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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 30.07.2009, Az.: 2 BvR 1274/09
Notwendigkeit der Ausschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde; Verpflichtung zum Ergreifen aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zwecks Vorbeugung einer möglichen Verletzung der Grundrechte auf fachgerichtlichem Wege
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.07.2009
Referenz: JurionRS 2009, 19901
Aktenzeichen: 2 BvR 1274/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Berlin-Brandenburg - 08.05.2009 - AZ: OVG 3 L 15.09

Verfahrensgegenstand:

Verfassungsbeschwerde
der X. Partei
...
gegen
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Mai 2009 - OVG 3 L 15.09 -

BVerfG, 30.07.2009 - 2 BvR 1274/09

In dem Verfahren
...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
den Vizepräsidenten Voßkuhle und
die Richter Mellinghoff, Gerhardt
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 30. Juli 2009
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde.

2

1.

Dieser Grundsatz gebietet, dass ein Beschwerdeführer über die Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>). Es ist geboten und einem Beschwerdeführer auch zumutbar, vor der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde die Statthaftigkeit weiterer einfachrechtlicher Rechtsbehelfe sorgfältig zu prüfen und von ihnen Gebrauch zu machen, wenn sie nicht offensichtlich unzulässig sind (vgl. BVerfGE 68, 376 <381>).

3

2.

Diesen Anforderungen ist die Beschwerdeführerin nicht gerecht geworden. Zwar ist den fachgerichtlichen Entscheidungen nicht zu entnehmen, dass sie sich ausreichend mit der Frage beschäftigt hätten, ob der im Raum stehende Kostenerstattungsanspruch der Beigeladenen entgegen Art. 19 Abs. 4 GG den Zugang zu den Gerichten für die Beschwerdeführerin unzumutbar erschweren (vgl. BVerfGE 85, 337 <347> [BVerfG 12.02.1992 - 1 BvL 1/89]) und wie dem verfahrensrechtlich entgegenzuwirken sein könnte. Die Beschwerdeführerin hat aber noch nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen, um einer möglichen Verletzung ihrer Grundrechte auf fachgerichtlichem Wege vorzubeugen.

4

a)

Soweit sie rügt, die Beigeladene zu 13. sei gegen ihren Willen zu Unrecht beigeladen worden, hat sie gegen die gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ergangene Kostengrundentscheidung des Verwaltungsgerichts vorzugehen. Ist ein Dritter zu Unrecht beigeladen worden, entspricht es in der Regel der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten der Staatskasse aufzuerlegen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 162 Rn. 23 m.w.N.). Die Kostengrundentscheidung ist zwar gemäß § 158 VwGO nicht isoliert, jedoch zusammen mit der Hauptsache anfechtbar. Das Berufungszulassungsverfahren ist nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch anhängig.

5

b)

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, das geringere wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen zu 13. sei zu berücksichtigen, kann sie im nach ihren Ausführungen ebenfalls noch anhängigen Erinnerungsverfahren gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss geltend machen, dass der Erstattungsanspruch nur nach dem wirtschaftlichen Interesse der Beigeladenen zu 13. zu bemessen ist. Unterliegt ein Kläger in einem verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren mit einer Mehrzahl von Beigeladenen, für deren außergerichtliche Kosten eine Erstattungspflicht des Klägers gemäß § 162 Abs. 3 VwGO in Betracht kommt, haben die Gerichte verschiedene Möglichkeiten, ein geringeres wirtschaftliches Interesse der Beigeladenen zur Begrenzung der Kostenlast des Klägers zu berücksichtigen. Unter anderem wird erwogen, unabhängig von einer selbständigen Gegenstandswertfestsetzung im Sinne von § 33 Abs. 1 RVG den Erstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren nach dem - notfalls pauschal zu schätzenden - Anteil der Beteiligung Beigeladener am Streitgegenstand zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 1971 - VIII C 6/69 -, MDR 1973, S. 161; OVG Hamburg, Beschluss vom 23. August 1994 - Bs II 30/94 -, [...]; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 162 Rn. 25; Olbertz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 162 Rn. 100 <Okt. 2008>).

6

c)

Im noch nicht abgeschlossenen Kostenfestsetzungsverfahren kann die Beschwerdeführerin auch die von den Fachgerichten bislang ausdrücklich offen gelassene Frage klären lassen, ob der als Liquidator der Beigeladenen zu 13. tätige Rechtsanwalt gemäß § 1 Abs. 2 RVG überhaupt Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in Rechnung stellen kann. Ist dies nach Auffassung der Fachgerichte nicht möglich, droht nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin keine konkrete Belastung mit außergerichtlichen Kosten Beigeladener, durch welche sie in ihren Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt sein könnte. Insbesondere ist im hier noch anhängigen Berufungszulassungsverfahren eine Auferlegung außergerichtlicher Kosten Beigeladener regelmäßig nicht zu erwarten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 11. Oktober 2001 - 8 ZB 01.1789 -, NVwZ-RR 2002, S. 786; Beschluss vom 12. September 2005 - 1 ZB 05.42 -, NVwZ-RR 2006, S. 430 <432> [VGH Bayern 12.09.2005 - 1 ZB 42/05]).

7

3.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Voßkuhle
Mellinghoff
Gerhardt

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