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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 18.10.2010, Az.: 2 BvR 2174/10
Statthaftigkeit einer Verfassungsbeschwerde bei Verletzung von Wahlrechtsgrundsätzen
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.10.2010
Referenz: JurionRS 2010, 25500
Aktenzeichen: 2 BvR 2174/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LVerfG Schleswig-Holstein - 30.08.2010 - AZ: LVerfG 3/09

LVerfG Schleswig-Holstein - 30.08.2010 - AZ: LVerfG 1/10

Fundstelle:

NVwZ-RR 2010, 945-946

Verfahrensgegenstand:

Verfassungsbeschwerde

  1. 1.

    der Frau Dr. P...,

  2. 2.

    des Herrn I...,

  3. 3.

    des Herrn W...,

gegen

  1. a)

    das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgerichts vom 30. August 2010 - LVerfG 1/10 -,

  2. b)

    das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgerichts vom 30. August 2010 - LVerfG 3/09 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

BVerfG, 18.10.2010 - 2 BvR 2174/10

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Während bei Bundestagswahlen die Verletzung der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG im Wege einer Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann, fehlt eine vergleichbare Gewährleistung, wenn es um die Durchsetzung dieser Grundsätze bei allgemeinen politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG auf der Ebene der Länder geht.

  2. 2.

    Art. 38 GG erfasst unmittelbar nur die Wahlen zum Deutschen Bundestag. Eine analoge Anwendung auf Wahlen in den Ländern scheidet mit Rücksicht auf die selbständigen Verfassungsräume von Bund und Ländern aus. Zwar verlangt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, dass die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl auch bei politischen Wahlen in den Ländern gelten. Die Länder haben diesem Verfassungsgebot bei der Regelung des Wahlrechts zu ihren Länderparlamenten und auf kommunaler Ebene zu genügen. Dem Einzelnen vermittelt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG jedoch keine mit der Verfassungsbeschwerde rügefähige subjektive Rechtsposition. Im Anwendungsbereich von Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet auch ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG aus.

  3. 3.

    Die Länder gewährleisten den subjektivrechtlichen Schutz des Wahlrechts bei politischen Wahlen in ihrem Verfassungsraum allein und abschließend.

In dem Verfahren
...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
den Präsidenten Voßkuhle,
den Richter Mellinghoff und
die Richterin Lübbe-Wolff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 18. Oktober 2010
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.

2

Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihres subjektiven Wahlrechts in der Ausprägung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG und aus Art. 3 Abs. 1 GG. Für dieses Vorbringen steht den Beschwerdeführern ein mit der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht nicht zur Seite (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG).

3

Während bei Bundestagswahlen die Verletzung der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG im Wege einer Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann, fehlt eine vergleichbare Gewährleistung, wenn es um die Durchsetzung dieser Grundsätze bei allgemeinen politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG auf der Ebene der Länder geht (vgl. BVerfGE 99, 1 [BVerfG 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95]<7>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 2006 - 2 BvR 1487/06 -, [...]; vom 8. Juli 2008 - 2 BvR 1223/08 -, [...]; vom 9. März 2009 -2 BvR 120/09 -, NVwZ 2009, S. 776 f.; vom 3. Juli 2009

4

- 2 BvR 1291/09 -, [...] und vom 11. Mai 2010 -2 BvR 511/10 -, [...]).

5

Art. 38 GG erfasst unmittelbar nur die Wahlen zum Deutschen Bundestag.

6

Eine analoge Anwendung auf Wahlen in den Ländern scheidet mit Rücksicht auf die selbständigen Verfassungsräume von Bund und Ländern aus. Zwar verlangt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, dass die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl auch bei politischen Wahlen in den Ländern gelten. Die Länder haben diesem Verfassungsgebot bei der Regelung des Wahlrechts zu ihren Länderparlamenten und auf kommunaler Ebene zu genügen. Dem Einzelnen vermittelt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG jedoch keine mit der Verfassungsbeschwerde rügefähige subjektive Rechtsposition. Im Anwendungsbereich vonArt. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet auch ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG aus (vgl. BVerfGE 99, 1 [BVerfG 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95]<7 ff.>).

7

Die Länder gewährleisten den subjektivrechtlichen Schutz des Wahlrechts bei politischen Wahlen in ihrem Verfassungsraum allein und abschließend (vgl. BVerfGE 99, 1 [BVerfG 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95]<17>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom vom 13. Dezember 2006, a.a.O.; vom 8. Juli 2008, a.a.O.; vom 9. März 2009, S. 777; vom 3. Juli 2009, a.a.O. und vom 11. Mai 2010, a.a.O.). Den Beschwerdeführern stand im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachte Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl ein Rechtsweg zur Verfügung. Das Wahlprüfungsverfahren auf Landesebene ist - den Vorgaben des Homogenitätsprinzips in Art. 28 Abs. 1 GG entsprechend - gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 LWahlG zweistufig ausgestaltet und sieht nach dem Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl eine Beschwerde zum Landesverfassungsgericht gegen die Entscheidung des Landtages vor (vgl. BVerfGE 99, 1<17 f.>). Ein Mehr ist von Verfassungs wegen nicht geboten, weil Art. 19 Abs. 4 GG keinen subjektiven verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz durch das Bundesverfassungsgericht verbürgt (vgl. BVerfGE 99, 1 <19>).

8

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGGabgesehen.

9

Durch die Nichtannahme erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

10

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Voßkuhle
Mellinghoff
Lübbe-Wolff

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