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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 08.04.2010, Az.: 1 BvR 862/10
Verpflichtung des Entführers zur persönlichen Rückführung eines Kindes nach seiner Entführung in einen Vertragsstaat
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.04.2010
Referenz: JurionRS 2010, 13586
Aktenzeichen: 1 BvR 862/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Karlsruhe - 21.09.2009 - AZ: 1 F 293/09

OLG Karlsruhe - 18.03.2010 - AZ: 2 UF 179/09

Rechtsgrundlage:

Art. 12 Abs. 1 HKÜ

BVerfG, 08.04.2010 - 1 BvR 862/10

Redaktioneller Leitsatz:

Eine Auslegung des Art. 12 Abs. 1 des Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (im Folgenden: HKÜ) durch die Fachgerichte, derzufolge eine Verpflichtung zur persönlichen Rückführung des Kindes durch diejenige Person, die ein Kind widerrechtlich in einen Vertragsstaat gebracht oder dort zurückgehalten hat, angeordnet werden kann, verstößt nicht gegen die Grundrechte des entführenden Elternteils.

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
...
gegen
a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. März 2010 - 2 UF 179/09 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 21. September 2009 - 1 F 293/09 - und
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und
Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und
Beiordnung eines Rechtsanwalts
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
die Richterin Hohmann-Dennhardt und
die Richter Gaier, Paulus
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 8. April 2010
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird mangels Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde abgelehnt.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der von den Beschwerdeführerinnen als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Für eine Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten ist nichts ersichtlich.

2

Insbesondere verstößt eine Auslegung des Art. 12 Abs. 1 des Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (im Folgenden: HKÜ), derzufolge eine Verpflichtung zur persönlichen Rückführung des Kindes durch diejenige Person, die ein Kind widerrechtlich in einen Vertragsstaat gebracht oder dort zurückgehalten hat, angeordnet werden kann, nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG. In der (nicht verbindlichen) deutschen Übersetzung des Art. 12 Abs. 1 HKÜ ist von der Anordnung der "sofortige[n] Rückgabe des Kindes" die Rede. Diese Auslegung wird durch die verbindliche englische Sprachfassung des HKÜ bestätigt. Darin heißt es: "..., the authority concerned shall order the return of the child forthwith". Die verbindliche Sprachfassung legt damit eine Rückkehr des Kindes in das Ausgangsland nahe (vgl. OLG München, FamRZ 2005, S. 1002). Demnach erscheint die Auslegung durch die Fachgerichte, derzufolge das Kind ins Ausgangsland zurückzuführen ist, zumindest möglich. In jedem Fall haben die Fachgerichte aber die Grenzen der Auslegung eingehalten. Die mit dieser Auslegung verbundenen Härten für den entführenden Elternteil sind als Folge der rechtswidrigen Entführung beziehungsweise Zurückhaltung hinzunehmen (vgl. BVerfGE 99, 145 [BVerfG 29.10.1998 - 2 BvR 1206/98]<159 f.>).

3

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

4

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Hohmann-Dennhardt
Gaier
Paulus

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