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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 21.09.2011, Az.: BVerwG 3 B 28.11
Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Führerscheinerwerbs im Ausland ohne Nachweis eines 185-tägigen dortigen Aufenthalts bei Entzug des Führerscheins in Deutschland
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.09.2011
Referenz: JurionRS 2011, 26225
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 28.11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Leipzig - 10.09.2008 - AZ: 1 K 886/05

OVG Sachsen - 07.01.2011 - AZ: 3 A 700/08

Rechtsgrundlagen:

Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 91/439/EWG

Art. 9 Abs. 1 RL 91/439/EWG

§ 132 Abs. 2 VwGO

BVerwG, 21.09.2011 - BVerwG 3 B 28.11

Redaktioneller Leitsatz:

Für die Begründung eines Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat im Sinne der 2. EU-Führerscheinrichtlinie (91/439/EWG) für die Dauer von 185 Tagen genügt nicht bereits eine dahingehende Absicht.

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

am 21. September 2011

durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley

und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers, der sich gegen die Aberkennung des Rechts wendet, von seiner in Polen erworbenen Fahrerlaubnis der Klasse B in Deutschland Gebrauch zu machen, bleibt ohne Erfolg.

2

1. Der Kläger hatte 1997 nach dem Erreichen von 18 Punkten im Verkehrszentralregister auf seine deutsche Fahrerlaubnis verzichtet. In Deutschland gestellte Anträge auf Neuerteilung blieben ohne Erfolg oder wurden vom Kläger zurückgenommen. Stattdessen wurde der Kläger im Jahr 2003 wegen mehrfachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und anderer Verkehrsdelikte verurteilt. Im Oktober 2004 erwarb der Kläger in Polen eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im Führerschein ist ein Wohnsitz in Polen eingetragen. Der Aufforderung vom 12. Januar 2005, ein Gutachten zur Klärung seiner Fahreignung beizubringen, kam der Kläger nicht nach. Daraufhin erkannte der Rechtsvorgänger des Beklagten dem Kläger mit Bescheid vom 12. Mai 2005 gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Befugnis ab, von seiner polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen; der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen. Aus einem am 25. Mai 2005 beim Rechtsvorgänger des Beklagten eingegangenen Schreiben der Stadt Stettin ergibt sich, dass der Kläger dort für die Zeit von drei Monaten (vom 30. August bis 27. November 2004) gemeldet war; er habe bei der Beantragung der polnischen Fahrerlaubnis angegeben, dass ihm sein Führerschein in Deutschland nicht entzogen worden sei. Die Klage und die Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg.

3

2. Der vom Kläger in Anspruch genommene Zulassungsgrund der erheblichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung gehört nicht zu den in § 132 Abs. 2 VwGO abschließend genannten Gründen, die zur Zulassung der Revision führen können.

4

3. Der Rechtssache kommt nicht die vom Kläger außerdem geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

5

a) Der Kläger hält zum einen die Frage für klärungsbedürftig, ob im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung die Begründung eines Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat im Sinne der hier noch in Betracht kommenden 2. EU-Führerscheinrichtlinie für die Dauer von 185 Tagen bereits tatsächlich erfolgt sein müsse oder ob eine dahingehende Absicht ausreiche.

6

Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die im Revisionsverfahren bindend sind, nachdem der Kläger hiergegen keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben hat, würde sich diese Frage im Rahmen einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stellen. Das Berufungsgericht sieht in der Mitteilung der Stadt Stettin vom 5. Mai 2005 aus dem Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen dafür, dass der Kläger dort einen ordentlichen Wohnsitz nur für rund drei Monate, nicht aber - wie nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG erforderlich - für die Dauer von 185 Tagen hatte. Nicht festgestellt hat das Berufungsgericht hingegen, dass der Kläger jedenfalls die Absicht eines Aufenthalts von 185 Tagen hatte; erst dann könnte die aufgeworfene Frage aber - abgesehen von den weiteren Voraussetzungen - überhaupt Relevanz für ein mögliches Revisionsverfahren gewinnen. Eine solche Absicht hatte der Kläger im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Übrigen schon gar nicht behauptet, in der Berufungsbegründung wird vielmehr darauf abgestellt, der Kläger sei offenbar Student gewesen, so dass die 185-Tage-Regelung für ihn nicht gelte.

7

Abgesehen davon ergibt sich aus Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG, wonach als ordentlicher Wohnsitz im Sinne der Richtlinie der Ort gilt, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich "wohnt", zweifelsfrei, dass allein die Absicht des Wohnens nicht genügt.

8

b) Soweit der Kläger dem angegriffenen Urteil die - vermeintlich - neue "Behauptung" des Berufungsgerichts entnimmt, einer "Straßenverkehrsbehörde" sei es aufgrund des ihr zustehenden Zugriffsrechts erlaubt, die ausländische Fahrerlaubnis zunächst einmal anzuerkennen und dann ein förmliches Aberkennungsverfahren einzuleiten, werden zum einen Wortlaut und Sinn dieser Aussage im berufungsgerichtlichen Urteil verfälscht; dort ist nur davon die Rede, der Fahrerlaubnisbehörde sei es nicht verwehrt, die Gültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis in Übereinstimmung mit dem Kläger zu unterstellen und dann ein Aberkennungsverfahren durchzuführen (UA Rn. 36). Zum anderen wird in der Beschwerde nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise eine im Revisionsverfahren zu klärende konkrete Fragestellung herausgearbeitet; das wäre umso mehr geboten gewesen, als der vom Kläger aufgegriffene Absatz des berufungsgerichtlichen Urteils im Wesentlichen eine Passage aus dem Urteil des Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 - übernimmt (BVerwGE 132, 315 Rn. 25 = Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 2). Aus diesem Urteil ergibt sich im Übrigen klar, dass die deutsche Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen die Befugnis, von seiner in einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, nur dann aberkennen darf, wenn das mit dem sich aus der Führerscheinrichtlinie ergebenden Anerkennungsgrundsatz vereinbar ist (a.a.O. Rn. 27 ff.); den vom Kläger unterstellten Widerspruch gibt es also nicht.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Kley
Liebler
Buchheister

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