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Bundessozialgericht
Beschl. v. 29.09.2015, Az.: B 4 AS 137/15 BH
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 29.09.2015
Referenz: JurionRS 2015, 28589
Aktenzeichen: B 4 AS 137/15 BH
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Baden-Württemberg - 31.07.2015 - AZ: L 7 AS 3562/12

SG Karlsruhe - AZ: S 11 AS 2914/11

BSG, 29.09.2015 - B 4 AS 137/15 BH

in dem Rechtsstreit

Az: B 4 AS 137/15 BH

L 7 AS 3562/12 (LSG Baden-Württemberg)

S 11 AS 2914/11 (SG Karlsruhe)

...........................................,

Kläger und Antragsteller,

gegen

Jobcenter Enzkreis,

Zähringerallee 3, 75177 Pforzheim,

Beklagter.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat am 29. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e sowie die Richterinnen S. K n i c k r e h m und B e h r e n d

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. Juli 2015 - L 7 AS 3562/12 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin B. (K.) beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt einen Gründungszuschuss als Eingliederungsleistung nach dem SGB II und wendet sich gegen ein Anhörungsschreiben. Das SG hat die deswegen erhobene Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen (vom 15.8.2012). Der Kläger hat sodann Berufung eingelegt. Das LSG hat die Berufung durch Urteil vom 31.7.2015 zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, dass der Widerspruch gegen das Anhörungsschreiben unzulässig gewesen sei und ein Anspruch auf den Gründungszuschuss bereits deswegen nicht bestehe, da der Kläger die selbstständige Tätigkeit, für die er begehrt worden sei, nicht aufgenommen habe. Die Revision ist in dem Urteil des LSG nicht zugelassen worden.

2

Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens hiergegen beantragt der Kläger die Bewilligung von PKH sowie Beiordnung von Rechtsanwältin B. (K.).

II

3

Dem Antrag auf PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.

4

Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch aufgrund summarischer Prüfung des Streitstoffs und nach Sichtung der Gerichtsakten von SG sowie LSG ersichtlich.

5

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht zu erkennen. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Derartige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich hier nicht.

6

Die Entscheidung des LSG weicht auch nicht von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Divergenz kommt ausschließlich in Betracht, wenn das LSG einen Rechtssatz in Abweichung von einem solchen des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, derartige abweichende Rechtssätze, auf denen die Entscheidung beruht, zu benennen.

7

Schließlich ist nicht erkennbar, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG). Dies gilt auch für die vom Kläger sinngemäß geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK). Wer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, muss hierzu ausführen, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl zB BSG vom 15.7.2015 - B 1 KR 7/15 B, RdNr 8 mwN). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

8

Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch Versagung der Akteneinsicht entbehrt bereits einer Tatsachengrundlage. Das LSG hat dem Kläger, dies hat er ausdrücklich in seinen Schriftsätzen im Berufungs- und PKH-Verfahren zum Ausdruck gebracht, Akteneinsicht gewährt. Dass der Kläger sich dabei nicht in der Lage gesehen hat, alle Akten zu sichten und insbesondere die Verfahrensakten betreffend das vorliegende Verfahren erst zu spät - kurz vor der Beendigung der beaufsichtigten Akteneinsicht - zur Kenntnis genommen habe, steht keiner Versagung der Akteneinsicht gleich. Im Gegenzug zu den prozessualen Fürsorgepflichten des Gerichts - hier durch Ermöglichung der Akteneinsicht in der Justizvollzugsanstalt - ist es Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer seinerseits alles ihm Obliegende getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl BSG vom 5.10.1998 - B 13 RJ 285/97 B; BSG vom 1.3.2004 - B 9 V 58/03 B; BSG vom 18.1.2011 - B 4 AS 129/10 B, RdNr 7). Insoweit kann auch erwartet werden, dass er zunächst - im Hinblick auf die begrenzte Zeit zur Akteneinsicht - die übersandten Akten sichtet und dann insbesondere diejenigen einsieht, die den bevorstehenden Termin zur mündlichen Verhandlung betreffen.

9

Ebenfalls ist nicht erkennbar, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter eine Gehörsrüge wegen der fehlenden Möglichkeit des Klägers, an dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG teilzunehmen, mit Erfolg begründen könnte. Zwar ist das LSG seinem Terminverlegungsantrag nicht gefolgt und steht auch einem der Strafvollstreckung unterliegenden Prozessbeteiligten das Recht zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu. Denn der in Art 103 GG verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör wird durch den Strafvollzug nicht ausgeschlossen (BSG vom 31.10.2005 - B 7a AL 14/05 B, RdNr 5). Doch richten sich dessen Möglichkeiten der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nach § 36 StVollzG und den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften. Danach kann der Anstaltsleiter einem Gefangenen zur Teilnahme an einem gerichtlichen Termin Ausgang oder Urlaub erteilen, wenn anzunehmen ist, dass er der Ladung folgt und keine Entweichungs- oder Missbrauchsgefahr besteht. Wenn ein Gefangener zu einem gerichtlichen Termin geladen ist und Ausgang oder Urlaub nicht gewährt wird, lässt der Anstaltsleiter ihn mit seiner Zustimmung zu dem Termin ausführen, sofern wegen Entweichungs- oder Missbrauchsgefahr keine überwiegenden Gründe entgegenstehen. Auf Ersuchen eines Gerichts lässt er den Gefangenen vorführen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt. Demnach ist es zunächst Sache des Gefangenen, die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin zu beantragen (vgl BSG vom 21.6.1983 - 4 RJ 3/83; BSG vom 31.10.2005 - B 7a AL 14/05 B, RdNr 5). Nach den Ausführungen des Klägers in dem an das LSG gerichteten Schreiben vom 16.7.2015 hat er diese Versuche unternommen und ist ihm sowohl Sonderausgang, als auch die Vorführung verweigert worden. Es ist nicht zu erkennen, dass eine Terminverlegung hieran etwas geändert hätte. Auch war die persönliche Ladung des Klägers zum Termin durch das LSG nicht deswegen erforderlich, weil dem Kläger ansonsten die Teilnahme wegen der Ablehnung der Vorführung durch die Anstaltsleitung nicht möglich war. Soweit das LSG die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht für erforderlich befunden hat, ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter vorliegend begründen könnte, warum das LSG insoweit von der Rechtsprechung des BSG hätte abweichen müssen, nach der das LSG zur Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht verpflichtet ist (vgl BSG vom 21.6.1983 - 4 RJ 3/83, RdNr 16).

Prof. Dr. Voelzke
Knickrehm
Behrend

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