, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt, dass es die rechtliche Argumentation der Kläger zum offensichtlichen (Nicht-)Vorliegen einer besatzungshoheitlichen Enteignung nicht zur Kenntnis genommen und daher eine Aufhebung des Bescheides vom 29. Januar 1997 aufgrund durchgreifender schlechthin unerträglicher Feststellungen gemäß § 48 VwVfG nicht in Betracht gezogen habe. Darin kann schon deswegen kein Verstoß gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör liegen, weil eine Aufhebung des Bescheides vom 29. Januar 1997 gemäß § 48 VwVfG nach den von den Klägern in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen und ihrem übrigen Klagevortrag nicht zu prüfen war. Zu entscheiden war danach lediglich über das Begehren auf Entscheidung über den Antrag der Rechtsvorgängerin der Kläger vom 1. September 1990.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Dr. Held-Daab

Dr. Rublack

Dr. Seegmüller

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