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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 16.11.2009, Az.: BVerwG 3 B 56.09
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 16.11.2009
Referenz: JurionRS 2009, 44974
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 56.09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Berlin - 07.05.2009 - AZ: 29 A 50.08

BVerwG, 16.11.2009 - BVerwG 3 B 56.09

In der Verwaltungsstreitsache

...

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

am 16. November 2009

durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und Dr. Wysk

beschlossen:

Tenor:

  1.  

    Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

  2.  

    Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Gründe

1

Die Kläger sind Rechtsnachfolger der Gesellschafterinnen einer offenen Handelsgesellschaft, die als Eigentümerin von Grundstücken in B. im Grundbuch eingetragen ist. Sie wenden sich gegen einen Bescheid des Bundesamts zur Regelung offener Vermögensfragen - Vermögenszuordnungsstelle Cottbus -, mit dem auf der Grundlage von § 1b Abs. 1 Satz 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes - VZOG - festgestellt wird, dass die genannten Grundstücke in das Eigentum der Beklagten (Entschädigungsfonds) übergegangen seien, weil sie wirksam in das Abkommen vom 3. Oktober 1984 zwischen der Regierung der Republik Finnland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung vermögensrechtlicher und finanzieller Fragen einbezogen und die in der Vereinbarung bestimmten Zahlungen tatsächlich geleistet worden seien. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.

2

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Der gerügte Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht erkennbar.

3

Die Kläger sehen einen Verstoß gegen eine ordnungsgemäße richterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO darin, dass das Verwaltungsgericht in die Beurteilung der Wirksamkeit des Abkommens zwischen Finnland und der DDR nicht die Unterlagen einbezogen habe, die sie mit ihrem Klagebegründungsschriftsatz vom 31. Oktober 2005 (Band I, Bl. 68 bis 89 der Gerichtsakte) vorgelegt hätten. Mit diesen in der Beschwerdebegründung wörtlich wiedergegebenen Unterlagen, die bei dem Verwaltungsgericht als Anlagen zum Schriftsatz der Kläger vom 30. Januar 2009 (Band II, Bl. 285 bis 299 der Gerichtsakte) eingereicht worden sind, sollte belegt werden, dass das Abkommen mit der Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 seine Wirksamkeit verloren habe.

4

Das verkennt, dass es für die richterliche Sachaufklärung ( § 86 Abs. 1 VwGO ) unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten ( § 108 Abs. 2 VwGO ) sowie für die richterliche Überzeugungsbildung ( § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ) darauf ankommt, welche Umstände nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sind, und geht deshalb an der Rechtsauffassung vorbei, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Für das Verwaltungsgericht war es ersichtlich unerheblich, ob das in Rede stehende Abkommen zwischen der DDR und Finnland mit dem 3. Oktober 1990 seine Wirksamkeit verloren hat. Entscheidend war allein, ob es wirksam geschlossen worden war, ob die umstrittenen Grundstücke wirksam in es einbezogen worden waren und ob aufgrund dessen die vereinbarte Globalentschädigung für den Entzug der Grundstücke von der DDR an Finnland bezahlt worden war; unter diesen Voraussetzungen war in seinen Augen der Zweck des § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG erfüllt, einen nochmaligen Ausgleich von Vermögensschädigungen, die der DDR zuzurechnen und bereits durch Gewährung einer Entschädigung ausgeglichen sind, zu vermeiden (vgl. Urteil vom 28. September 1995 - BVerwG 7 C 50.94 - BVerwGE 99, 276 [BVerwG 28.09.1995 - 7 C 50/94] <281> = Buchholz 112 § 1 VermG Nr. 55 und Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 55 jeweils S. 161). Das Vorliegen der genannten Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht bejaht. Es hat sich hierbei insbesondere mit dem Vortrag der Kläger auseinandergesetzt, die umstrittenen Grundstücke seien nicht wirksam in das Abkommen einbezogen worden. Auf dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 1997 - BVerwG 7 C 43.96 -(Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 115 S. 361) hat es in diesem Zusammenhang auch erwogen, ob die Grundstücke zwar zunächst in das Abkommen einbezogen worden waren, diese Einbeziehung aber später von finnischer Seite wieder angefochten worden ist. Unter diesem Gesichtspunkt hat es den Vortrag der Kläger zur Wirksamkeit des Abkommens gewürdigt; es hat ihm aber - mit Recht - keinen Anhaltspunkt dafür entnommen, dass die Einbeziehung der Grundstücke in das Abkommen angefochten worden wäre (Urteilsumdruck S. 11).

5

Selbst wenn die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dahin zu verstehen wären, dass es auf die über die Wiedervereinigung hinaus bestehende Gültigkeit des Abkommens ankomme, könnte dies nicht zur Feststellung des geltend gemachten Verfahrensfehlers führen; denn in diesem Fall könnte der Hinweis des Gerichts, die von der Klägerin genannten Unterlagen müssten nicht beigezogen werden, weil das Abkommen unstreitig nicht angefochten worden und daher wirksam sei, vernünftigerweise nur dahin verstanden werden, dass die Wirksamkeit des Abkommens durch diese Unterlagen nicht in Frage gestellt wird. Dies liegt schon deswegen nicht fern, weil Bekundungen der finnischen Regierung zur Frage der Gültigkeit des Vertrages oder der in Verhandlungen mit der Bundesrepublik geäußerte Wunsch, sich von der Bindung an den Vertrag zu lösen, kaum dazu ausreichen dürften, diese Rechtsfolge herbeizuführen; auch das Bundesverwaltungsgericht hat sich in dem bereits genannten - zum Entschädigungsabkommen zwischen Österreich und der DDR vom 21. August 1987 ergangenen - Urteil vom 31. Juli 1997 (a.a.O.) auf den Standpunkt gestellt, dass bei der Anwendung vermögensrechtlicher Bestimmungen von der Wirksamkeit der zwischenstaatlichen Vereinbarung auszugehen sei, solange deren Ungültigkeit nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren festgestellt worden sei. Bezug genommen wird insoweit auf die Art. 56 ff.(richtig: 65 ff.) des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge - WVK - (BGBl II 1985 S. 927). Ausgehend davon wären die von den Klägern eingereichten Unterlagen für die Entscheidungsfindung ohne Belang, so dass sie aus Rechtsgründen und damit verfahrensfehlerfrei unberücksichtigt geblieben wären. Zwar stünde der Anwendbarkeit der genannten Bestimmungen des Wiener Übereinkommens im vorliegenden Fall entgegen, dass es für die DDR am 19. November 1986 und für die Bundesrepublik Deutschland am 20. August 1987 in Kraft getreten ist (vgl. Bekanntmachung vom 26. Oktober 1987 - BGBl II S. 757) und es nach seinem Art. 4 nur auf Verträge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist; dies lässt aber die Anwendbarkeit unabhängig davon geltender allgemeiner völkerrechtlicher Regeln über das Verfahren bei der Anfechtung oder dem Rücktritt von Verträgen unberührt (vgl. Art. 4 WVK ).

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG nicht erhoben.

Streitwertbeschluss:

Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.

Kley

Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert

Dr. Wysk

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