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Bundessozialgericht
Beschl. v. 05.11.2015, Az.: B 5 RE 26/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 05.11.2015
Referenz: JurionRS 2015, 31058
Aktenzeichen: B 5 RE 26/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Niedersachsen-Bremen - 03.06.2015 - AZ: L 2 R 376/13

BSG, 05.11.2015 - B 5 RE 26/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 5 RE 26/15 B

L 2 R 376/13 (LSG Niedersachsen-Bremen)

S 4 R 285/12 (SG Hildesheim)

.....................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigter: .............................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Bund,

Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

beigeladen:

1. Jobcenter Hildesheim,

Am Marienfriedhof 3, 31134 Hildesheim,

2. ........................................... .

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat am 5. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. B e r c h t o l d , die Richterin Dr. G ü n n i k e r und den Richter Dr. K o l o c z e k

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Juni 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 3.6.2015 hat das LSG Niedersachsen-Bremen Versicherungspflicht der Klägerin als selbstständige Erzieherin nach § 2 S 1 Nr 1 SGB VI in der Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2011 bejaht und die von der Beklagten für die Jahre 2009 bis 2011 jeweils festgesetzten Pflichtbeiträge als rechtmäßig beurteilt.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG und Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff).

7

Die Beschwerdebegründung wird bereits der ersten Anforderung nicht gerecht. Die Klägerin hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) gestellt, die der Senat mit "Ja" oder "Nein" beantworten könnte, was grundsätzlich erforderlich ist (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag des Beschwerdeführers darauf zu analysieren, ob sich ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

8

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

9

Die Klägerin hat bereits keinen tragenden abstrakten Rechtssatz des LSG herausgestellt, mit dem dieses der Rechtsprechung des BSG, des BVerfG oder des GmSOGB widersprochen habe.

10

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

11

Die Klägerin rügt eine Verletzung des § 103 SGG. Hierzu trägt sie vor, das LSG sei ihrem Beweisantrag nicht nachgegangen.

12

Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin bereits nicht aufgezeigt, im Berufungsverfahren einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im einzelnen bezeichneten Punkte mit welchen Beweismitteln der ZPO Beweis erhoben werden soll. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN).

13

Die Klägerin macht ferner geltend:

"Die Vorinstanzen haben auch zu der Frage, ob eine Vorlage an das EuGH möglich ist, keine Stellung bezogen.

Zudem dürfte die Entscheidung des Sozialgerichts ohne mündliche Verhandlung ebenfalls gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen. Daneben ist die fehlende Unterschrift des Richters zu bemängeln. Urteile sind von den Richtern, die an der Entscheidung mitgewirkt haben zu unterschreiben, § 315 ZPO, § 134 SGG (BGH NJW 1980, 1849 [BGH 21.05.1980 - VIII ZR 196/79]; BGH NJW 1988, 713 [BGH 27.10.1987 - VI ZR 268/86]; KG NJW 1988, 2807). Auch dies dürfte in den vorinstanzlichen Verfahren fraglich sein. Weiterhin dürfte auch die förmliche Zustellung nicht beachtet worden sein.

Jeder hat das Recht auf Benachrichtigung vom Verfahren durch prozeßfähiges Zustellung, d.h. jeder muß quitieren. Der Anspruch auf das rechtliche Gehör (Art 103) ist gewahrt, wenn dem Empfangsberechtigten das Schriftstück persönlich übergeben wird und dessen Pesonalien festgestellt werden. Der Ersatzzustellung nach § 181ff ZPO, §37 StPO, etc und die öffentliche Zustellung nach § 203 ZPO, § 40 StPO, etc enthalten eine Fiktion der Bekanntgabe, da sie den tatsächlichen Informationserfolg nicht sicher stellt."

14

Mit diesem Vortrag sind Verfahrensmängel des LSG nicht substantiiert gerügt.

15

Gegen welche Verfahrensvorschriften das Berufungsgericht mit der angeblich unterlassenen Stellungnahme zur Frage der Möglichkeit einer Vorlage des Verfahrens an den EuGH verstoßen haben soll, gibt die Beschwerdebegründung nicht an.

16

Ebenso wenig behauptet die Klägerin mit dem zitierten Vorbringen, dass das Urteil des LSG von den mitwirkenden Richtern unter Verletzung des § 153 Abs 3 SGG nicht unterschrieben und unter Außerachtlassung der Erfordernisse des § 63 Abs 2 SGG iVm den Vorschriften der ZPO zugestellt worden ist.

17

Soweit sie darüber hinaus - mit den genannten und weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung - geltend macht, dem SG seien Verfahrensfehler unterlaufen, ist darauf hinzuweisen, dass Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG grundsätzlich nur Verstöße des Gerichts im unmittelbar vorangehenden Rechtszug sind (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 16a mwN). Ein Verfahrensmangel des SG kann nur dann die Zulassung der Revision rechtfertigen, wenn dieser fortwirkt und daher ausnahmsweise als Wille des LSG anzusehen ist (vgl Senatsbeschluss vom 27.1.2011 - B 5 R 214/10 B - BeckRS 2011, 69300 RdNr 9; BSG SozR 3-1500 § 73 Nr 10 S 31). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen.

18

Mit ihrem übrigen Vorbringen rügt sie die vermeintliche sachliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung. Hierauf kann indes gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

19

Die Bitte der Klägerin um einen gerichtlichen Hinweis, falls "weitere Erklärungen, Unterlagen oder andere Nachweise für notwendig erachtet werden" sollten, führt nicht dazu, dass eine Entscheidung über die unzureichend begründete Beschwerde zunächst zurückzustellen wäre. Der Senat ist nicht verpflichtet, die anwaltlich vertretene Klägerin vor einer Entscheidung auf Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Die Bestimmung des § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Das Gesetz unterstellt vielmehr, dass ein Rechtsanwalt auch ohne Hilfe des Gerichts in der Lage ist, eine Nichtzulassungsbeschwerde formgerecht zu begründen (Senatsbeschluss vom 10.8.2011 - B 5 RS 40/11 B - sowie BSG Beschlüsse vom 31.5.2011 - B 13 R 103/11 R - und vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - Juris RdNr 7). Gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang des § 73 Abs 4 SGG (BSG Beschluss vom 16.11.2011 - B 13 R 317/11 B).

20

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

21

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Dr. Berchtold
Dr. Günniker
Dr. Koloczek

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