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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 10.08.2016, Az.: BVerwG 1 B 92.16
Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätze im Rahmen der Divergenzrüge; Vorliegen eines schwerwiegenden Bleibeinteresses nach dem veränderten Aufenthaltsrecht
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 10.08.2016
Referenz: JurionRS 2016, 23300
Aktenzeichen: BVerwG 1 B 92.16
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:100816B1B92.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Nordrhein-Westfalen - 10.05.2016 - AZ: 18 A 610/14

nachgehend:

BVerwG - 22.02.2017 - AZ: 1 C 27.16

Fundstelle:

InfAuslR 2016, 411-412

BVerwG, 10.08.2016 - BVerwG 1 B 92.16

Redaktioneller Leitsatz:

Ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG setzt unter anderem voraus, dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Daran fehlt es, wenn die Geltungsdauer der dem Betroffenen zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis bereits vor Erlass der Ausweisungsverfügung abgelaufen war und die Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung eines (neuen) Aufenthaltstitels zusammen mit der Ausweisung (bestandskräftig) abgelehnt hat.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. August 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Fricke und Dr. Rudolph
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Mai 2016 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde, die sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht die Revision nicht auch hinsichtlich der Ausweisung des Klägers zugelassen hat, hat keinen Erfolg. Sie entspricht hinsichtlich des allein geltend gemachten Zulassungsgrundes der Divergenz von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

2

Eine Divergenz im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem ebensolchen Rechtssatz steht, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bezeichneten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Allein die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Divergenzrüge dagegen nicht. Da die Divergenzrevision dem Anliegen dient, die Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsprechung in der Auslegung einer bestimmten Gesetzesvorschrift zu sichern und damit Rechtssicherheit auch im Einzelfall zu gewährleisten, muss sich die Abweichung auf dasselbe Gesetz beziehen und müssen die Entscheidungen dieselbe Fassung des Gesetzes zum Gegenstand haben. Hat sich das maßgebliche Gesetz nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geändert und ist die Neufassung nicht nur redaktioneller Natur, beruht die abweichende Auslegung auf einem anderen Gesetzeswortlaut und nicht auf einem prinzipiellen Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt der geänderten Vorgängernorm, so dass einer Divergenzrüge schon deshalb die Grundlage entzogen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 m.w.N.).

3

In diesem Sinne fehlt es vorliegend an der schlüssigen Darlegung einer Divergenz. Soweit die Beschwerde behauptet, die Vorinstanz weiche mit der Verneinung eines schwerwiegenden Bleibeinteresses nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG von der Rechtsprechung des Senats in seinem Urteil vom 15. November 2007 - 1 C 45.06 - (BVerwGE 130, 20) zum besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG a.F. ab, vermag dies eine Divergenz schon deshalb nicht zu begründen, weil das Ausweisungsrecht in den §§ 53 ff. AufenthG mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) mit Wirkung zum 1. Januar 2016 grundlegend geändert worden ist. Dessen ungeachtet verkennt die Beschwerde, dass ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (u.a.) erfordert, dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Vorliegend war die Geltungsdauer der dem Kläger zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis aber bereits vor Erlass der Ausweisungsverfügung abgelaufen und hat die Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung eines (neuen) Aufenthaltstitels zusammen mit der Ausweisung (bestandskräftig) abgelehnt.

4

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Prof. Dr. Berlit

Fricke

Dr. Rudolph

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