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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 14.12.2009, Az.: BVerwG 6 P 16.08
Wahlberechtigung und Wählbarkeit von Beamten und Arbeitnehmern der Bundeswehr zum Personalrat bei Zuweisung einer Tätigkeit in einem privaten Wirtschaftsunternehmen; Auswirkungen der Bestimmung einer anderen Dienststelle zur personalbearbeitenden Dienststelle auf die Wählbarkeit und Wahlberechtigung von Beamten und Arbeitnehmern der Bundeswehr zum Personalrat
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.12.2009
Referenz: JurionRS 2009, 30899
Aktenzeichen: BVerwG 6 P 16.08
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Mainz - 14.02.2008 - AZ: VG 2 K 172/07

OVG Rheinland-Pfalz - 07.08.2008 - AZ: 4 A 10246/08

Rechtsgrundlagen:

§ 13 BPersVG

§ 14 BPersVG

§ 2 BwKoopG

§ 3 BwKoopG

§ 29 BBG

Fundstellen:

BVerwGE 135, 384 - 394

JZ 2010, 248

NZA 2010, 14

NZA-RR 2010, 274-277

PersV 2010, 220-223

ZfPR 2010, 70 (amtl. Leitsatz)

ZfPR online 2010, 3-6 (Volltext mit amtl. LS)

BVerwG, 14.12.2009 - BVerwG 6 P 16.08

Amtlicher Leitsatz:

Beamte und Arbeitnehmer der Bundeswehr bleiben zum Personalrat ihrer Beschäftigungsdienststelle wahlberechtigt und wählbar, wenn ihnen im Rahmen eines Kooperationsprojekts eine Tätigkeit in einem privaten Wirtschaftsunternehmen zugewiesen wird; die Bestimmung einer anderen Dienststelle zur personalbearbeitenden Dienststelle ändert daran nichts.

In der Personalvertretungssache
...
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Dezember 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Vormeier, Dr. Bier und Dr. Möller
beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Fachsenat für Personalvertretungssachen - Bund -) vom 7. August 2008 sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. Februar 2008 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die im Rahmen des Projekts "Herkules" an die BWI-Informationstechnik GmbH und an die BWI-Systeme-GmbH gestellten oder zugewiesenen Beamten und Arbeitnehmer der Bundeswehr im Falle ihrer "Versetzung" an das Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr nicht Beschäftigte dieses Amtes werden und damit nicht für den Antragsteller wahlberechtigt und wählbar sind.

Gründe

I

1

Am 28. Dezember 2006 unterzeichneten der Beteiligte für den Bund und ein Firmenkonsortium den Vertrag zum IT-Projekt Herkules. Hiermit soll der Bundeswehr ein leistungsfähiges informationstechnisches System für den Betrieb im Inland bereitgestellt werden. Mit dem Vertrag wurden IT-Aufgaben übertragen, die ursprünglich von rund 250 Dienststellen der Bundeswehr durch das dortige Personal wahrgenommen wurden. Zur Umsetzung des Projekts wurden die BWI-Informationstechnik GmbH und die BWI-Systeme-GmbH gegründet. Diesen beiden Gesellschaften wurde das mit IT-Aufgaben betraute Personal der Bundeswehr zur Verfügung gestellt. Die Rechtsbeziehungen sind in Personalgestellungsverträgen geregelt. Während danach die personalrechtlich relevanten Entscheidungen beim Bund verblieben sind, hat er das Direktions- bzw. Weisungsrecht hinsichtlich der Ausführungen der übertragenen Aufgaben und des Verhaltens am Arbeitsplatz auf die Gesellschaften übertragen.

2

Ab 28. März 2007 wurden die Beamten und Arbeitnehmer den Gesellschaften gestellt bzw. zugewiesen. Sodann wurden sie durch als Versetzung bezeichnete Maßnahmen dem Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr (IT-AmtBw) zugeordnet. Ihre Dienstposten wurden in den bisherigen Dienststellen gestrichen und im IT-AmtBw neu eingerichtet. Dieses wurde zur personalbearbeitenden Dienststelle bestimmt.

3

Das im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren verfolgte Begehren des Personalrats des Bundesamts auf Feststellung,

 dass die im Rahmen des IT-Projekts Herkules von Seiten der Bundeswehr an die BWI-Informationstechnik GmbH und an die BWI-Systeme-GmbH gestellten und/oder zugewiesenen/kommandierten Beschäftigten der Bundeswehr im Falle ihrer in Aussicht genommenen "Versetzung" bzw. nach ihrer "Versetzung" an das IT-AmtBw nicht Beschäftigte dieses Amtes und damit nicht für den Antragsteller aktiv und/oder passiv wahlberechtigt werden bzw. sind,

hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Weder das aktive noch das passive Wahlrecht von in die Dienststelle versetzten Beschäftigten, die der BWI-Informationstechnik GmbH bzw. der BWI-Systeme-GmbH gestellt bzw. zugewiesen seien, hingen von ihrer tatsächlichen Eingliederung in die Dienststelle gemäß §§ 13, 14 BPersVG ab. Die Wahlberechtigung und Wählbarkeit der Betroffenen folge vielmehr ausschließlich aus den Regelungen der §§ 2 und 3 BwKoopG. Danach blieben die Beschäftigten trotz ihrer Zuweisung zu Wirtschaftsunternehmen, mit denen die Bundeswehr eine Kooperation eingegangen sei, zum Personalrat ihrer Dienststelle wahlberechtigt und seien in Verbindung mit § 14 BPersVG wählbar. Die Bestimmungen des Kooperationsgesetzes der Bundeswehr hätten Geltung, soweit und solange den Betroffenen eine Tätigkeit in einem Kooperationsunternehmen zugewiesen sei. Dies treffe für die in den Bereich des Beteiligten versetzten Beschäftigten, die zum Zeitpunkt ihrer Gestellung bzw. Zuweisung anderen Dienststellen angehört hätten, nach wie vor zu. Sie seien daher gemäß § 2 BwKoopG unverändert zum Personalrat ihrer Dienststelle wahlberechtigt. Die gegenwärtige Dienststelle der Betroffenen sei diejenige des Beteiligten. Frühere Dienststellen stellten hingegen keine Dienststellen im Sinne des § 2 BwKoopG dar, da die Vorschrift i.V.m. § 1 BwKoopG nicht auf die dienstrechtliche Zuordnung der Betroffenen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung abstelle, sondern eine fortwirkende Regelung für die Dauer der Zuweisung der Betroffenen zu einem Kooperationsunternehmen treffe. Bei dieser Auslegung werde ein Verlust der Beteiligungsrechte für die Fälle vermieden, in denen frühere Dienststellen der Bundeswehr von gestellten bzw. zugewiesenen Beschäftigten aufgelöst würden. Die Dienststelle des Beteiligten sei die gegenwärtige Dienststelle des angesprochenen Personenkreises im Sinne des § 2 BwKoopG. Der Beteiligte sei ausschließlich zuständig für die beim Bund verbliebenen statusrechtlichen und sonstigen personalrechtlichen Kompetenzen. Solche würden von den früheren Dienststellen der Betroffenen nicht mehr wahrgenommen.

4

Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Der Wortlaut der Regelung in § 2 BwKoopG ("wahlberechtigt bleiben") bringe zum Ausdruck, dass - unabhängig von der nachfolgenden partiellen Übertragung von Personalbearbeitungszuständigkeiten insbesondere in statusrechtlichen und arbeitsvertraglichen Angelegenheiten - eine fortbestehende Eingliederung der Betroffenen in ihre Herkunftsdienststellen und damit die entsprechende Wahlberechtigung angenommen werde, obwohl der größte Teil der Weisungsbefugnisse aus der Hand gegeben und an die privatrechtlichen Gesellschaften überantwortet worden sei. Entsprechendes folge aus § 3 Satz 2 BwKoopG, wonach die Beschäftigung in einem Kooperationsbetrieb als Beschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BPersVG gelte. Das IT-AmtBw könne auch deswegen nicht als Dienststelle der Beschäftigten angesehen werden, weil es sich bei der Abgabe von personalbearbeitenden Funktionen nicht um eine Versetzung im beamten- und tarifrechtlichen und damit auch nicht im personalvertretungsrechtlichen Sinne handele. Da die Abgabe statusrechtlicher Kompetenzen nicht mit einer Eingliederung in den Dienststellenbetrieb beim IT-AmtBw verbunden sei, könne sie nicht dazu führen, dass die bisher in anderen Dienststellen Beschäftigten nunmehr Beschäftigte des IT-AmtsBw würden. Das Erfordernis tatsächlicher Eingliederung gewährleiste eine wirksame, ortsnahe Vertretung der Betroffenen. Eine wirksame Vertretung für alle den IT-Gesellschaften gestellten bzw. zugewiesenen Beschäftigten durch den örtlichen Personalrat beim IT-AmtBw sei nicht praktikabel.

5

Der Beteiligte verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss.

II

6

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Er ist daher - ebenso wie der durch ihn bestätigte erstinstanzliche Beschluss - aufzuheben; da der Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist festzustellen, dass die an die Kooperationspartner des Projekts "Herkules" gestellten oder zugewiesenen Beamten und Arbeitnehmer der Bundeswehr im Falle ihrer "Versetzung" an das IT-AmtBw nicht Beschäftigte dieses Amtes werden und damit für den Antragsteller weder wahlberechtigt noch wählbar sind.

7

1.

Das Begehren des Antragstellers ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG zulässig. Es bedarf allerdings in zweifacher Hinsicht der Auslegung.

8

a)

Ausweislich seiner Ausführungen im Rechtsbeschwerdeverfahren sowie in den Vorinstanzen geht es dem Antragsteller darum, den personalvertretungsrechtlichen Status der in Rede stehenden Beschäftigten in Bezug auf "seine" Dienststelle, das IT-AmtBw, gerichtlich klären zu lassen. Davon ist abhängig, ob der Antragsteller von jenen Beschäftigten mit zu wählen ist und ob er bei Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse deren Interessen mit zu vertreten hat. Für ein dahingehendes Begehren unterliegen Antragsbefugnis, Feststellungsinteresse und Rechtsschutzbedürfnis keinen Zweifeln (vgl. Beschlüsse vom 23. September 2004 - BVerwG 6 P 5.04 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 77 S. 5 f. und - BVerwG 6 P 2.04 - Buchholz 252 § 49 SBG Nr. 2 S. 9). Mit Blick darauf stellt sich die erstmalige Aufnahme des Wortes "gewesen" in die Antragsformulierung der Rechtsbeschwerdeschrift als bloßes Redaktionsversehen dar. Für eine gutachtliche Äußerung des Gerichts zu einem in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Sachverhalt ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren kein Raum (vgl. Beschluss vom 9. Juli 2007 - BVerwG 6 P 9.06 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 30 Rn. 13 m.w.N.).

9

b)

Der Antrag ist ferner dahin zu verstehen, dass es sich bei dem von ihm erfassten Personenkreis lediglich um Beamte und Arbeitnehmer, nicht aber auch um Soldaten handelt. Zwar deutet die Antragsformulierung "gestellte und/oder zugewiesene/kommandierte Beschäftigte der Bundeswehr" mit dem Wort "kommandierte" auf die Einbeziehung von Soldaten hin. Doch ist bereits in der ersten Instanz geklärt worden, dass die für die Tätigkeit in den Kooperationsunternehmen vorgesehenen Soldaten - im Gegensatz zu den betreffenden Beamten und Arbeitnehmern - dienstrechtlich nicht dem IT-AmtBw zugeordnet werden, sondern in ihrer bisherigen Dienststelle verbleiben (vgl. die vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Februar 2008 vorgelegte Verfügung des Beteiligten vom 1. Oktober 2007 S. 2 unten). Damit stellt sich für die Soldaten die im vorliegenden Verfahren aufgeworfene Rechtsproblematik nicht. Darauf hat der Beteiligte in der Rechtsbeschwerdeerwiderung (S. 3: Hinweis zu 2.2) zu Recht hingewiesen, ohne dass der Antragsteller dem entgegengetreten wäre. Es ist offenbar versehentlich unterblieben, die im Wesentlichen bereits in der Antragsschrift vom 21. März 2007 enthaltene Antragsformulierung um den soldatenspezifischen Terminus "kommandiert" zu bereinigen.

10

2.

Der Feststellungsantrag ist begründet. Das hier in Rede stehende Zivilpersonal der Bundeswehr wird mit seiner Gestellung bzw. Zuweisung an die BWI-Informationstechnik GmbH und an die BWI-Systeme-GmbH und der nachfolgenden "Versetzung" an das IT-AmtBw nicht zu wahlberechtigten und wählbaren Beschäftigten dieses Amtes.

11

a)

Solches folgt - von den Spezialvorschriften des Kooperationsgesetzes der Bundeswehr vom 30. Juli 2004, BGBl. I S. 2027, zunächst abgesehen - nicht aus den allgemeinen Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes, insbesondere dessen § 13. Nach dieser Bestimmung setzt die Wahlberechtigung in der Dienststelle die Beschäftigteneigenschaft und Dienststellenzugehörigkeit voraus. Die Beschäftigteneigenschaft bestimmt sich nach § 4 BPersVG. Dienststellenzugehörig ist der Beschäftigte, der in die Dienststelle eingegliedert ist. Dies ist der Fall, wenn er dort nach Weisungen des Dienststellenleiters an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt (vgl. Beschlüsse vom 15. Mai 2002 - BVerwG 6 P 8.01 - BVerwGE 116, 242 <244> = Buchholz 250 § 29 BPersVG Nr. 4 S. 2 und vom 26. November 2008 - BVerwG 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 = Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 6 Rn. 25).

12

Die hier zugewiesenen bzw. gestellten Beamten und Arbeitnehmer stehen in einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis zum Bund und sind daher Beschäftigte (§ 4 Abs. 1 bis 3 BPersVG). Sie sind aber keine Beschäftigten des IT-AmtesBw. Sie sind dort nicht eingegliedert.

13

Die im zeitlichen Zusammenhang mit der Zuweisung bzw. Gestellung unter der Bezeichnung "Versetzung" vorgenommene dienstrechtliche Zuordnung zum IT-AmtBw kann die Eingliederung nicht bewirken. Denn diese Maßnahme zielt - im Widerspruch zur Definition der Versetzung im Beamten- und Tarifrecht (§ 28 Abs. 1 BBG und Protokollerklärung Nr. 2 zu § 4 Abs. 1 TVöD) - nicht darauf ab, im IT-AmtBw nach Weisung des Beteiligten an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken. Tatsächlich eingegliedert sind die betroffenen Beschäftigten vielmehr in die Kooperationsbetriebe, in denen sie nach Weisung des jeweiligen Betriebsinhabers die ihnen übertragenen Arbeiten verrichten (vgl. § 4 Abs. 1 des Personalgestellungsvertrages Herkules vom 28. Dezember 2006).

14

b)

Abweichendes folgt nicht aus den Bestimmungen des Kooperationsgesetzes der Bundeswehr. Im Gegenteil enthält dieses Gesetz eine Spezialregelung, die die vom Beteiligten befürwortete Annahme der Wahlberechtigung und Wählbarkeit beim IT-AmtBw ausschließt.

15

aa)

Das Kooperationsgesetz ist auf den hier in Rede stehenden Personenkreis anzuwenden. Nach seinem § 1 gilt es für Beamte und Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung, soweit und solange ihnen unter Beibehaltung ihres Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zum Bund eine Tätigkeit in einem Wirtschaftsunternehmen zugewiesen wurde, mit dem die Bundeswehr eine Kooperation eingegangen ist.

16

(1)

Der Begriff der Zuweisung in § 1 BwKoopG ist nicht im engen rechtstechnischen Sinne zu verstehen. Er meint vielmehr alle dienstrechtlichen Maßnahmen, aufgrund derer Beschäftigte der Bundeswehr unter Beibehaltung ihres Dienst- und Arbeitsverhältnisses zum Bund in einem Wirtschaftsunternehmen einer weisungsabhängigen Tätigkeit nachgehen. Erfasst sind daher alle dienst- und tarifrechtlichen Instrumente, auf welche sich der Personalgestellungsvertrag vom 28. Dezember 2006 bezieht (vgl. vor allem dessen Regelungen in § 1 Abs. 1, 2 und 5 sowie dazu Tz 5.2.2 Buchst. a bis c der Ministeriellen Implementierungsrichtlinie Herkules): die Zuweisung von Beamten nach § 29 BBG (früher § 123a BRRG), die Personalgestellung von Arbeitnehmern nach § 13 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen in Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TVUmBw) vom 18. Juli 2001 sowie die Zuweisung von Arbeitnehmern nach § 4 Abs. 2 TVöD (vgl. BTDrucks 15/2944 S. 11; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 1 BwKoopG Rn. 3; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 92 Rn. 54d).

17

(2)

Mit ihren Vertragspartnern beim Projekt Herkules ist die Bundeswehr eine Kooperation eingegangen. Eine Kooperation im Sinne von § 1 BwKoopG liegt vor, wenn Aufgaben der Bundeswehrverwaltung oder der Streitkräfte im Wege der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und einem Wirtschaftsunternehmen wahrgenommen werden (vgl. Altvater u.a., a.a.O. § 1 BwKoopG Rn. 2; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 92 Rn. 54c). Eine derartige Kooperation verwirklicht die Bundeswehr, indem sie in Zusammenarbeit mit den beteiligten Industrieunternehmen das Großprojekt "Herkules" zur umfassenden Modernisierung und zum Betrieb ihrer administrativen Informationstechnik und Kommunikationsnetze im Inland durchführt (vgl. BTDrucks 15/2944 S. 8; Fischer/ Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 92 Rn. 54b).

18

bb)

Nach § 2 BwKoopG bleiben Beamte und Arbeitnehmer zum Personalrat ihrer Dienststelle wahlberechtigt. Danach behalten die betroffenen Beschäftigten das aktive Wahlrecht in derjenigen Dienststelle, in welcher sie im Zeitpunkt der Zuweisung beschäftigt waren.

19

(1)

Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt dieses Verständnis nahe. Die Verwendung des Possessivpronomens ("ihre Dienststelle") zeigt, dass diejenige Dienststelle gemeint sein soll, zu welcher die betroffenen Beamten und Arbeitnehmer aufgrund ihrer dortigen Beschäftigung eine besondere Beziehung unterhalten. Das Wort "bleiben" macht deutlich, dass in Bezug auf das Wahlrecht der im Zeitpunkt der Zuweisung bestehende Zustand konserviert werden soll. Von der Möglichkeit einer Veränderung der für das Wahlrecht maßgebenden Umstände nach der Zuweisung ist in der Vorschrift nicht, auch nicht andeutungsweise, die Rede.

20

(2)

Diese Annahme wird durch den rechtssystematischen Zusammenhang mit § 13 Abs. 2 Satz 4 BPersVG bekräftigt. Nach dieser Bestimmung gelten in Fällen einer Zuweisung nach § 29 BBG oder aufgrund entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung hinsichtlich des Verlustes des Wahlrechts bei der alten Dienststelle die Regelungen in § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3 BPersVG entsprechend. Danach verliert der Beschäftigte das Wahlrecht in der alten Dienststelle, sobald die Zuweisung länger als drei Monate gedauert hat und wenn nicht feststeht, dass er binnen weiterer sechs Monate in die alte Dienststelle zurückkehren wird. An diese allgemeine Regelung zum Verlust des Wahlrechts bei Zuweisung knüpft § 2 BwKoopG an und bestimmt, dass in seinem speziellen Geltungsbereich die Rechtsfolge des § 13 Abs. 2 Satz 4 BPersVG nicht eintritt, die betroffenen Beschäftigten vielmehr - auf Dauer - zum Personalrat ihrer alten Dienststelle wahlberechtigt bleiben. Damit wird deutlich, dass sich der Verlust des Wahlrechts auf die "alte Dienststelle" im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 4 BPersVG bezieht, also auf diejenige Dienststelle, in welcher der Betreffende im Zeitpunkt seiner Zuweisung beschäftigt war.

21

(3)

Entsprechende Hinweise geben andere Bestimmungen des Kooperationsgesetzes der Bundeswehr. So trifft § 4 BwKoopG Regelungen für den Fall, dass Soldaten einer für Soldaten personalratsfähigen Dienststelle oder einem Wahlbereich nach § 2 Abs. 1 SBG "angehören". § 7 Abs. 2 BwKoopG bestimmt den Übergangspersonalrat für den Fall, dass dem Kooperationsbetrieb "Angehörige" mehrerer Dienststellen zugewiesen werden. Die genannten Vorschriften belegen ebenfalls, dass das Kooperationsgesetz der Bundeswehr in seinen personalvertretungsrechtlichen Bezügen auf diejenige Dienststelle abstellt, in welche der Beschäftigte im Zeitpunkt seiner Zuweisung durch Verrichtung weisungsabhängiger Arbeit eingegliedert war.

22

(4)

Ein gegenläufiges systematisches Argument ergibt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus § 1 BwKoopG, worin die Anwendung des Gesetzes angeordnet wird, "soweit und solange" den betreffenden Beschäftigten eine Tätigkeit in einem Kooperationsbetrieb zugewiesen ist. Diese Regelung legt den persönlichen und zeitlichen Geltungsbereich des Gesetzes fest, trifft aber keine Aussage dazu, in welcher Dienststelle das Wahlrecht zu einem Personalrat während des Zuweisungszeitraums ausgeübt wird. Dazu verhalten sich vielmehr die nachfolgenden Bestimmungen.

23

(5)

Die historische Auslegung ist eindeutig. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es zu § 2 BwKoopG unmissverständlich: "Mit der Vorschrift wird erreicht, dass das bestehende Wahlrecht zum Personalrat der Beschäftigungsdienststelle nicht mit der Eingliederung in die Arbeitsabläufe des Betriebs einer Kooperation verloren geht" (BTDrucks 15/2944 S. 9).

24

Im Gegensatz dazu wird in der Kommentarliteratur aus der Darstellung der Vorgänge um die BundeswehrFuhrparkService-GmbH im Allgemeinen Teil der Entwurfsbegründung (BTDrucks 15/2944 S. 8) hergeleitet, das Wahlrecht bestehe in der personalbearbeitenden Dienststelle fort, zu welcher der Beschäftigte im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Zuweisung "versetzt" werde (Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 92 Rn. 54d; dem folgend Altvater u.a., a.a.O. § 2 BwKoopG Rn. 2). Diese Annahme entbehrt nicht jeglicher Grundlage, wenn man die Regelung in § 92 Nr. 1 BPersVG hinzudenkt. Die Schlussfolgerung verbietet sich gleichwohl, weil damit etwa angesprochene komplizierte tatsächliche und rechtliche Zusammenhänge, die sich allenfalls Kennern der Materie erschließen, weder im Gesetzgebungsverfahren offengelegt noch im Wortlaut des Gesetzes wenigstens angedeutet worden sind und deswegen nicht von der Willensentschließung des parlamentarischen Gesetzgebers erfasst gewesen sein können. Dieser hat vielmehr der Gesetzesvorlage auf der Grundlage der Entwurfsbegründung zu § 2 BwKoopG zugestimmt, welcher im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut eindeutig und unmissverständlich zu entnehmen war, dass das Wahlrecht zum Personalrat der Beschäftigungsdienststelle erhalten bleiben sollte.

25

(6)

Sinn und Zweck der Regelung über die Beibehaltung des Wahlrechts gebieten es, dass dieses in der Beschäftigungsdienststelle ausgeübt wird, also in derjenigen Dienststelle, in welche der Beschäftigte bei Wirksamwerden der Zuweisung eingegliedert war.

26

Die Bestimmungen des Kooperationsgesetzes der Bundeswehr tragen dem Umstand Rechnung, dass der Bund für den zugewiesenen Personenkreis Dienstherr bzw. Arbeitgeber bleibt, während die Aufgabenerledigung im Kooperationsbetrieb nach Weisungen des dortigen Arbeitgebers stattfindet. Das doppelte Wahlrecht - zum Personalrat der Dienststelle einerseits (§§ 2, 3 BwKoopG) und zum Betriebsrat des Kooperationsbetriebes andererseits (§ 6 Abs. 1 BwKoopG) - soll sicherstellen, dass die gleichzeitige Zugehörigkeit des Personals zur Bundeswehr und zu einem privatwirtschaftlich organisierten Betrieb nicht mit dem Verlust von Beteiligungsrechten und dem Auftreten von Beteiligungslücken verbunden ist (BTDrucks 15/2944 S. 8).

27

Das Wahlrecht ist das Bindeglied zwischen den Beschäftigten der Dienststelle und ihrem Personalrat. Es ist die legitimierende Grundlage für die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten (vgl. Beschluss vom 15. Mai 2002 a.a.O. S. 250 bzw. S. 7). Sein für den Zuweisungszeitraum angeordneter Fortbestand darf sich daher nicht in einem bloßen Formalismus erschöpfen. Er muss vielmehr für den betroffenen Personenkreis materiell effektiv sein.

28

Die Beibehaltung des aktiven Wahlrechts zum Personalrat kommt am stärksten zur Geltung, wenn sie sich auf die Beschäftigungsdienststelle bezieht, in die der Beschäftigte zwar zum Wahlzeitpunkt nicht mehr eingegliedert ist, aber immerhin bis zu seiner Zuweisung zu dem Kooperationsbetrieb eingegliedert war. Denn in dieser Dienststelle hat der Beschäftigte typischerweise während der Zeit seiner Tätigkeit diejenigen sozialen Kontakte geknüpft, die ihn befähigen, von seinem Wahlrecht informiert Gebrauch zu machen. Die Wahlentscheidung wird wesentlich erschwert, wenn er sie in einer Dienststelle treffen muss, der er zu keinem Zeitpunkt als Beschäftigter angehört hat. Zwar stehen erst kurz vor der Personalratswahl eingestellte Beschäftigte vor einer ähnlichen Schwierigkeit. Doch nicht dieser Ausnahmefall, sondern der typische Fall einer bereits länger dauernden Beschäftigung in der Dienststelle muss die Auslegung steuern.

29

Der vorbezeichnete Aspekt gewinnt für das passive Wahlrecht noch an Bedeutung. Dessen Fortbestand garantiert § 3 BwKoopG in rechtssystematischer Anknüpfung an die Wahlberechtigung in § 2 BwKoopG, und zwar nach Maßgabe der allgemeinen Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 14 BPersVG und mit einer Modifikation zur erforderlichen Beschäftigungsdauer nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BPersVG (vgl. BTDrucks 15/2944 S. 9; Altvater u.a., a.a.O. § 3 BwKoopG Rn. 1; Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/ Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 13 Rn. 49a; Schleicher, PersV 2007, 295 <298>; zweifelnd Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 92 Rn. 54d). Der Erhalt der Wählbarkeit zum Personalrat ist für den zugewiesenen Beschäftigten nur in seiner ehemaligen Beschäftigungsdienststelle ein echter Gewinn. Denn nur dort ist er seinen Kollegen bekannt, vor allem im Falle eines dort bereits eingenommenen Personalratsmandats. Dagegen sind die Chancen einer Wahl zum Personalratsmitglied gering in einer Dienststelle, welcher der Betreffende niemals als Beschäftigter angehört hat.

30

c)

Entgegen den Ausführungen des Beteiligten hindert das vorstehende Auslegungsergebnis das Bundesministerium der Verteidigung nicht, die Dienststellen in seinem Verantwortungsbereich neu zu ordnen.

31

aa)

Wird die Beschäftigungsdienststelle mit einer anderen Dienststelle zusammengelegt, so ist die neue, vereinigte Dienststelle Rechtsnachfolgerin. Es ist daher folgerichtig, wenn das aktive und passive Wahlrecht in dieser Dienststelle ausgeübt wird.

32

bb)

Wird die Beschäftigungsdienststelle aufgelöst, so kann dem Anliegen der §§ 2, 3 BwKoopG nicht optimal Rechnung getragen werden. In diesem Fall erhält der betroffene Beschäftigte das Wahlrecht in derjenigen Dienststelle, welcher er dienstrechtlich zugeordnet wird (vgl. Altvater u.a., a.a.O. § 2 BwKoopG Rn. 2). Diese Lösung kommt dem Gesetzeszweck näher als der vollständige Verlust eines Wahlrechts zum Personalrat.

33

d)

Von der vorbezeichneten Auslegung unberührt bleibt die Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung, das IT-AmtBw für die im Rahmen des Projekts Herkules zugewiesenen bzw. gestellten Beamten und Arbeitnehmer zur personalbearbeitenden Dienststelle zu bestimmen. Gegen die Rechtswirksamkeit dieser organisationsrechtlichen Entscheidung wendet sich auch der Antragsteller nicht (vgl. S. 6 seines Schriftsatzes vom 27. September 2007 an das Verwaltungsgericht). Das damit verbundene Auseinanderfallen von Beschäftigungsdienststelle und entscheidungsbefugter Dienststelle ist in der personalvertretungsrechtlichen Praxis der Bundeswehr kein ungewöhnlicher Vorgang und auf der Grundlage der dafür vorgesehenen Bestimmungen zu bewältigen:

34

aa)

Soweit die betroffenen Beschäftigten aus dem dem IT-AmtBw nachgeordneten Zentrum für Informationstechnik der Bundeswehr (IT-ZentrumBw) stammen (vgl. dazu die Angaben im Schriftsatz des Beteiligten vom 12. April 2007 an das Verwaltungsgericht S. 6), ist gemäß § 82 Abs. 1 BPersVG der Bezirkspersonalrat beim IT-AmtBw zur Beteiligung berufen (vgl. Beschlüsse vom 13. September 2002 - BVerwG 6 P 4.02 - Buchholz 250 § 82 BPersVG Nr. 17 S. 8 und vom 15. Juli 2004 - BVerwG 6 P 1.04 - Buchholz 250 § 82 BPersVG Nr. 18 S. 15).

35

bb)

Soweit die betroffenen Beschäftigten aus anderen, dem IT-AmtBw nicht nachgeordneten Dienststellen stammen, ist § 92 Nr. 1 BPersVG anzuwenden. Danach gilt für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung § 82 Abs. 5 BPersVG mit folgender Maßgabe: Werden personelle Maßnahmen von einer Dienststelle, bei der keine für eine Beteiligung an diesen Maßnahmen zuständige Personalvertretung vorgesehen ist, mit Wirkung für einzelne Beschäftigte einer ihr nicht nachgeordneten Dienststelle getroffen, so ist der Personalrat dieser Dienststelle von deren Leiter zu beteiligen, nachdem zuvor ein Einvernehmen zwischen den Dienststellen über die beabsichtigte Maßnahme hergestellt worden ist. Trifft der Beteiligte demnach personelle Maßnahmen gegenüber zugewiesenen Beschäftigten aus dem nicht nachgeordneten Bereich, so beteiligt die Beschäftigungsdienststelle ihren Personalrat nach Herstellung von Einvernehmen mit dem Beteiligten (vgl. Beschluss vom 14. Juni 2006 - BVerwG 6 P 13.05 - BVerwGE 126, 122 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 35 Rn. 29 ff.). Das Beteiligungsverfahren unterliegt daher der Einflussnahme des Beteiligten. Soweit erforderlich kann das Bundesministerium der Verteidigung mittels seiner Weisungsbefugnis das Einvernehmen zwischen beiden Dienststellen herstellen (vgl. Gerhold, a.a.O. § 92 Rn. 27; Altvater u.a., a.a.O. § 92 Rn. 15; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 92 Rn. 33; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 92 Rn. 6).

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt (§ 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1 und 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG analog).

Büge

Dr. Bardenhewer
Büge
Vormeier
Dr. Bier
Dr. Möller

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