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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 05.12.2012, Az.: BVerwG 7 B 17.12
Vorliegen des Abfallbegriffs bei Abschluss der Verwertung mit Abschluss des Recyclingprozesses bzgl. Bauschutts
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 05.12.2012
Referenz: JurionRS 2012, 29243
Aktenzeichen: BVerwG 7 B 17.12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Sachsen-Anhalt - 25.08.2012 - AZ: OVG 2 L 34/10

Rechtsgrundlagen:

§ 45 Abs. 1 KrW-/AbfG

§ 45 Abs. 2 KrW-/AbfG

Fundstelle:

AbfallR 2013, 88

BVerwG, 05.12.2012 - BVerwG 7 B 17.12

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Die Abfalleigenschaft eines Stoffes endet erst mit der Beendigung des konkreten Verwertungsverfahrens bei gleichzeitiger Erfüllung der sich aus dem Abfallrecht ergebenden Pflichten des Besitzers in Bezug auf die Schadlosigkeit der Verwertung.

2.

Gemäß § 45 Abs. 1 KrW-/AbfG in der bis zum 20. Juli 2006 geltenden Fassung fand für das Nachweisverfahren über die Verwertung von Abfällen, die in § 42 KrW-/AbfG für die Beseitigung von Abfällen getroffene Regelung, Anwendung.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Dezember 2012
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Guttenberger und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 25. August 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen eine abfallrechtliche Entsorgungsverfügung. Er ist Eigentümer des aufgrund einer Ausschreibung erworbenen, 36 609 m2 großen Grundstücks in der Gemarkung P., Flur ..., Flurstück .... Zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger im Juli 2003 lagerten dort etwa 3 000 m3 Straßenaufbruchmaterial, 300 m3 Betonsäulen und 750 m3 sonstiger Müll und Bauschutt.

2

Der Beklagte gab dem Kläger mit Bescheid vom 22. Februar 2005 unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, die auf dem Grundstück abgelagerten Materialien (Bauschutt, Betonbruch, Straßenaufbruch, sonstiger Müll) bis spätestens 30. Juni 2005 ordnungsgemäß zu entsorgen und dies nachzuweisen. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, dass er nicht Erzeuger der Ablagerungen sei. Ein Teil der Ablagerungen (Betonbruch, Straßenaufbruch, sonstiger Müll) wurde in der Folge von Dritten entfernt, die der Kläger als Erzeuger benannt hatte.

3

Mit Bescheid vom 9. Mai 2006 änderte der Beklagte die Verfügung vom 22. Februar 2005 teilweise ab und gab dem Kläger (nur noch) auf, den abgelagerten Bauschutt und die Betonteile zu entsorgen. Auf den Widerspruch des Klägers setzte der Beklagte die Entsorgungsfrist im Widerspruchsbescheid vom 30. August 2007 auf 16 Wochen nach Bestandskraft des Widerspruchsbescheides fest; im Übrigen blieb der Widerspruch erfolglos.

4

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die Entsorgungsverfügung sei rechtmäßig. Bei dem Bauschutt und den Betonteilen handele es sich um Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Der Abfalleigenschaft des Bauschutts stehe nicht entgegen, dass dieser bereits "recycelt" sei. Die Abfalleigenschaft eines Stoffes entfalle erst mit der Beendigung des konkreten Verwertungsvorgangs. Sofern aus Abfällen - wie hier - keine (neuen) sekundären Rohstoffe gewonnen würden oder die stofflichen Eigenschaften der Abfälle für den ursprünglichen Zweck genutzt würden, ende die Abfalleigenschaft eines Stoffes erst dann, wenn die Schadlosigkeit der Verwertung bis zur abschließenden Verwendung des Abfalls sichergestellt sei.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

6

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) noch wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; 2.) zuzulassen.

7

1.

Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob

a)

mit Abschluss des Recyclingprozesses die Verwertung im Sinne des Gesetzes abgeschlossen ist oder zusätzlich noch der Einsatz des recycelten Materials, hier des Bauschutts, erforderlich ist, um den Verwertungsvorgang rechtlich als abgeschlossen anzusehen mit der Folge, dass Recyclingmaterialien nicht dem Abfallbegriff unterfallen,

b)

die Behörde trotz rechtlich fortbestehender Möglichkeit der Verwertung von - unterstellten - Abfällen Nachweispflichten nach § 42 KrW-/AbfG in der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung geltenden Fassung bzw. § 44 KrW-/AbfG neue Fassung auferlegen kann und wie diese ggf. zu führen sind.

8

Es kann dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung in jeder Hinsicht den Anforderungen genügt, die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung zu stellen sind. Offenbleiben kann auch, ob die aufgeworfenen Fragen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht rechtfertigen, weil sie das gemäß Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts vom 24. Februar 2012 (BGBl I S. 212) mit Ablauf des 31. Mai 2012 außer Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 27. September 1994 (KrW-/AbfG; BGBl I S. 2705) betreffen und der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden kann, dass die aufgeworfenen Grundsatzfragen sich noch in einer erheblichen Anzahl von "Altfällen" stellen oder die Neuregelungen im Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen vom 24. Februar 2012 (Kreislaufwirtschaftsgesetz -KrWG) dieselben Fragen aufwerfen.

9

Hinsichtlich der unter a) aufgeworfenen Grundsatzfrage kommt eine Zulassung der Revision schon deshalb nicht in Betracht, weil sie - soweit sie sich in verallgemeinerungsfähiger Form beantworten lässt - in der Rechtsprechung des Senats zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz bereits geklärt ist. Der Senat hat mehrfach entschieden, dass die Abfalleigenschaft eines Stoffes erst mit der Beendigung des konkreten Verwertungsverfahrens bei gleichzeitiger Erfüllung der sich aus dem Abfallrecht ergebenden Pflichten des Besitzers in Bezug auf die Schadlosigkeit der Verwertung endet (Urteile vom 19. November 1998 -BVerwG 7 C 31.97 - Buchholz 451.221 § 3 KrW-/AbfG Nr. 4 S. 3 und vom 14. Dezember 2006 - BVerwG 7 C 4.06 - BVerwGE 127, 250 = Buchholz 451.221 § 3 KrW-/AbfG Nr. 6 S. 2; Beschluss vom 4. September 2009 - BVerwG 7 B 8.09 - AbfallR 2009, 312, Rn. 9). In den Fällen, in denen die stofflichen Eigenschaften von Abfällen für andere als die ursprünglichen Zwecke genutzt werden, ohne dass mangels identischer oder vergleichbarer Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls oder mangels Identität oder Vergleichbarkeit mit einem zu substituierenden Rohstoff von vornherein auf die Schadlosigkeit der Verwertung geschlossen werden kann, bedarf der Abfall bis zum abschließenden Eintritt des Verwertungserfolges der Überwachung, um die Schadlosigkeit der Verwertung zu gewährleisten (Urteil vom 14. Dezember 2006 a.a.O. Rn. 16). Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Ob die vorgenannten Voraussetzungen zutreffen oder nicht, ist eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall. Daher rechtfertigt die unter Nr. 3 der Beschwerdebegründung (S. 7) formulierte Frage, ob recycelter Bauschutt dem Abfallbegriff noch bis zum Wiedereinbau unterfällt, die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Ungeachtet dessen, dass diese Frage der Sache nach mit der unter a) aufgeworfenen Frage übereinstimmt, übersieht die Beschwerde auch hier den Unterschied zwischen dem Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens (bzw. der Vorbehandlung von Abfällen) und dem Ende der Abfalleigenschaft, wie er in § 5 KrWG nunmehr explizit zum Ausdruck kommt.

10

Die unter b) aufgeworfene Grundsatzfrage zu den Nachweispflichten gemäß § 42 KrW-/AbfG, mit der der Kläger offenbar geklärt wissen will, ob auch Abfälle zur Verwertung der Nachweispflicht nach § 42 KrW-/AbfG unterlagen, lässt sich ohne Weiteres anhand des Gesetzes beantworten. Gemäß § 45 Abs. 1 KrW-/AbfG in der bis zum 20. Juli 2006 geltenden Fassung fand für das Nachweisverfahren über die Verwertung von Abfällen die in § 42 für die Beseitigung von Abfällen getroffene Regelung Anwendung; Einzelheiten waren in § 45 Abs. 2 KrW-/AbfG geregelt. Nach der bei Erlass des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG konnte die zuständige Behörde im Einzelfall u.a. anordnen, dass die Erzeuger, Besitzer, Einsammler, Beförderer oder Entsorger von Abfällen, jedoch ausgenommen private Haushaltungen, Register oder Nachweise zu führen oder vorzulegen haben, soweit Pflichten nach den §§ 42, 43 nicht bestehen. Welche (auch heute noch) grundsätzlich klärungsbedürftigen Fragen diese Regelungen aufwerfen, legt die Beschwerde nicht dar.

11

2.

Die Divergenzrüge ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat; für die behauptete Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes) gilt Entsprechendes (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 Rn. 3). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

12

Soweit der Kläger eine Abweichung von dem Urteil des Senats vom 26. Mai 1994 - BVerwG 7 C 14.93 - (BVerwGE 96, 80 ff. - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 18) rügt, wird schon nicht dargelegt, in Anwendung welcher Rechtsvorschrift der Senat den ihm zugeschriebenen Rechtssatz aufgestellt hat. Zudem übersieht der Kläger, dass das Urteil vom 26. Mai 1994 noch zum "alten" Abfallbegriff des § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG (1986) ergangen ist und die Abgrenzung zwischen der Verwertung von Reststoffen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG a.F. und der Abfallentsorgung nach § 1a Abs. 1 Satz 2 AbfG betraf.

13

Hinsichtlich der gerügten Abweichung von dem Urteil des Senats vom 14. Dezember 2006 (a.a.O) fehlt es ebenfalls an der Gegenüberstellung widerstreitender abstrakter Rechtssätze. In Wahrheit rügt die Beschwerde eine fehlerhafte Anwendung der im Urteil des Senats vom 14. Dezember 2006 aufgestellten Rechtssätze auf den vorliegenden Fall. Das reicht zur Darlegung einer Divergenz nicht aus. Abgesehen davon ist der "recycelte" Bauschutt vorliegend nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen, auf den Prüfbericht der PST vom 10. März 2005 gestützten Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht als unbelastet einzustufen, sondern aufgrund seiner Schadstoffbelastung nur für eine offene eingeschränkte Verwertung gemäß der Verwendungs-/Einbauklasse Z. 1.2 zulässig (UA S. 14).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Dr. Nolte

Guttenberger

Schipper

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