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Bundessozialgericht
Beschl. v. 25.08.2015, Az.: B 11 AL 47/15 B
Endgültige Bewilligung und Zahlung von Arbeitslosengeld; Darlegungserfordernisse einer Gundsatzrüge
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 25.08.2015
Referenz: JurionRS 2015, 25553
Aktenzeichen: B 11 AL 47/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Bayern - 22.04.2015 - AZ: L 10 AL 365/13

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 25.08.2015 - B 11 AL 47/15 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.

2. Die Formulierung, die Rechtsfrage "lasse sich nicht ohne weiteres beantworten", genügt in keiner Weise den Darlegungsanforderungen für eine Grundsatzrüge.

3. Eine solche Aussage deckt sich nicht mit einem Befund, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich (noch) nicht geklärt sei.

4. Was genau einer über die Beurteilung des Einzelfalls hinausgehenden Klärung durch das Bundessozialgericht noch bedarf, ist damit nicht herausgearbeitet.

in dem Rechtsstreit

Az: B 11 AL 47/15 B

L 10 AL 365/13 (Bayerisches LSG)

S 14 AL 459/11 (SG Nürnberg)

.......................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: .......................................,

gegen

Bundesagentur für Arbeit,

Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat am 25. August 2015 durch den Vorsitzenden Richter E i c h e r sowie die Richterin S i e f e r t und den Richter S ö h n g e n

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. April 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Im Streit ist die endgültige Bewilligung und Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) sowie die Erstattung des aufgrund der vorläufigen Bewilligung erbrachten Alg.

2

Die Beklagte lehnte nach Erlass eines Bescheides über die vorläufige Bewilligung die endgültige Gewährung von Alg ab, weil der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe (Bescheid vom 6.9.2011; Widerspruchsbescheid vom 2.11.2011) und forderte die Erstattung der bereits erbrachten Leistungen (9768 Euro). Während die Klage beim Sozialgericht (SG) Nürnberg Erfolg hatte (Urteil vom 8.10.2013), hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.4.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe die (zwölfmonatige) Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Zwar habe er einen Arbeitsvertrag mit einer Arbeitgeberin in der Schweiz geschlossen; er habe aber nie die tatsächliche Beschäftigung aufgenommen und habe auch nicht der Ausübung eines Direktionsrechts durch die Arbeitgeberin unterstanden.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Er wirft die Frage auf, ob ein Beschäftigungsverhältnis iS des § 7 Abs 4 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften der Sozialversicherung - (SGB IV), obwohl es nicht zu einer tatsächlichen Beschäftigungsaufnahme oder Gehaltszahlung komme, angenommen werden könne, wenn ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden sei, der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft anbiete und sich bereit halte, der Arbeitgeber die vertraglichen Pflichten aber wegen Zahlungsunfähigkeit nicht einhalte und das Arbeitsverhältnis deshalb einvernehmlich beendet werde.

II

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

5

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - darlegen, welche Frage sich stellt, dass diese höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (Klärungsbedürftigkeit), dass sie für das angestrebte Revisionsverfahren entscheidungserheblich, also klärungsfähig ist und dass sie eine sog Breitenwirkung besitzt (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

6

Die Beschwerdebegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Der Kläger hat zwar eine Rechtsfrage formuliert; jedoch hat er weder deren Klärungsbedürftigkeit noch deren Klärungsfähigkeit in der erforderlichen Weise schlüssig dargelegt.

7

Letztlich stellt er nämlich nicht dar, dass die von ihm aufgeworfene, auf den Einzelfall bezogen formulierte Rechtsfrage, deren Breitenwirkung ohnedies nicht erläutert wird, höchstrichterlich nicht beantwortet ist, sondern wirft dem LSG im Grunde nur vor, Rechtsprechung und Literatur nicht richtig verwertet zu haben. Bezeichnenderweise formuliert er deshalb auch, die Rechtsfrage "lasse sich nicht ohne weiteres beantworten". Diese Aussage deckt sich nicht mit einem Befund, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich (noch) nicht geklärt sei. Was genau einer über die Beurteilung des Einzelfalls hinausgehenden Klärung durch das Bundessozialgericht noch bedarf, ist nicht herausgearbeitet.

8

Dieser Mangel setzt sich zwangsläufig fort bei der Darlegung der Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit). Abgesehen davon, dass die Beschwerdebegründung keine der für die Entscheidung maßgeblichen Normen des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zitiert, ist jedenfalls bei komplexen Sachverhalten und Streitgegenständen eine zumindest ansatzweise rechtliche Subsumtion erforderlich; diese kann mithin nicht vollständig dem Revisionsgericht überlassen werden, indem nur der Sachverhalt geschildert wird. Selbst dies ist indes vorliegend nicht in der erforderlichen Weise geschehen; denn welcher Vertrag (Arbeitsvertrag) mit wem (wer war Arbeitgeber?) geschlossen worden ist, für den das deutsche Recht bzw mittelbar europäisches Recht (Schweiz) gilt, bleibt unklar.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Eicher
Siefert
Söhngen

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