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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 01.11.2010, Az.: BVerwG 3 B 67.10
Beschwerdegrund der Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Falle der Einordnung eines Weges als nicht öffentlich auf Grund einer Eintragung der Ackerinteressenten als Eigentümer im Liegenschaftsbuch
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.11.2010
Referenz: JurionRS 2010, 27999
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 67.10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Gera - 08.04.2010 - AZ: VG 6 K 676/08 Ge

BVerwG, 01.11.2010 - BVerwG 3 B 67.10

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. November 2010
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und Dr. Wysk
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 8. April 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Gründe

I

1

Die klagende Gemeinde beansprucht die Zuordnung oder die öffentliche Restitution eines früher als Weg genutzten Flurstücks. Sie hat sich darauf berufen, dass es sich um einen öffentlichen Weg im früheren Eigentum einer Ackerinteressentenschaft gehandelt habe; das Eigentum sei aufgrund eines thüringischen Gesetzes aus dem Jahre 1947 vor der späteren Überführung der Fläche in Volkseigentum auf die Gemeinde übergegangen, in deren Gebiet der Grundbesitz gelegen habe, und damit auf ihre Funktionsvorgängerin.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Zuordnung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 oder Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 des Einigungsvertrages - EV - könne die Klägerin nicht verlangen, weil das Flurstück am 3. Oktober 1990 weder der Erfüllung kommunaler Aufgaben gedient habe noch für kommunale Zwecke genutzt worden sei. Die Klägerin habe auch keinen Restitutionsanspruch nach Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 EV; denn es stehe nicht fest, dass das Flurstück bei seiner Überführung in Volkseigentum im Eigentum der Altgemeinde D. gestanden habe. Vielmehr könne das private Eigentum der Ackerinteressenten D. nicht ausgeschlossen werden, weil im Liegenschaftsbuch des Kreises E. aus dem Jahre 1957 als Eigentümer "öffentliche Wege und Gewässer resp. Ackerinteressenten der Flur D." verzeichnet seien.

II

3

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es ist weder die nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gerügte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erkennbar, noch weist die Rechtssache die nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung auf.

4

1.

Nach Auffassung der Klägerin weicht das angegriffene Urteil von dem Urteil des Senats vom 21. Juni 2007 - BVerwG 3 C 32.06 - (Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 58) ab, weil das Verwaltungsgericht annehme, dass das Flurstück als Privatweg im Eigentum der Ackerinteressenten gestanden habe, obwohl nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im herangezogenen Urteil davon auszugehen sei, dass Interessentengemeinschaften praktisch nirgends Eigentümer öffentlicher Wege gewesen seien.

5

Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen eine Tatfrage zum Gegenstand hat und schon deswegen keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bezeichnet, ist auch der von der Klägerin gerügte Widerspruch zwischen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht hat keineswegs in Frage gestellt, dass Interessentengemeinschaften regelmäßig kein Eigentum an öffentlichen Wegen hatten; es hat vielmehr aus dem von ihm festgestellten Umstand, dass die Ackerinteressenten im Liegenschaftsbuch als Eigentümer genannt würden, gefolgert, dass es sich bei dem in Rede stehenden Feldweg nicht um einen öffentlichen Weg gehandelt haben könne. Es hat damit die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Grundlage seiner Schlussfolgerungen und sich damit zu eigen gemacht.

6

Eine andere, von der Beschwerde jedoch nicht aufgeworfene Frage ist es, ob der Liegenschaftsbucheintragung tatsächlich entnommen werden kann, dass die Ackerinteressenten Eigentümer des umstrittenen Wegeflurstücks gewesen sind. Bei dieser Feststellung hat das Verwaltungsgericht ausgeblendet, dass sich diese Eintragung im Liegenschaftsbuch auf eine Vielzahl von Flurstücken bezieht und daher zwanglos dahin verstanden werden kann, dass es sich bei ihnen entweder um öffentliche Wege und Gewässer oder um Flächen handelt, die im Eigentum der Ackerinteressenten stehen. Dieses naheliegende Verständnis wäre ohne Weiteres mit der das Urteil des Verwaltungsgerichts tragenden Feststellung vereinbar, dass das Eigentum der Ackerinteressenten an dem umstrittenen Grundstück nicht ausgeschlossen werden kann; es zwänge aber nicht zu der weitergehenden Annahme des Verwaltungsgerichts, dass es sich um einen Privatweg gehandelt haben muss; denn diese Annahme wäre nur berechtigt, wenn das frühere Eigentum der Ackerinteressenten positiv feststünde.

7

2.

Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen kann. Die Klägerin hält sinngemäß für klärungsbedürftig, ob und inwieweit Eintragungen im Liegenschaftsbuch, die Interessentengemeinschaften erwähnen, als Nachweis für deren Eigentum an öffentlichen Wegen in Betracht kommen. Diese Frage geht bereits an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorbei, das - wie oben dargelegt - gerade nicht von einem Eigentum der Ackerinteressenten an einem öffentlichen Weg ausgegangen ist.

8

Unabhängig davon versteht es sich einerseits von selbst und bedarf nicht der Beantwortung in einem Revisionsverfahren, dass Eintragungen in Liegenschaftsbüchern für die Ermittlung früherer Grundstückseigentümer durchaus von Bedeutung sein können; andererseits liegt es ebenso auf der Hand, dass es sich nach den jeweiligen Einzelumständen bestimmt und daher nicht über den Fall hinausweisend entschieden werden kann, welcher Beweiswert einer konkreten Eintragung zukommt.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG nicht erhoben. Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.

Kley
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Dr. Wysk

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