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Bundessozialgericht
Beschl. v. 13.01.2015, Az.: B 13 R 273/14 B
Grundsatzrüge bei mehrfach begründetem Urteil
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 13.01.2015
Referenz: JurionRS 2015, 10269
Aktenzeichen: B 13 R 273/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Rheinland-Pfalz - 18.06.2014 - AZ: L 6 R 285/13

SG Speyer - AZ: S 17 R 380/11

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 13.01.2015 - B 13 R 273/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

Ist ein Urteil auf mehrere Begründungen gestützt, die die Berufungszurückweisung jeweils selbstständig tragen, reicht es nicht aus, wenn sich die vermeintliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur auf eine Begründung bezieht und hinsichtlich der weiteren entscheidungserheblichen Begründung auch kein anderer Zulassungsgrund dargetan wird.

in dem Rechtsstreit

Az: B 13 R 273/14 B

L 6 R 285/13 (LSG Rheinland-Pfalz)

S 17 R 380/11 (SG Speyer)

....................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigter: .........................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Bund,

Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat am 13. Januar 2015 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richter Dr. F i c h t e und G a s s e r

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Juni 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt kleine Witwerrente nach seiner im Jahr 1990 verstorbenen Ehefrau auch für die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.2001 sowie die Verzinsung des Zahlbetrags. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährte die begehrte Rente zunächst antragsgemäß ab 30.6.1990, stellte aber ab 30.9.1990 (Ende des Sterbevierteljahrs) deren Ruhen in voller Höhe wegen des vom Kläger damals in Höhe von monatlich 12 500 DM erzielten Erwerbseinkommens fest (Bescheid vom 2.4.1991). In der Folgezeit erkundigte sich der Kläger eigenen Angaben zufolge wiederholt telefonisch nach möglichen Ansprüchen auf eine Hinterbliebenenrente; ihm sei jedes Mal erläutert worden, dass er keine Ansprüche habe. Aufgrund eines erneuten Rentenantrags vom 1.4.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger schließlich rückwirkend ab 1.9.2002 große Witwerrente und stellte auch die kleine Witwerrente neu fest mit der Folge, dass es ab 1.1.2002 zu einer Rentennachzahlung kam (Bescheide vom 19.10.2009, 20.9.2010 und 10.12.2010; Widerspruchsbescheid vom 9.3.2011).

2

Die mit dem Ziel erhobene Klage, dem Kläger kleine Witwerrente auch für die Zeit des festgestellten Ruhens vom 1.1.1992 bis 31.12.2001 auszuzahlen, hat das SG abgewiesen, weil der angebliche Wegfall eigenen Einkommens des Klägers ab 1.1.1992 nicht nachvollziehbar, der Sachvortrag des Klägers widersprüchlich und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich sei (Urteil vom 25.4.2013). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat zu der Tatsache, dass keine überzeugenden Belege für eine Änderung der Verhältnisse (Wegfall eigenen Einkommens des Klägers ab 1.1.1992) vorhanden seien, auf die Ausführungen des SG Bezug genommen (§ 153 Abs 2 SGG) und ausgeführt, dass selbst für den Fall, dass eine entsprechende Änderung der Verhältnisse zugunsten des Klägers unterstellt werden könnte, eine rückwirkende Zahlung nach Ablauf des Vier-Jahres-Zeitraums des § 48 Abs 4 iVm § 44 Abs 4 SGB X ausgeschlossen sei, weil für Zeiten vor dem 29.8.2005 ein entsprechendes Begehren des Klägers iS eines Antrags nicht feststellbar sei. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.

3

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Er wirft Rechtsfragen dazu auf, inwieweit ein telefonisches Auskunftsersuchen von einer Behörde als Leistungsbegehren bzw Überprüfungsantrag auszulegen sei und ob die Behörde den Versicherten gleichwohl zu bescheiden habe, wenn sie ihm telefonisch mitteile, dass er einen Antrag nicht zu stellen brauche. Diese Fragen seien klärungsbedürftig und entscheidungserheblich, selbst wenn das LSG die Berufung auch deswegen zurückgewiesen habe, weil seine - des Klägers - Angaben zu erzielten Einkünften nicht widerspruchsfrei gewesen seien.

II

4

Die Beschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt worden.

5

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 29.9.2014 nicht.

6

2. Der Senat lässt dahinstehen, ob der Kläger über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfragen aufgeworfen und deren Klärungsbedürftigkeit aufgezeigt hat. Jedenfalls hat er deren Klärungsfähigkeit nicht dargetan. Wie er selbst ausführt, hat das LSG seine Entscheidung nicht nur damit begründet, dass es an einem Leistungs- bzw Überprüfungsantrag fehle. Vielmehr hat es die Zurückweisung der Berufung auch darauf gestützt, dass eine rechtserhebliche Änderung der Verhältnisse (Wegfall eigenen Einkommens des Klägers ab 1.1.1992) nicht feststellbar sei. Damit legt der Kläger selbst dar, dass das angefochtene Urteil zwei unabhängig voneinander die Zurückweisung der Berufung rechtfertigende Begründungen aufweist.

7

Ist ein Urteil aber auf mehrere Begründungen gestützt, die die Berufungszurückweisung jeweils selbstständig tragen, reicht es nicht aus, wenn sich die vermeintliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur auf eine Begründung bezieht und hinsichtlich der weiteren entscheidungserheblichen Begründung auch kein anderer Zulassungsgrund dargetan wird (vgl zB BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 27 mwN; BSG Beschlüsse vom 27.7.2006 - B 7 AL 52/06 B - Juris; vom 5.12.2007 - B 11a AL 112/07 B - Juris; vom 22.4.2010 - B 1 KR 145/09 B - Juris und vom 13.10.2013 - B 6 KA 6/13 B - MedSach 2014, 609 und Juris). So liegt der Fall hier.

8

Mit der Beschwerde wird neben der grundsätzlichen Bedeutung weiter ein Verfahrensfehler behauptet. Die Beschwerde dazu führt aus, das LSG habe die Angaben zu den Einkünften des Klägers nicht als widerspruchsfrei angesehen. Dies ändere jedoch nichts an dem Anspruch selbst. Es sei irrelevant, ob er (der Kläger) Anfang 1991 oder im ersten Quartal 1991 keinen Lohn mehr erhalten habe. Ab dem begehrten Leistungszeitraum hätten zumindest keine Einkünfte des Klägers mehr vorgelegen. Das LSG sei zur weiteren Aufklärung nach § 103 SGG verpflichtet gewesen. Mit diesem Vorbringen ist ein Verfahrensfehler nicht in der gebotenen Weise dargetan. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die Darlegung einer Sachaufklärungsrüge setzt voraus, dass die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthält: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Hieran fehlt es: Der Kläger hat vorliegend schon einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht bezeichnet.

9

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

4. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11

5. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Prof. Dr. Schlegel
Dr. Fichte
Gasser

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