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Bundessozialgericht
Beschl. v. 10.03.2015, Az.: B 13 R 410/14 B
Neufeststellung einer Altersrente; Substantiierung einer Grundsatzrüge; Harmonisierung nationaler Rentenrechtsordnungen
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 10.03.2015
Referenz: JurionRS 2015, 13525
Aktenzeichen: B 13 R 410/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Hessen - 12.11.2014 - AZ: L 2 R 155/14

SG Darmstadt - AZ: S 2 R 399/10

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 10.03.2015 - B 13 R 410/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Bei einer Grundsatzrüge muss anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgezeigt werden, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt.

2. Das europäische Koordinationsrecht hat zu keiner Harmonisierung der nationalen Rentenrechtsordnungen geführt; vielmehr bleibt das nationale Rentenrecht unangetastet.

in dem Rechtsstreit

Az: B 13 R 410/14 B

L 2 R 155/14 (Hessisches LSG)

S 2 R 399/10 (SG Darmstadt)

..........................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: .............................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz,

Eichendorffstraße 4 - 6, 67346 Speyer,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat am 10. März 2015 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richter Dr. F i c h t e und Dr. K a l t e n s t e i n

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. November 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 12.11.2014 hat das Hessische LSG einen Anspruch des Klägers auf Neufeststellung seiner Altersrente für langjährig Versicherte aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung verneint. Die Rentenfestsetzung sei zutreffend nach Maßgabe des Art 46 Abs 2 EWGV 1408/71 erfolgt und rechtlich nicht zu beanstanden.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Beschluss hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 18.2.2015 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn er hat den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

5

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

6

Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam,

"ob bei Berechnung des 'theoretischen Betrages' des Rentenanspruchs gemäß Artikel 46 Absatz 2 a EWGV 1408/71 in der Fassung ab 01.06.1992 die im Mitgliedstaat zurückgelegten Versicherungszeiten, umgerechnet entsprechend Artikel 107 der EWGVO 574/72 in Verbindung mit § 66 Absatz 1 und 2 SGB VI zu erfolgen hat und hilfsweise, ob § 66 SGB VI gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht (Artikel 46 Absatz 2 VO 1408/71) verstößt."

7

Der Senat lässt offen, ob der Kläger damit eine aus sich heraus verständliche, konkrete klärungsfähige Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet hat. Denn er hat die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage nicht aufgezeigt. Der Kläger geht selbst davon aus, dass er die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren für die Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI) aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nur nach Zusammenrechnung seiner in Frankreich und Deutschland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten auf Grundlage des Art 45 Abs 1 EWGV 1408/71 erfüllt und die Rentenberechnung deshalb nach Maßgabe des Art 46 Abs 2 EWGV 1408/71 zu erfolgen hat. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass auch die Beklagte und die Vorinstanzen diese Norm der Rentenfeststellung zugrunde gelegt haben. Dennoch versäumt er es, sich in seiner Beschwerdebegründung im Einzelnen - unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Schrifttum - mit den besonderen Vorgaben und Grundsätzen des Art 46 Abs 2 EWGV 1408/71 iVm Art 47 Abs 1 EWGV 1408/71 zur zwischenstaatlichen Rentenberechnung auseinanderzusetzen, nämlich erstens mit der Ermittlung des sogenannten "theoretischen Betrags" und sodann zweitens mit der Ermittlung der Teilrente als vom zuständigen deutschen Rentenversicherungsträger "tatsächlich geschuldeten Betrag" (hier) entsprechend dem Anteil an Entgeltpunkten ("Entgeltpunkte pro-rata"), der sich für die vom Kläger in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten an der Gesamtzahl der Entgeltpunkte nach Zusammenrechnung der deutschen und französischen Versicherungszeiten ergibt.

8

Der Kläger erläutert - anders als erforderlich - nicht, wie die von ihm in der Fragestellung problematisierte Berechnung des "theoretischen Betrags" hinsichtlich der "im Mitgliedstaat zurückgelegten Versicherungszeiten" im Rahmen des Art 46 Abs 2 Buchst a EWGV 1408/71 iVm Art 47 Abs 1 EWGV 1408/71 - wie von ihm offenbar präferiert - "umgerechnet entsprechend Artikel 107 der EWGVO 574/72 in Verbindung mit § 66 Absatz 1 und 2 SGB VI" erfolgen soll. Insbesondere zeigt er nicht auf, ob vorliegend die von ihm herangezogene (mit "Währungsumrechnung" überschriebene) Bestimmung in Art 107 EWGV 574/72 im Rahmen des Art 46 Abs 2 EWGV 1408/71 bei der zwischenstaatlichen Rentenberechnung überhaupt Anwendung finden könnte. Schließlich untersucht der Kläger nicht, ob seinen Berechnungsvorstellungen nicht bereits die zwischenstaatlichen Berechnungsgrundsätze insbesondere in Art 47 Abs 1 Buchst c und Buchst d EWGV 1408/71 entgegen stehen könnten. Allein die Darstellung einer aus Sicht des Klägers - vermeintlich - (für ihn) optimalen zwischenstaatlichen Rentenberechnung - ohne eine eingehende substanzvolle Erörterung der bestehenden zwischen- und innerstaatlichen Berechnungsvorgaben und Berechnungsgrundsätze - reicht zur Darlegung einer Klärungsbedürftigkeit im Rahmen einer Grundsatzrüge nicht aus. Der Kläger versäumt es daher, den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der von ihm als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Frage vornehmen soll. In diesem Zusammenhang sei lediglich ergänzend angemerkt, dass das europäische Koordinationsrecht zu keiner Harmonisierung der nationalen Rentenrechtsordnungen geführt hat. Vielmehr bleibt das nationale Rentenrecht unangetastet (vgl EuGH Urteil vom 20.10.1993 - C-297/92 [Baglieri] - Juris RdNr 17; BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 4 RdNr 26). Die (hier noch einschlägige) EWGV 1408/71 hat kein gemeinsames europäisches System der sozialen Sicherheit geschaffen, sondern lässt eigene nationale Systeme bestehen und soll nur die nationalen Systeme koordinieren (vgl EuGH Urteile vom 12.7.1979 - C-266/78 [Brunori] - Juris RdNr 5 f, vom 5.7.1988 - C-21/87 [Borowitz] - Juris RdNr 23 mwN und vom 3.3.2011 - C-440/09 [Tomaszewska] - Juris RdNr 25; BSG aaO).

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Prof. Dr. Schlegel
Dr. Fichte
Dr. Kaltenstein

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