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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 15.07.2010, Az.: BVerwG 8 B 4.10
Wirkung der Bindung an die Feststellungen eines Rehabilitierungsbescheides zu Lasten eines nicht am Rehablitierungsverfahren beteiligten Verfügungsberechtigten; Verteidigung durch Erhebung von Einwendungen durch einen Verfügungsberechtigten in dem dem Rehabilitierungsverfahren nachfolgenden Restitutionsverfahren bei fehlender Beteiligung am Rehabilitierungsverfahren
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 15.07.2010
Referenz: JurionRS 2010, 21571
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 4.10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Magdeburg - 10.11.2009 - AZ: VG 5 A 306/08 MD

Rechtsgrundlage:

§ 1 Abs. 7 VermG

BVerwG, 15.07.2010 - BVerwG 8 B 4.10

Redaktioneller Leitsatz:

Soweit die grundsätzlich bestehende Bindung an die Feststellungen eines Rehabilitierungsbescheides nicht zu Lasten eines Verfügungsberechtigten wirkt, der am Rehabilitierungsverfahren nicht beteiligt war, gilt dies auch für den Fall einer strafrechtlichen Rehabilitierung.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juli 2010
durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 10. November 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 250 000 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

Hat - wie hier - das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser tragenden Begründungen des Verwaltungsgerichts mindestens ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird, der die Zulassung rechtfertigt (vgl. Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4 und vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15). Diese Voraussetzung wird von der Beschwerde der Klägerin nicht erfüllt. Jedenfalls liegt zur zweiten Begründungsalternative kein durchgreifender Zulassungsgrund vor.

3

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung zum einen darauf gestützt, dass die Rechtsfolgenverweisung des § 1 Abs. 7 VermG nur bei einer nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung der vermögensentziehenden Maßnahme eingreife und die isolierte Entscheidung über die Rehabilitierung als solche nicht ausreiche. Zum anderen könne die Klage keinen Erfolg haben, weil die Beigeladene nicht an dem Rehabilitierungsverfahren beteiligt war und deshalb die Rehabilitierungsentscheidung ihr gegenüber keine Bindungswirkung entfalte.

4

Der von der Beschwerde hinsichtlich der zweiten Begründung geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage:

Mit welchen Einwendungen kann sich der Verfügungsberechtigte in dem dem Rehabilitierungsverfahren nachfolgenden Restitutionsverfahren verteidigen, wenn er aus Rechtsgründen nicht am Rehabilitierungsverfahren beteiligt werden konnte? 5 Die Beantwortung dieser Frage bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die grundsätzlich bestehende Bindung an die Feststellungen eines Rehabilitierungsbescheides nicht zu Lasten eines Verfügungsberechtigten wirkt, der am Rehabilitierungsverfahren nicht beteiligt war. Für den Verfügungsberechtigten ist der Rehabilitierungsbescheid der Rechtsgrund, aus dem ihm sein Eigentum an dem Vermögenswert entzogen und auf den Berechtigten übertragen wird. Den Entzug seines Eigentums als Rechtsfolge der Rehabilitierung muss er nur auf einer rechtmäßigen Grundlage hinnehmen. Er muss die Möglichkeit haben, eine Fehlerhaftigkeit des Rehabilitierungsbescheides gerichtlich geltend zu machen (vgl. Urteile vom 24. Juni 2004 - BVerwG 7 C 21.03 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 14 und vom 19. Mai 2005 - BVerwG 7 C 18.04 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 15).

6

Diese zunächst zu verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungen ergangene Rechtsprechung gilt auch für den Fall einer strafrechtlichen Rehabilitierung (vgl. Urteil vom 6. August 2008 - BVerwG 8 C 2.08 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 19 Rn. 23). Damit ist im Restitutionsverfahren in vollem Umfang die Berechtigung zu überprüfen.

7

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, welche Einwendungen der Verfügungsberechtigte in dem Restitutionsverfahren vorbringen kann, beantwortet sich damit von selbst: Da die Rehabilitierungsentscheidung gegenstandslos ist und im Restitutionsverfahren in vollem Umfang die Berechtigung überprüft wird, kann die beigeladene Verfügungsberechtigte alle dies in Frage stellenden Einwendungen vorbringen. Nur so ist ihr wirkungsvoller Rechtsschutz gesichert.

8

Die darüber hinaus von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Rechtsfrage, liegt es in der Kompetenz eines Verwaltungsgerichts, die Entscheidung des Rehabilitierungsgerichts im Verfahren auf strafrechtliche Rehabilitierung daraufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes erfüllt sind, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Da die Rehabilitierungsentscheidung gegenstandslos ist, hat das Verwaltungsgericht nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes vorliegen, sondern ob die Voraussetzungen einer vermögensrechtlichen Berechtigung gegeben sind.

9

Da hinsichtlich der selbstständig tragenden zweiten Begründung des angefochtenen Urteils ein Revisionszulassungsgrund nicht vorliegt, kommt es auf die von der Beschwerde hinsichtlich der ersten Begründung des Verwaltungsgerichts (keine Anwendung des § 1 Abs. 7 VermG, wenn die Vermögensentziehung nur für rechtsstaatswidrig erklärt, nicht aber förmlich aufgehoben ist) geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht mehr an.

10

Von einer weiteren Begründung der Beschwerde sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dr. von Heimburg
Dr. Deiseroth
Dr. Hauser

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