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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 10.11.2010, Az.: BVerwG 6 PB 13.10
Vorliegen eines Mangels in der Begründung einer Entscheidung einer Dienststelle über Einwendungen eines Personalrats im Mitwirkungsverfahren nach § 72 Abs. 3 Hessisches Personalvertretungsgesetz (HePersVG)
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 10.11.2010
Referenz: JurionRS 2010, 27452
Aktenzeichen: BVerwG 6 PB 13.10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Frankfurt am Main - 16.11.2009 - AZ: 23 K 2720/09.F.PV

VGH Hessen - 15.04.2010 - AZ: VGH 22 A 3190/09.PV

Rechtsgrundlagen:

§ 7 Abs. 1 S. 2 HePersVG

§ 62 Abs. 2 HePersVG

§ 72 Abs. 3 HePersVG

§ 72 Abs. 5 S. 1 HePersVG

§ 72 Abs. 6 S. 1 HePersVG

§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

§ 92 Abs. 1 S. 2 ArbGG

Fundstellen:

DÖV 2011, 204

Städtetag 2011, 50

VR 2011, 106

ZfPR 2011, 42 (amtl. Leitsatz)

ZfPR online 2011, 10-11 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

ZTR 2011, 254

BVerwG, 10.11.2010 - BVerwG 6 PB 13.10

Amtlicher Leitsatz:

Die Entscheidung der Dienststelle über die Einwendungen des Personalrats im Mitwirkungsverfahren nach § 72 Abs. 3 HePersVG leidet nur dann unter einem Begründungsmangel, wenn die Gründe fehlen oder wenn der Personalrat anhand der angegebenen Gründe nicht sachgerecht beurteilen kann, ob er von seinem Recht zur Anrufung der übergeordneten Dienststelle bzw. der obersten Dienstbehörde Gebrauch machen soll.

In der Personalvertretungssache
...
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. November 2010
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Vormeier
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs - Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) - vom 15. April 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 111 Abs. 3 Satz 1 HePersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

2

Die Beschwerde ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - nicht begründet. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.

3

Der Antragsteller will geklärt wissen, ob die Dienststelle bei der schriftlichen Mitteilung ihrer Entscheidung nach § 72 Abs. 3 HePersVG die Gründe für die Zurückweisung von Einwendungen des Personalrats anzugeben hat, ob insoweit die Bezugnahme auf frühere Mitteilungen ausreicht, ob eine solche Bezugnahme ausdrücklich zu geschehen hat und ob es schließlich genügt, dass für den Personalrat die Gründe bzw. die Motivlage der Dienststelle für die Zurückweisung von Einwendungen bloß erkennbar sind. Diese Fragen sind eindeutig im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs zu beantworten, so dass es zu ihrer Klärung der Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht bedarf.

4

Nach § 72 Abs. 3 HePersVG teilt die Dienststelle, wenn sie im Mitwirkungsverfahren den Einwendungen des Personalrats nicht oder nicht in vollem Umfang entspricht, dem Personalrat ihre Entscheidung unter Angabe der Gründe innerhalb eines Monats schriftlich mit. Der Zugang dieser Mitteilung löst, wenn nicht die oberste Dienstbehörde entschieden hat, im staatlichen Bereich regelmäßig die Zwei-Wochen-Frist aus, innerhalb derer der Personalrat nach § 72 Abs. 5 Satz 1 HePersVG die Angelegenheit der übergeordneten Dienststelle zur Durchführung des Stufenverfahrens vorlegen kann (vgl. dazu Hohmann, in: v. Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, § 72 Rn. 67). Im kommunalen Bereich, um den es hier geht, gilt § 72 Abs. 6 Satz 1 HePersVG. Danach kann der Personalrat einer Gemeinde, wozu auch derjenige in einem Eigenbetrieb oder einem Krankenhaus zählt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 HePersVG), innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung nach § 72 Abs. 3 HePersVG die Entscheidung des Gemeindevorstandes beantragen. Hier setzt die fristgerecht zugegangene Mitteilung nach § 72 Abs. 3 HePersVG die Zwei-Wochen-Frist für die Anrufung der obersten Dienstbehörde durch den Personalrat stets in Lauf (vgl. Hohmann, a.a.O. § 72 Rn. 90). Macht der Personalrat von seinem Recht auf Anrufung der übergeordneten Dienststelle bzw. der obersten Dienstbehörde nicht fristgerecht Gebrauch, so ist das Mitwirkungsverfahren abgeschlossen; die beabsichtigte Maßnahme kann durchgeführt werden (vgl. Gerhold, in Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 72 Rn. 27; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 72 Rn. 13; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 72 Rn. 16; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 72 Rn. 14).

5

Angesichts dessen dürfen die Anforderungen an die Begründungspflicht der Dienststelle nach § 72 Abs. 3 HePersVG nicht überspannt werden. Stellt die Begründung den Personalrat nicht zufrieden, etwa weil sie seiner Argumentation nicht oder nur unzureichend Rechnung trägt, so liegt es nahe, fristgerecht die übergeordnete Dienststelle bzw. die oberste Dienstbehörde anzurufen. Denn das Verfahren "auf der höheren Ebene" dient gerade dazu, dass sich der Personalrat mit Argumenten Gehör verschafft, welcher auf der unteren Verwaltungsebene unberücksichtigt geblieben sind. Macht der Personalrat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, so ist er regelmäßig gehindert, den nicht ordnungsgemäßen Abschluss des Mitwirkungsverfahrens zu rügen. Abweichendes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die Begründung fehlt oder mit einem Mangel behaftet ist, der einer fehlenden Begründung gleichzuachten ist. Das ist der Fall, wenn der Personalrat anhand der gegebenen Begründung nicht sachgerecht beurteilen kann, ob er von seinem Anrufungsrecht nach § 72 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 HePersVG Gebrauch machen soll. Dem entspricht es, dass in Rechtsprechung und Literatur der Zusammenhang zwischen der Qualität der Begründung durch die Dienststelle und der Anrufung der höheren Stelle durch den Personalrat betont wird (vgl. Urteil vom 26. Juli 1984 - 1 D 57/83 - BVerwGE 76, 181 <183>; Gerhold, a.a.O. § 72 Rn. 27; Altvater u.a., a.a.O. § 72 Rn. 13; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 72 Rn. 14; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 72 Rn. 14). Nur in den vorbezeichneten Fällen ist es gerechtfertigt, die bei Fristablauf nach § 72 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 HePersVG regelmäßig gegebene Rechtsfolge, nämlich den Abschluss des Mitwirkungsverfahrens als Grundlage für die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme, nicht eintreten zu lassen.

6

Mit Rücksicht darauf leidet die Entscheidung der Dienststelle nach § 72 Abs. 3 HePersVG nicht unter einem Begründungsmangel, wenn sie auf Unterlagen Bezug nimmt, die dem Personalrat im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens zum Zwecke der Unterrichtung nach § 62 Abs. 2 HePersVG zur Verfügung gestellt wurden. Die Bezugnahme muss nicht ausdrücklich geschehen, weil erwartet werden kann, dass der Personalrat die Unterlagen zur Kenntnis genommen und verarbeitet hat. Es reicht aus, dass der Personalrat aus der abschließenden Mitteilung in Verbindung mit den im Mitwirkungsverfahren überreichten Unterlagen ersehen kann, welche Haltung die Dienststelle zu seinen Einwendungen und Vorschlägen einnimmt. Zu Recht haben die Vorinstanzen hier darauf abgestellt, dass der Beteiligte seinem Schreiben vom 8. Juli 2009, durch welches er das Mitwirkungsverfahren förmlich eingeleitet hatte, auf die bereits ausgehändigten Fragenkataloge des Antragsstellers nebst Beantwortung durch die Dienststelle Bezug genommen hatte.

Neumann
Büge
Vormeier

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