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Bundessozialgericht
Beschl. v. 19.01.2015, Az.: B 13 R 333/14 B
Revision gegen mehrfach begründetes Berufungsurteil; Kausalität eines Verfahrensmangels
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 19.01.2015
Referenz: JurionRS 2015, 10751
Aktenzeichen: B 13 R 333/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Sachsen - 09.09.2014 - AZ: L 4 R 813/13

SG Dresden - AZ: S 42 R 1243/12

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG

BSG, 19.01.2015 - B 13 R 333/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Wird ein Urteil auf mehrere Begründungen gestützt, die die Zurückweisung der Berufung jeweils selbstständig tragen, reicht es nicht aus, wenn sich der gerügte Verfahrensfehler nur auf eine Begründung bezieht und hinsichtlich der weiteren entscheidungserheblichen Begründung auch kein anderer Zulassungsgrund dargetan wird.

2. Bei der Geltendmachung eines Verfahrensmangels ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.

in dem Rechtsstreit

Az: B 13 R 333/14 B

L 4 R 813/13 (Sächsisches LSG)

S 42 R 1243/12 (SG Dresden)

.......................................,

Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigter: ..................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland,

Georg-Schumann-Straße 146, 04159 Leipzig,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat am 19. Januar 2015 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richter Dr. F i c h t e und G a s s e r

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. September 2014 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr Rechtsanwalt M., G., beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Einen im März 2011 gestellten Rentenantrag lehnte der beklagte Rentenversicherungsträger ab, weil die Klägerin noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich leichte körperliche Arbeiten zu verrichten (Bescheid vom 9.11.2011; Widerspruchsbescheid vom 25.6.2012). Das Sozialgericht hat die Klage nach medizinischer Sachaufklärung abgewiesen (Urteil vom 13.9.2013); das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und die Begründung maßgeblich darauf gestützt, dass die Klägerin bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren; Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls) nicht erfüllt habe. Des Weiteren erfülle die Klägerin auch nicht die medizinischen Voraussetzungen für eine Rentengewährung. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen (Urteil vom 9.9.2014).

2

Die Klägerin hat zunächst Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt und ua ein Schreiben der Rechtsanwältin D. aus dem Büro ihrer bisherigen Bevollmächtigten, Rechtsanwaltspartnerschaft M., D. und W., vom 10.10.2014 vorgelegt, wonach eine Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg biete, weil insbesondere ein Verfahrensmangel wegen Übergehens eines Beweisantrags nicht mit Erfolg gerügt werden könne; denn das LSG habe zutreffend festgestellt, dass bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung nicht vorlägen. Die Klägerin hat sodann durch Rechtsanwalt M. Nichtzulassungsbeschwerde einlegen lassen, der nunmehr eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) rügt, weil ein mit Schriftsatz vom 17.9.2012 gestellter Beweisantrag ausdrücklich aufrechterhalten und vom LSG zu Unrecht zurückgewiesen worden sei. Zum Erfordernis der Erfüllung der Wartezeit und der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen verhält sich die Beschwerdebegründung vom 7.1.2015 nicht.

II

3

1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen.

4

Nach § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Denn die Beschwerde erfüllt nicht die formellen Voraussetzungen. Damit entfällt auch ein Anspruch der Klägerin auf Beiordnung von Rechtsanwalt M., § 73a SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO.

5

2. Die Beschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet worden.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 7.1.2015 nicht.

7

Die Klägerin beschränkt sich auf den Vortrag, das LSG habe einen Beweisantrag im Schriftsatz vom 17.9.2012 übergangen, der geeignet gewesen sei, den Beweis der medizinischen Voraussetzungen ihrer dauernden vollen Erwerbsminderung zu erbringen. Dass dieser Antrag bis zur mündlichen Verhandlung am 9.9.2014 aufrechterhalten worden sei, legt sie nicht dar. Eigenem Vortrag zur Begründung ihres PKH-Antrags zufolge hat das LSG ihre Berufung zudem in erster Linie deswegen zurückgewiesen, weil die Klägerin bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle. Hierauf ist sie von Ihrer früheren Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwältin D., mit Schreiben vom 10.10.2014 auch ausdrücklich hingewiesen worden.

8

Bei dieser Sachlage kann das Vorliegen des behaupteten, aber iS des § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht hinreichend bezeichneten Verfahrensfehlers dahinstehen. Denn jedenfalls kann das angefochtene Urteil nicht auf einem solchen Mangel beruhen. Wird nämlich ein Urteil auf mehrere Begründungen gestützt, die die Zurückweisung der Berufung jeweils selbstständig tragen, reicht es nicht aus, wenn sich der gerügte Verfahrensfehler nur auf eine Begründung bezieht und hinsichtlich der weiteren entscheidungserheblichen Begründung auch kein anderer Zulassungsgrund dargetan wird (vgl zB BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 27 mwN; BSG Beschlüsse vom 27.7.2006 - B 7a AL 52/06 B - Juris, vom 5.12.2007 - B 11a AL 112/07 B - Juris, vom 22.4.2010 - B 1 KR 145/09 B - Juris und vom 30.10.2013 - B 6 KA 6/13 B - MedR 2014, 609 und Juris). So liegt der Fall hier.

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Prof. Dr. Schlegel
Dr. Fichte
Gasser

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