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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 08.06.2009, Az.: BVerwG 2 B 33.09
Freiwilliges Ausscheiden aus einem Soldatenverhältnis auf Zeit; Leistungsbescheid zur Erstattung der Kosten des während der Dienstzeit absolvierten Studiums
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.06.2009
Referenz: JurionRS 2009, 15633
Aktenzeichen: BVerwG 2 B 33.09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Baden-Württemberg - 16.02.2009 - AZ: VGH 4 S 1457/07

Rechtsgrundlage:

§ 56 Abs. 4 S. 3 SG

BVerwG, 08.06.2009 - BVerwG 2 B 33.09

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juni 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper und Dr. Heitz
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 190,76 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten kann keinen Erfolg haben. Die Beklagte hat nicht gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, dass ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gegeben ist.

2

1.

Die Klägerin stand in einem Soldatenverhältnis auf Zeit, das am 15. Januar 2009 enden sollte. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2003 schied sie freiwillig vorzeitig aus dem Dienst. Während ihrer Dienstzeit hatte sie ein Medizinstudium absolviert; danach war sie als Stabsärztin tätig. Die Klägerin wendet sich gegen den Leistungsbescheid der Beklagten, mit dem sie zur Erstattung der Kosten des Studiums in Höhe von rund 129 500 EUR, zahlbar in Monatsraten von 380 EUR, herangezogen wurde. Die Beklagte hat auf einen Teil der Studienkosten aufgrund der sogenannten Abdienregelung verzichtet, durch die das Bundesministerium der Verteidigung die Ausübung des Ermessens vorgibt, das im Rahmen der Härtefallregelung gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 des Soldatengesetzes - SG - eröffnet ist. Danach wird der Zeitraum vom Ende der Ausbildung bis zum planmäßigen Ende des Soldatenverhältnisses auf Zeit (sogenannte Stehzeit) in drei gleichlange Abschnitte unterteilt. Die Höhe des Verzichts auf die Rückforderung hängt davon ab, in welcher Phase der Soldat vorzeitig ausscheidet. Durch den hier anwendbaren Erlass vom 22. Juli 2002 setzte der Bundesminister der Verteidigung den Multiplikator für den ersten Zeitabschnitt von 0,75 auf 0,45 herab, wodurch sich der Rückforderungsbetrag im Fall der Klägerin um 5 190,76 EUR erhöhte.

3

Der Verwaltungsgerichtshof hat der Klage in Höhe dieses Teilbetrags stattgegeben, weil er die Herabsetzung des Multiplikators für rechtswidrig hält. Nach seiner Rechtsauffassung bedürfen nachteilige Änderungen einer begünstigenden Verwaltungspraxis einer sachlichen Rechtfertigung. Die Beklagte habe nicht dargelegt, was sie zu der Änderung der Abdienregelung bewogen habe.

4

2.

Die Beklagte, die diese Rechtsauffassung für unzutreffend hält, hat weder einen Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO bezeichnet, noch lässt sich ihrer Beschwerdebegründung entnehmen, dass ein solcher Grund vorliegt.

5

Zum einen macht die Beklagte geltend, die tragende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs beachte die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht, wonach es die Härtefallregelung gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG nicht gebiete, eine Abdienregelung zugunsten der vorzeitig ausscheidenden Zeitsoldaten zu treffen. Damit legt die Beklagte schon deshalb keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht die Rechtsauffassung vertreten hat, eine Abdienregelung werde gesetzlich gefordert. Vielmehr ist das Berufungsurteil auf die rechtliche Erwägung gestützt, eine Änderung der Abdienregelung und damit der Ermessenspraxis der Beklagten bedürfe eines hinreichenden sachlichen Grundes.

6

Zum anderen macht die Beklagte geltend, die tragende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs verstoße gegen Denkgesetze. Dies liegt schon deshalb neben der Sache, weil ein solcher Verstoß nur in Bezug auf die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung, d.h. auf die Bewertung der festgestellten Tatsachen, nicht aber in Bezug auf eine Rechtsauffassung in Betracht kommt. Er setzt voraus, dass die Beweisführung des Tatsachengerichts gedankliche Brüche oder inhaltliche Widersprüche aufweist (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16; Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - ZBR 2008, 257 <260>).

7

Schließlich bringt die Beklagte vor, der Verwaltungsgerichtshof habe verkannt, dass die Verwaltung eine überobligatorische, weil gesetzlich nicht gebotene begünstigende Ermessenspraxis jederzeit ohne Darlegung der hierfür maßgebenden Überlegungen ändern könne. Damit macht sie geltend, bei der Änderung einer solchen Ermessenspraxis unterliege die Verwaltung keinen rechtlichen Bindungen. Abgesehen davon, dass auch damit ein Zulassungsgrund nicht dargelegt wird, liegt auf der Hand, dass dies nicht zutrifft. Zwar steht der Verwaltung bei der Änderung einer derartigen Ermessenspraxis regelmäßig ein weiter Spielraum zu. Sie wird aber auch bei Änderungen nicht im rechtsfreien Raum tätig, sondern ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie etwa an das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot oder an den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Diese Bindungen bestehen darüber hinaus auch für die Entscheidung, eine gesetzlich nicht gebotene begünstigende Verwaltungspraxis zu beenden. Die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, die Beklagte habe nicht dargelegt, warum sie die Abdienregelung geändert habe, hat die Beklagte nicht angegriffen.

8

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Herbert
Groepper
Dr. Heitz

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