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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 14.01.2015, Az.: BVerwG 8 B 50.14
Aufhebung eines unredlich begründeten Mietverhältnisses an einem restituierten Wohngrundstück
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.01.2015
Referenz: JurionRS 2015, 10166
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 50.14
ECLI: [keine Angabe]

BVerwG, 14.01.2015 - BVerwG 8 B 50.14

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Januar 2015
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Hoock
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 21. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 12 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt gemäß § 17 Satz 2 VermG die Aufhebung des nach ihrer Auffassung unredlich begründeten Mietverhältnisses des Beigeladenen an einem Wohngrundstück, das ihr mit bestandskräftigem Restitutionsbescheid übertragen worden war. Die Beklagte lehnte den entsprechenden Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 18. April 2011 ab, weil dieser nicht gemäß § 30a Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Absatz 3 Satz 2 VermG fristgerecht gestellt worden sei. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2014 ergangenen Urteil abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

2

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

3

1. Das Verwaltungsgericht hat das Urteil selbstständig tragend auf die Erwägung gestützt, dass der Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Mietverhältnisses des Beigeladenen an ihrem restituierten Grundstück verfristet sei. Die hiergegen gerichteten Rügen der Beschwerde dringen nicht durch.

4

a) Die als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage:

"Ist ein Antrag auf Aufhebung eines Mietverhältnisses gemäß § 17 Abs. 2 VermG rechtzeitig gestellt, wenn er vor Erlass eines Widerspruchsbescheides über die Restitution des Grundstückes gestellt wurde?"

bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Senats, auf die das Verwaltungsgericht zutreffend verweist, ist es dem Vermögensamt nach § 30a Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 VermG verwehrt, ein dingliches Nutzungsrecht auf einen nach Ablauf des 25. Juni 1994 (§ 30a Abs. 2 VermG) gestellten Antrag gemäß § 17 Satz 2 VermG aufzuheben, wenn der bestandskräftige Restitutionsbescheid keine solche Aufhebungsentscheidung enthält. Dasselbe gilt für eine Aufhebung des Nutzungsrechts von Amts wegen nach Ablauf dieser Frist. Dabei ist unerheblich, ob der unvollständige Restitutionsbescheid vor oder nach Ablauf der Ausschlussfrist bestandskräftig geworden ist. Denn die Regelung des § 30a Abs. 4 Satz 3 VermG bezweckt die Konzentration der vermögensrechtlichen Entscheidungen im Restitutionsverfahren; die Vermögensämter sollen nach dessen Abschluss nicht mehr mit dazugehörigen Nebenentscheidungen befasst werden können. Der Restitutionsberechtigte wird dadurch nicht gehindert, einen Anspruch auf Aufhebung eines unredlich erworbenen Nutzungsrechts nach § 17 Satz 2 VermG geltend zu machen. Er ist insoweit beschwert, als das Vermögensamt entgegen § 17 Satz 2 VermG die Restitutionsentscheidung nicht mit der Entscheidung über die Aufhebung des Nutzungsrechtsverhältnisses verbunden hat. Hiergegen kann der Restitutionsberechtigte daher Verpflichtungswiderspruch oder -klage erheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2001 - 8 C 9.00 -Buchholz 428 § 16 VermG Nr. 6 S. 15 ff.).

5

Für die Auslegung und Anwendung der identischen Regelungen zur Ausschlussfrist für die hier in Rede stehende Aufhebung eines Mietverhältnisses kann nichts anderes gelten. Entgegen der Beschwerde ergibt sich auch kein Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung aus dem Umstand, dass der Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Mietverhältnisses des Beigeladenen vor Erlass des Bescheides gestellt wurde, mit dem der Widerspruch des Beigeladenen gegen den Restitutionsbescheid vom 19. September 1995 zurückgewiesen wurde. Nach der oben dargelegten Rechtsprechung des Senats ist ein nach Ablauf des 25. Juni 1994 gestellter Aufhebungsantrag verfristet, wenn das Restitutionsverfahren ohne Aufhebungsentscheidung abgeschlossen wurde. Beide Voraussetzungen liegen hier vor. Es kommt dann nicht mehr darauf an, ob der Aufhebungsantrag vor oder nach Abschluss des Restitutionsverfahrens gestellt wurde. Auch mit Blick auf die verbleibenden Möglichkeiten zur Durchsetzung eines Aufhebungsanspruchs nach § 17 Satz 2 VermG ist kein Klärungsbedarf erkennbar. Die Klägerin hätte die Belastung mit dem ggf. unredlich begründeten Mietverhältnis des Beigeladenen am restituierten Grundstück durch einen auf Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Aufhebung des Mietverhältnisses gerichteten Widerspruch gegen den Restitutionsbescheid verhindern können.

6

b) Die Beschwerde rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe unter Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs Vorbringen der Klägerin übersehen, wonach bereits vor Ablauf des 25. Juni 1994 "alle Ansprüche gemäß dem Vermögensgesetz" auf das Grundstück - und damit auch der Anspruch auf Aufhebung des Mietverhältnisses - angemeldet worden seien. Das trifft nicht zu. Ausweislich der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils hat das Verwaltungsgericht dieses Vorbringen zur Kenntnis genommen und eingehend gewürdigt (vgl. UA S. 10 f.). Die Beschwerde wendet sich der Sache nach lediglich gegen diese Würdigung des Verwaltungsgerichts. Damit kann ein Verfahrensfehler nicht dargelegt werden.

7

2. Das Verwaltungsgericht ist ferner davon ausgegangen, dass der Beigeladene bei Abschluss des Mietverhältnisses am restituierten Grundstück redlich gewesen sei. Es ist nicht völlig eindeutig, ob das Gericht die Abweisung der auf Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des Mietverhältnisses gerichteten Klage auch auf diese Annahme gestützt hat. Das kann indes offen bleiben. Denn im Falle einer mehrfachen, die Entscheidung jeweils selbstständig tragenden Begründung des angefochtenen Urteils bedarf es zur Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO <n.F.> Nr. 26 S. 15). Daran fehlt es hier, weil die Rügen gegen die selbstständig tragende Annahme der Verfristung des Aufhebungsantrags nicht durchzudringen vermögen. Daher müssen die Divergenzrüge und die weiteren Verfahrensrügen, die sich gegen die Annahme der Redlichkeit des Beigeladenen bei Abschluss des Mietverhältnisses richten, erfolglos bleiben.

8

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Da sich der Beigeladene durch eigene Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, auch seine außergerichtlichen Kosten der Klägerin als der unterliegenden Partei aufzuerlegen. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG entsprechend dem in der Vorinstanz erzielten Einvernehmen über die wirtschaftliche Bedeutung des Streitgegenstands.

Dr. Christ

Dr. Held-Daab

Hoock

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