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Bundessozialgericht
Beschl. v. 04.05.2015, Az.: B 3 KR 2/15 BH
Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Ablauf der Beschwerdefrist; Keine Wiedereinsetzung in die Frist zur Vorlage der PKH-Erklärung
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.05.2015
Referenz: JurionRS 2015, 16502
Aktenzeichen: B 3 KR 2/15 BH
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Nordrhein-Westfalen - 30.10.2014 - AZ: L 5 KR 787/12

SG Düsseldorf - AZ: S 11 KR 850/11

BSG, 04.05.2015 - B 3 KR 2/15 BH

Redaktioneller Leitsatz:

1. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs. 1 SGG, § 117 Abs. 2 und 4 ZPO), d.h. auf dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 06.01.2014 (BGBl I 34) eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden, es sei denn, der Antragsteller war an der Einhaltung der Frist unverschuldet gehindert.

2. Eine Wiedereinsetzung in die "Frist zur Vorlage der PKH-Erklärung" sieht das Prozessrecht nicht vor.

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 2/15 BH

L 5 KR 787/12 (LSG Nordrhein-Westfalen)

S 11 KR 850/11 (SG Düsseldorf)

...........................,

Klägerin und Antragstellerin,

Bevollmächtigter: .....................................,

gegen

AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse,

Kasernenstraße 61, 40213 Düsseldorf,

Beklagte.

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 4. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. W e n n e r sowie den Richter S c h r i e v e r und die Richterin Dr. W a ß e r

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Oktober 2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen, wird abgelehnt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, von der Beklagten die Mehrkosten erstattet zu erhalten, die ihr in der Vergangenheit durch die Wahl von Windelhosen der Marke "Tena Pants Plus" (im Vergleich zu den zum Festbetrage erhältlichen Produkten) entstanden sind, im Verwaltungsverfahren und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Urteil des LSG vom 30.10.2014 ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9.1.2015 zugestellt worden. Die Klägerin hat mit einem am 3.2.2015 beim BSG eingegangenen Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 2.2.2015 beantragt, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG zu gewähren. Dem Schreiben war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) beigefügt, in der lediglich der Abschnitt A "Angaben zu Ihrer Person" vollständig ausgefüllt war. Im Abschnitt B "Rechtsschutzversicherung/Mitgliedschaft" war unter 1. "Trägt eine Rechtsschutzversicherung ... die Kosten Ihrer Prozess- und Verfahrensführung?" "In welcher Höhe?" angekreuzt: "Ja:". Die Abschnitte C bis J waren nicht ausgefüllt. Der Bevollmächtigte wurde mit Schreiben vom 6.2.2015 und 9.2.2015 darauf hingewiesen, dass die Bewilligung von PKH die Übersendung des vollständig ausgefüllten Formulars innerhalb der am 9.2.2015 endenden Beschwerdefrist voraussetzt. Trage die Rechtsschutzversicherung die Kosten der Prozessführung, stünde der Klägerin PKH nicht zu. Die Klägerin hat für den Fall, dass die Angaben im Formular zu ergänzen seien, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt; die Ergänzung der Angaben ist jedoch unterblieben.

II

2

Dem Antrag auf Bewilligung von PKH konnte nicht stattgegeben werden.

3

1. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh auf dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden, es sei denn, der Antragsteller war an der Einhaltung der Frist unverschuldet gehindert (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BSG Beschluss vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B; BGH VersR 1981, 884; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6; BVerfG NJW 2000, 3344 [BGH 12.07.2000 - VIII ZR 99/99]). Diese Bewilligungsvoraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, die am 9.2.2015 endete (§ 160a Abs 1, § 64 Abs 2, § 63 Abs 2 SGG, § 174 ZPO), zwar PKH beantragt und die erforderliche Erklärung vorgelegt, aber das Formular in den Abschnitten C bis J nicht ausgefüllt, obwohl dort ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Erklärung auch in diesen Abschnitten auszufüllen ist, wenn eine Rechtsschutzversicherung nicht eintritt.

4

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin es unverschuldet versäumt hat, die Frist einzuhalten. Die Klägerin ist in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils vom 30.10.2014 sowie mit Schreiben des Berichterstatters vom 6.2.2015 und 9.2.2015 ausdrücklich darüber belehrt worden, dass sowohl das PKH-Gesuch als auch die formgerechte, vollständig ausgefüllte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG einzureichen sind. Es ist weder ersichtlich noch von der Klägerin dargetan, dass sie an der Einhaltung der Frist ohne ihr Verschulden verhindert gewesen ist. Der Hinweis des Bevollmächtigten der Klägerin vom 9.2.2015, es sei unrealistisch, die Fragen noch am 9.2.2015 zu beantworten, ändert hieran nichts. Unabhängig davon, dass es nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Fragen nicht noch am selben Tag nach telefonischer Rücksprache mit der Klägerin hätten beantwortet werden können, hätte die Klägerin bzw ihr Bevollmächtigter, dessen Verschulden sich die Klägerin nach § 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO zurechnen lassen muss, bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Hinblick auf die Hinweise in der Rechtsmittelbelehrung des LSG und im Formular rechtzeitig erkennen können, dass die Erklärung vollständig ausgefüllt innerhalb der Beschwerdefrist einzureichen ist. Die Klägerin hat sich auch bis heute nicht veranlasst gesehen, ihre Angaben zu ergänzen.

5

Nur soweit die Rechtsschutzversicherung die Kosten der Prozessführung trägt, musste die Klägerin das Formular nicht vollständig ausfüllen. Ob die Rechtsschutzversicherung der Klägerin mittlerweile eine Deckungszusage erteilt hat, kann allerdings offenbleiben, weil dann die Bewilligung von PKH mangels Mittellosigkeit ohnehin ausscheidet.

6

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist abzulehnen. Nach § 67 Abs 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Eine Wiedereinsetzung in die "Frist zur Vorlage der PKH-Erklärung" sieht das Prozessrecht nicht vor (BSG SozR 4-1500 § 66 Nr 1; BSG SozR 4-1500 § 73a Nr 6; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 67 RdNr 2a sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 73a RdNr 5 f). Im Übrigen war die Klägerin nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die erforderlichen Angaben innerhalb der Beschwerdefrist zu machen.

Prof. Dr. Wenner
Schriever
Dr. Waßer

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