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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 03.07.2013, Az.: 1 BvR 782/12
Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einem gegen den Betriebsarzt des früheren Arbeitgebers des Klägers geführten Schmerzensgeldverfahren; Zulässigkeit des Ablehungsgesuchs gegen einen Richter
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 03.07.2013
Referenz: JurionRS 2013, 41859
Aktenzeichen: 1 BvR 782/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LAG Baden-Württemberg - 11.01.2012 - AZ: 2 Sa 147/11

LAG Baden-Württemberg - 14.02.2012 - AZ: 2 Sa 147/11

Fundstellen:

KuR 2013, 308

NJW 2013, 3360

NVwZ 2013, 1335

BVerfG, 03.07.2013 - 1 BvR 782/12

Redaktioneller Leitsatz:

Die Religions- oder Konfessionszugehörigkeit eines Richters vermag für sich allein die Besorgnis seiner Befangenheit nicht zu rechtfertigen.

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Frau F...
gegen a)
den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 14. Februar 2012 - 2 Sa 147/11 -,
b)
den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 11. Januar 2012 - 2 Sa 147/11 -
und
Antrag auf Richterablehnung
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Masing
und die Richterin Baer
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 3. Juli 2013 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das Ablehnungsgesuch gegen den Vizepräsidenten Kirchhof sowie die Richter Eichberger und Masing wird als unzulässig verworfen.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz durch das Landesarbeitsgericht in einem Verfahren, in dem sie den Betriebsarzt ihres früheren Arbeitgebers mit der Begründung, eine Persönlichkeitsrechtsverletzung erlitten zu haben, auf Schadensersatz verklagt hat. Mit Schreiben vom 26. März 2012 hat die Beschwerdeführerin den Vizepräsidenten Kirchhof sowie die Richter Eichberger und Masing wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie begründet dies damit, dass die Richter katholischer Konfession seien. Sie seien daher nicht in der Lage, in einem Verfahren, das sich gegen den katholischen Betriebsarzt ihres früheren Arbeitgebers, eines als katholischer Tendenzbetrieb geführten Krankenhauses, richte, unparteiisch und vorurteilslos zu urteilen. Außerdem hätten die Richter ihre Befangenheit gegenüber der Beschwerdeführerin bereits im Verfahren über eine andere von ihr eingereichte Verfassungsbeschwerde dokumentiert. In jenem Verfahren habe sie die Richter aus anderen Gründen abgelehnt. Die Richter hätten ihr Ablehnungsgesuch unter Verstoß gegen das Willkürverbot als rechtsmissbräuchlich und daher offensichtlich unzulässig abgelehnt.

II.

2

1. Das Ablehnungsgesuch gegen den Vizepräsidenten Kirchhof sowie die Richter Eichberger und Masing ist offensichtlich unzulässig.

3

Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 11, 1 [BVerfG 22.02.1960 - 2 BvR 36/60] <3>; BVerfGK 8, 59 <60>).

4

a) Im Hinblick auf den Richter Eichberger ergibt sich die offensichtliche Unzulässigkeit daraus, dass der abgelehnte Richter nicht zur Mitwirkung in diesem Verfahren berufen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Dezember 1988 - 1 BvR 1487/87 -). Der Richter Eichberger gehört der 3. Kammer des Ersten Senates nicht an.

5

b) Die Beschwerdeführerin stützt ihre Ablehnung des Vizepräsidenten Kirchhof und des Richters Masing auf deren katholische Konfession sowie ihre Mitwirkung an der Entscheidung über erfolglos gebliebene frühere Anträge der Beschwerdeführerin.

6

Ebenso wenig, wie die Zugehörigkeit eines Richters zu einer politischen Partei für sich allein die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 2, 295 [BVerfG 13.05.1953 - 1 BvR 344/51] <297>; 11, 1 <3>; 43, 126 <128>), ist dies bei seiner Religions- oder Konfessionszugehörigkeit der Fall. Diese stellt im Sinne des § 18 Abs. 2 BVerfGG einen ähnlich allgemeinen Gesichtspunkt dar wie die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 17. Juli 2000 - Vf.3-VII-99 -, NVwZ 2001, S. 917). Die Wertung dieser Vorschrift ist auch im Rahmen von § 19 BVerfGG zu beachten (vgl. BVerfGE 2, 295 [BVerfG 13.05.1953 - 1 BvR 344/51] <297>).

7

Der pauschale Verweis auf die bloße Mitwirkung an einer Entscheidung in einem vorangegangenen Verfassungsbeschwerdeverfahren derselben Beschwerdeführerin kann ferner die Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 19 BVerfGG offensichtlich nicht begründen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. April 2009 - 1 BvR 887/09 -).

8

2. Die Verfassungsbeschwerde wird den an ihre Begründung zu stellenden Substantiierungsanforderungen nicht gerecht und ist daher unzulässig. Von einer weiteren Begründung der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

9

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Kirchhof

Masing

Baer

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