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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 28.01.2014, Az.: BVerwG 4 B 50.13
Zulassung der Revision im Zusammenhang mit einem Streit über eine Baugenehmigung für die Errichtung eines achtgeschossigen Gebäudes
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.01.2014
Referenz: JurionRS 2014, 10902
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 50.13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Hamburg - 08.08.2013 - AZ: 2 Bf 108/11

BVerwG, 28.01.2014 - BVerwG 4 B 50.13

Redaktioneller Leitsatz:

§ 10 HBauO ist eine Norm des irrevisiblen Landesrechts.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Januar 2014
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Decker
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 90 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt oder liegen jedenfalls nicht vor.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung einen Anspruch der Klägerin auf die begehrte Baugenehmigung für die Errichtung eines achtgeschossigen Gebäudes mit sieben Wohnungen, einer Kindertageseinrichtung für drei Gruppen mit je 20 Kindern und einer Tiefgarage verneint. Dem Vorhaben der Klägerin stünden sowohl § 10 Abs. 1 Satz 1 HBauO (Fehlen einer ausreichend großen Spielfläche) als auch § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit der im maßgeblichen Bebauungsplan S. festgesetzten Zahl der Vollgeschosse von höchstens fünf, von der keine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könne, entgegen. Ausweislich der Entscheidungsgründe soll dabei jeder dieser Gründe die Entscheidung selbständig tragen. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund dargelegt wird und vorliegt (stRspr; vgl. nur Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 und vom 8. August 1973 - BVerwG 4 B 13.73 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 115). Denn ist nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, dann kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (Beschluss vom 9. September 2009 - BVerwG 4 BN 4.09 - ZfBR 2010, 67 = [...] Rn. 5). Vorliegend scheitert die Beschwerde daran, dass jedenfalls in Bezug auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das Vorhaben der Klägerin stehe mit § 10 Abs. 1 Satz 1 HBauO nicht in Einklang, Zulassungsgründe nicht gegeben sind.

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1. Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 7 B 45.10 - [...] Rn. 15). Dem wird die Klägerin nicht gerecht, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Oberverwaltungsgericht ihr Vorhaben an § 10 Abs. 1 Satz 1 HBauO hat scheitern lassen. Denn § 10 HBauO ist eine Norm des irrevisiblen Landesrechts.

4

Ungeklärte Fragen des Bundesrechts würden sich bei der Auslegung und Anwendung des § 10 HBauO nicht stellen. Die Klägerin wählt zwar einen bundesrechtlichen Ansatz für ihre als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Fragen:

Ist im konzentrierten Baugenehmigungsverfahren nach der HBauO auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob das Bauvorhaben einer Kindertageseinrichtung (über) eine ausreichend große Außenspielfläche für die in der Einrichtung zu betreuenden Kinder nach § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII verfügt?

Falls vorstehende Frage bejaht wird: Wenn in einem gemischt genutzten Gebäude Wohnnutzung und Kindertageseinrichtung zusammentreffen, kann dann die für die Kinder aus der Kindertageseinrichtung vorhandene Außenspielfläche auch für die Kinder aus der Wohnnutzung zur Verfügung gestellt werden?

5

Ob § 45 SGB VIII wegen der Konkurrenz zu den Anforderungen des § 10 HBauO an Kinderspielflächen als Baunebenrecht im Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung zu prüfen ist (UA S. 17), richtet sich aber nach Landesrecht.

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2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

7

a) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) verletzt, weil es ohne mündliche Verhandlung nach § 130a VwGO entschieden habe, ohne vorher darauf hinzuweisen, dass dem Bauvorhaben der Klägerin eine fehlende Außenspielfläche im Sinne von § 45 SGB VIII entgegenstehe, ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat dargelegt, aus welchen Gründen es nach § 130a VwGO entschieden hat (UA S. 13). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das Gericht sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Eine Verpflichtung des Gerichts, die - vor der Schlussberatung nur vorläufigen - Gründe für die in Betracht gezogene Sachentscheidung in der Anhörungsmitteilung an die Beteiligten bekannt zu geben, bestand nicht (Beschluss vom 13. Dezember 1983 - BVerwG 9 B 1387.82 - Buchholz 312 EntlG Nr. 34 = NVwZ 1984, 792 = [...] Rn. 5). Nachdem es die Klägerin selbst war, die den Aspekt des § 45 SGB VIII in das Berufungsverfahren eingeführt hat, musste sie zudem damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht die Norm bei seiner Entscheidung berücksichtigen würde.

8

b) Die Beschwerde ist weiter der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, weil es den von der Klägerin beantragten Ortstermin zur Klärung der Frage, ob durch das klägerische Vorhaben die Grundzüge der Planung im Sinne von § 31 Abs. 2 BauGB berührt werden, nicht durchgeführt hat. Es kann offen bleiben, ob hiermit ein Verfahrensfehler im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend dargelegt ist. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts würde jedenfalls nicht darauf beruhen, weil die Ausführungen des Berufungsgerichts zu § 10 Abs. 1 HBauO die Entscheidung selbständig tragen. Damit kommt es auf die durch den Ortsaugenschein vermeintlich zu klärende Frage, ob durch die Überschreitung der Zahl der zulässigen Vollgeschosse die Grundzüge des Bebauungsplans S. berührt werden, nicht an.

9

3. Die Revision ist schließlich auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die geltend gemachte Divergenz bezieht sich auf die bauplanungsrechtliche Beurteilung des klägerischen Vorhabens durch das Oberverwaltungsgericht. Hierauf kann die Entscheidung des Berufungsgerichts jedoch nicht beruhen, da - wie bereits ausgeführt - schon der Begründungsteil zu § 10 Abs. 1 HBauO den Beschluss selbständig trägt.

10

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Rubel

Dr. Gatz

Dr. Decker

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