Beschl. v. 24.04.2013, Az.: 2 BvR 872/13
Fundstellen:
AfP 2013, 236
BayVBl 2013, 498-499
NVwZ 2013, 5
BVerfG, 24.04.2013 - 2 BvR 872/13
Redaktioneller Leitsatz:
Eine Verfassungsbeschwerde, die ausschließlich mit dem öffentlichen Informationsinteresse argumentiert, ohne eine Verletzung in eigenen Grundrechten darzulegen, ist mangels Beschwerdebefugnis unzulässig.
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1.
des Herrn Y...,
2.
der Frau Y...,
3.
der Frau K...,
4.
der Frau K...,
5.
der Frau K...
- Bevollmächtigte:
b|d|k Rechtsanwälte Thomas Bliwier,
Doris Dierbach und Alexander Kienzle,
Barmbeker Straße 27a, 22303 Hamburg -
gegen
die Verfügungen des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht München vom 4. März 2013 und 19. April 2013 in dem Verfahren 6 St 3/12
und
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Lübbe-Wolff,
den Richter Landau
und die Richterin Kessal-Wulf
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 24. April 2013 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer sind Nebenkläger im sogenannten NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Mit der Verfassungsbeschwerde wenden sie sich gegen zwei Verfügungen des Vorsitzenden des zuständigen Strafsenats, wonach die Hauptverhandlung in einem Sitzungssaal stattfinden soll, der über lediglich 100 Sitzplätze für Zuhörer verfügt. Zugleich beantragen sie, dem Vorsitzenden im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Hauptverhandlung mittels Videotechnologie in mindestens einen weiteren Sitzungssaal übertragen zu lassen.
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da sie mangels einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG) entsprechenden Begründung unzulässig ist. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG enthalten Mindestanforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde. Der Beschwerdeführer muss eine Grundrechtsverletzung durch Bezeichnung des angeblich verletzten Rechts und des die Verletzung enthaltenden Vorgangs substantiiert und schlüssig vortragen. Dabei hat er darzulegen, inwieweit er sich durch die angegriffene Maßnahme in dem bezeichneten Grundrecht selbst, unmittelbar und gegenwärtig verletzt sieht (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>; 99, 84 <87>; 123, 267 <329>). Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht. Die Beschwerdeführer berufen sich allein auf Art. 20 GG (Rechtsstaats- und Demokratieprinzip), ohne eine Verletzung in eigenen Grundrechten darzulegen. Sie machen nicht geltend, selbst an einer Teilnahme an der Hauptverhandlung gehindert zu sein, sondern argumentieren ausschließlich mit dem öffentlichen Informationsinteresse und machen sich damit zu Sachwaltern der Allgemeinheit. Eine Beschwerdebefugnis im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG ist weder dargetan noch ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Lübbe-Wolff
Landau
Kessal-Wulf
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