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Bundessozialgericht
Beschl. v. 20.03.2015, Az.: B 12 KR 14/14 B
Berücksichtigung einer Einmalzahlung bei der Beitragsbemessung zur GKV; Anforderungen an eine Grundsatzrügebegründung; Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 SGB V
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 20.03.2015
Referenz: JurionRS 2015, 14573
Aktenzeichen: B 12 KR 14/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Nordrhein-Westfalen - 20.11.2013 - AZ: L 1 KR 194/11

SG Düsseldorf - AZ: S 8 KR 991/10 WA

BSG, 20.03.2015 - B 12 KR 14/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Im Rahmen der Geltendmachung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist.

2. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll.

3. Zu der Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen das Vorliegen von "Versorgungsbezügen" im Sinne von § 229 SGB V anzunehmen ist und ob dafür eine Versorgungszusage nach dem Gesetz über die betriebliche Altersversorgung erforderlich ist, existiert bereits umfangreiche Rechtsprechung des Senats.

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 KR 14/14 B

L 1 KR 194/11 (LSG Nordrhein-Westfalen)

S 8 KR 991/10 WA (SG Düsseldorf)

................................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: .............................................,

gegen

pronova BKK,

Brunckstraße 47, 67063 Ludwigshafen,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 20. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. K r e t s c h m e r sowie die Richter Dr. M e c k e und Dr. K a l t e n s t e i n

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob eine nach zunächst vereinbarter Altersteilzeit und dann vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der ehemaligen Arbeitgeberin der - als Rentnerin bei der beklagten Krankenkasse pflichtversicherten - Klägerin gezahlte Einmalzahlung von 10 618 Euro als Versorgungsbezug der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt.

2

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.11.2013 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels trotz ihres umfänglichen Vorbringens entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG einen Zulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

4

Die Klägerin beruft sich in ihrer Beschwerdebegründung vom 14.4.2014 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

5

Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht. Sie formuliert auf Seite 4 der Beschwerdebegründung folgende Frage:

"Sind Abfindungszahlungen am Ende eines Altersteilzeitvertrages Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 SGB V, obwohl sie ihre Rechtsgrundlage nicht in einer Versorgungszusage nach dem Gesetz über die betriebliche Altersversorgung haben, sondern sich von der Berechnung her lediglich an Rentenabschlägen der gesetzlichen Rentenversicherung orientieren?"

6

Sie macht dazu näher geltend, es handele sich um eine nicht auf den Einzelfall bezogene, die Auslegung des § 229 SGB V betreffende Frage, die sich weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung des BSG - insbesondere den Urteilen vom 17.3.2010 - B 12 KR 5/09 R (SozR 4-2500 § 229 Nr 9), vom 25.4.2012 - B 12 KR 26/10 R (SozR 4-2500 § 229 Nr 16) sowie vom 26.3.1996 - 12 RK 44/94 (SozR 3-2500 § 229 Nr 12) - heraus beantworten lasse. Die Norm lasse offen, ob eine vertraglich vereinbarte, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausbezahlte Abfindung, welche sich nur der Höhe nach an "etwaigen zuvor errechneten Rentenverlusten" orientiere, als Versorgungsbezug aufzufassen sei. Wie näher ausgeführt wird, habe das LSG den zitierten Urteilen zu Unrecht entnommen, dass es der Bewertung als Leistungen der betrieblichen Altersversorgung generell nicht entgegenstehe, dass der vom Arbeitgeber an die Klägerin ausgezahlte Betrag nicht in eine betriebliche Versorgungseinrichtung eingezahlt worden sei. Die Rechtsfrage sei mit Blick darauf, dass die Verbeitragung einer bestimmten Summe im Raum stehe, auch klärungsfähig.

7

Mit ihren Ausführungen entspricht die Klägerin den Darlegungsvoraussetzungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerdebegründung überhaupt eine Rechtsfrage von "allgemeiner" Bedeutung aufwirft. Dagegen spricht, dass die formulierte Rechtsfrage hier nur an bestimmte Leistungen anknüpft, die aus einer die Klägerin selbst betreffenden vertraglichen Abrede in einem einzelnen Betrieb resultieren. Diese Abrede hat ihre Grundlage in einem speziellen individuell abgeschlossenen Altersteilzeitvertrag, der ua die altersbedingte Beendigung der vertraglichen Beziehungen regelt und, der wiederum auf einem ganz bestimmten - jeweils von der Beschwerde nicht näher erläuterten - tariflichen und betrieblichen Regelwerk mit nur begrenzter Geltungsdauer beruht (im Land Nordrhein-Westfalen abgeschlossene Tarifverträge aus dem Jahr 2000 bzw eine von einem Betriebsrat mit dem konkreten Arbeitgeber ausgehandelte Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2002).

8

Soweit die Klägerin der von ihr formulierten Frage die Prämisse beilegt, dass es um die rechtliche Einordnung von "Abfindungszahlungen" am Ende des Altersteilzeitvertrages gehe, die sich von ihrer Berechnung her "lediglich" an Rentenabschlägen der gesetzlichen Rentenversicherung orientierten, legt sie ferner - unter dem Blickwinkel der Klärungsfähigkeit der Frage - schon nicht dar, dass Entsprechendes auch vom LSG im angegriffenen Urteil überhaupt in dieser Weise festgestellt worden ist. Dazu hätte indessen Anlass bestanden, weil das LSG auf Seite 8/9 des Urteils gerade angenommen hat, dass es sich bei der erfolgten Zahlung aufgrund der im Vertragswerk näher geregelten Auszahlungs- und Berechnungsmodalitäten nicht um eine "Abfindungszahlung" gehandelt habe, sondern um eine Einmalzahlung, die nur an aus dem Betrieb ausscheidende Personen (nach Altersteilzeit) gewährt werde, die das 57. Lebensjahr bereits vollendet hätten und die "wie eine Aufstockung der individuellen Betriebsrente" berechnet worden sei.

9

Darüber hinaus lässt die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Klärungsbedürftigkeit außer Ansatz, dass eine Rechtsfrage als höchstrichterlich geklärt anzusehen ist, wenn das BSG sie entweder bereits entschieden hat oder sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 160 Nr 8 S 17; SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Daran richten sich die Ausführungen der Klägerin nicht mit hinreichenden entsprechenden Darlegungen aus: Zu der hier im Kern (eigentlich) im Raum stehenden Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen das Vorliegen von "Versorgungsbezügen" im Sinne von § 229 SGB V anzunehmen ist und ob dafür eine Versorgungszusage nach dem Gesetz über die betriebliche Altersversorgung erforderlich ist, existiert bereits umfangreiche Rechtsprechung des Senats, der sich die Klägerin - obwohl sie sie zum Teil selbst zitiert - unter diesem Blickwinkel nicht zuwendet. So hat der Senat wiederholt ausgeführt, dass der Begriff der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung eigenständig gegenüber dem Begriff des Betriebsrentenrechts ist und dass eine Abgrenzung nach Zweck und Systematik des Beitragsrechts erfolgen muss (vgl nur BSG SozR 4-2500 § 229 Nr 14 RdNr 13 f mwN). Der Senat hat dazu herausgearbeitet, dass es dann, wenn (wie hier von der Klägerin geltend gemacht) nicht schon eine institutionelle Erfassung vom Betriebsrentenrecht her erfolgt, beitragsrechtlich ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Rentenleistung und der früheren Beschäftigung sowie die Einkommensersatzfunktion der Leistung als Merkmal der Vergleichbarkeit mit der gesetzlichen Rente entscheidend sind (BSG, ebenda RdNr 14 mwN; ebenso BSG SozR 4-2500 § 229 Nr 16 RdNr 32 mwN). Dass insoweit fortbestehender rechtlicher allgemeiner Klärungsbedarf besteht und dass es im Falle der Klägerin nicht lediglich um die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Frage der Richtigkeit der Subsumtion einer bestimmten Sachverhaltskonstellation unter die einschlägigen gesetzlichen Regelungen und die diese konkretisierende höchstrichterliche Rechtsprechung geht, wird in der Beschwerdebegründung nicht in nachvollziehbarer Weise dargelegt.

10

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 3 S 2 Halbs 2 SGG).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dr. Kretschmer
Dr. Mecke
Dr. Kaltenstein

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