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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 05.07.2016, Az.: BVerwG 4 B 43.15
Substantiierte Darlegung der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs; Vorwurf des Erlasses eines sogenannten unvollständigen Vollendurteils in verfahrensfehlerhafter Weise; Darlegung eines die Zulassung der Revision rechtfertigenden Verfahrensfehlers
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 05.07.2016
Referenz: JurionRS 2016, 20581
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 43.15
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:050716B4B43.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Rheinland-Pfalz - 18.06.2015 - AZ: 1 A 10775/14.OVG

BVerwG, 05.07.2016 - BVerwG 4 B 43.15

Redaktioneller Leitsatz:

Rügt eine Nichtzulassungsbeschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe den Streitgegenstand der zugelassenen Berufung nicht ausgeschöpft und somit in verfahrensfehlerhafter Weise ein sogenanntes unvollständiges Vollendurteil erlassen, muss zur substantiierten Begründung dieser Rüge gemäß § 133 Abs. 3 S. 3 VwGO dargelegt werden, in welchem Umfang das Oberverwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat und inwieweit das angefochtene Berufungsurteil deshalb hinter dem Streitgegenstand des Berufungsverfahrens zurückgeblieben ist.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Juli 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Juni 2015, berichtigt durch Beschluss vom 7. September 2015, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde, mit der ausdrücklich nur Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden, bleibt ohne Erfolg.

2

a) Die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht substantiiert dargetan.

3

Die Beschwerde kritisiert, das Verwaltungsgericht habe nur geprüft, inwieweit die Errichtung des Anbaus subjektive Rechte der Klägerin verletze, sich aber nicht mit der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Gesamtvorhabens und der hierauf gestützten Forderung der Klägerin nach einem kompletten Abriss befasst. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dem Begehren der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die baulichen Erweiterungen durch zwei zusätzliche Geschosse auch über dem ehemaligen Altbestand stehe der Einwand der Rechtskraft entgegen, weil sich die Berufungszulassung hierauf nicht erstreckt habe, sei "falsch". Hierdurch sei der Klägerin die Möglichkeit genommen worden, in einem möglichen Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht zu ihrer Auffassung Stellung zu nehmen und "eine gegebenenfalls ablehnende Haltung der ersten Instanz" anzugreifen.

4

Ein Verfahrensmangel ist damit nicht im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet. Die Beschwerde rügt sinngemäß, das Oberverwaltungsgericht habe den Streitgegenstand der zugelassenen Berufung nicht ausgeschöpft und somit in verfahrensfehlerhafter Weise ein sogenanntes unvollständiges Vollendurteil erlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1994 - 9 C 529.93 - Buchholz 402.25 § 13 AsylVfG Nr. 1 = Rn. 8). Zur substantiierten Begründung dieser Rüge hätte gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden müssen, in welchem Umfang das Oberverwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat und inwieweit das angefochtene Berufungsurteil deshalb hinter dem Streitgegenstand des Berufungsverfahrens zurückgeblieben ist. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag. Die bloße Behauptung der Beschwerde, die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, wonach sich die Berufungszulassung nicht auf den klägerseits geltend gemachten Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die bauliche Erweiterung über dem ehemaligen Altbestand um zwei zusätzliche Geschosse erstreckt habe, sei "falsch", enthält solche Darlegungen nicht und macht sie mangels Evidenz auch nicht entbehrlich.

5

b) Soweit die Beschwerde die vorinstanzliche Entscheidung auch hinsichtlich des Anbaus kritisiert und geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe sich nicht zur planabweichend gebauten Wandhöhe und dem nach Landesbauordnungsrecht normierten Faktor von 0,4 H zur Berechnung der einzuhaltenden Abstandsflächen geäußert, fehlt es schon an der Benennung eines Revisionszulassungsgrundes. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, an Stelle der Beschwerde Überlegung dazu anzustellen, welcher der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe gegebenenfalls zum Erfolg führen kann.

6

c) Einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Verfahrensfehler zeigt die Beschwerde schließlich auch nicht auf, soweit sie rügt, dass eine notwendige Beiladung der im laufenden Verfahren einige Monate vor der mündlichen Verhandlung hinzugekommenen neuen (Wohnungs-)Eigentümer im streitgegenständlichen Nachbaranwesen "möglicherweise verfahrensfehlerhaft" unterblieben sei. Ihr Vortrag hierzu ist ebenfalls unschlüssig und unsubstantiiert.

7

Die Beschwerde legt weder dar, wer Rechtsvorgänger dieser neuen Eigentümer war und ob dieser am Klageverfahren beteiligt war, noch, ob die Klägerin die Beiladung der neuen Eigentümer vor der Urteilsverkündigung im Berufungsverfahren angeregt hatte. Unklar ist auch, ob die Klägerin selbst von der Rechtsnachfolge Kenntnis hatte und aufgrund welcher Umstände sich dem Gericht eine weitere Klärung hätte aufdrängen sollen. Widersprüchlich und unschlüssig ist der Beschwerdevortrag schließlich auch, soweit die Beschwerde die fehlende Beiladung einerseits für unschädlich hält aufgrund der Tatsache, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft zum Verfahren beigeladen gewesen sei und das Urteil nach § 121 Nr. 1 VwGO auch die Rechtsnachfolger binde, ungeachtet dessen aber andererseits "nach wie vor ein möglicher Verfahrensfehler ... zumindest im Raum" stehen soll.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Rubel

Petz

Dr. Decker

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