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Bundessozialgericht
Beschl. v. 17.12.2014, Az.: B 1 KR 10/14 BH
Fehlendes Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage; Mitgliedschaft in der Beschäftigtenversicherung; Abschnittsweise Krankengeldgewährung; Unterlassene Meldung einer Arbeitsunfähigkeit
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.12.2014
Referenz: JurionRS 2014, 28475
Aktenzeichen: B 1 KR 10/14 BH
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Hessen - 05.06.2014 - AZ: L 8 KR 13/14

SG Marburg - AZ: S 6 KR 11/13

BSG, 17.12.2014 - B 1 KR 10/14 BH

Redaktioneller Leitsatz:

1. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist.

2. In der ständigen Rechtsprechung des für das Krg zuständigen Senats ist geklärt, dass die Mitgliedschaft aus der Beschäftigtenversicherung wegen eines Anspruchs auf Krg nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur erhalten bleibt, solange Anspruch auf Krg besteht.

3. Ebenfalls geklärt ist in der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei abschnittsweiser Krg-Gewährung das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen des Krg für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen ist.

4. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der unterlassenen Meldung der AU an die KK sind in der Rechtsprechung des BSG ebenfalls geklärt; nach seiner ständigen Rechtsprechung ist die Gewährung von Krg bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft.

in dem Rechtsstreit

Az: B 1 KR 10/14 BH

L 8 KR 13/14 (Hessisches LSG)

S 6 KR 11/13 (SG Marburg)

......................................................,

Kläger und Antragsteller,

gegen

Esso - Betriebskrankenkasse,

Osterbekstraße 90 a, 22083 Hamburg,

Beklagte,

Zustellungsbevollmächtigte: NOVITAS BKK,

Schifferstraße 92 - 100, 47059 Duisburg.

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 17. Dezember 2014 durch den Präsidenten M a s u c h sowie die Richter C o s e r i u und Dr. E s t e l m a n n

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. Juni 2014 vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Der von der beklagten Krankenkasse (KK) als versicherungspflichtiges Mitglied angesehene Kläger schloss mit der T. GmbH in K. (T-GmbH), vertreten durch die Ehefrau des Klägers als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin, mit Wirkung zum 1.8.2011 einen Arbeitsvertrag über eine Vollzeitbeschäftigung als Kfz-Meister (Bruttoarbeitsentgelt: 2532,13 Euro). Am 15.10.2011 gab der Kläger in einem Statusfeststellungsverfahren an, er sei für ein monatliches Arbeitsentgelt von brutto 401 Euro 10 Stunden/Woche beschäftigt (Internetrecherchen, Verhandlungen mit Auftraggebern). Er zog sich am 26.11.2011 schwere Verbrennungen (Grad II b) an beiden Beinen infolge einer Verseifungsreaktion bei längerem Kontakt mit nassem Beton zu und wurde bis 12.12.2011 stationär behandelt. Im weiteren Verlauf legte der Kläger der Beklagten ärztliche Feststellungen über Arbeitsunfähigkeit (AU) vor (26.11. bis 19.12.2011, 30.12.2011 bis 31.1.2012, 17.2. bis 4.3.2012, 24.5. bis 18.6.2012, 25.6. bis 20.7.2012, 30.7. bis 20.8.2012, 29.8. bis 30.9.2012). Die Beklagte bewilligte dem Kläger Krankengeld (Krg) vom 24.2. bis 4.3.2012 sowie vom 4.7. bis 20.7.2012 und zahlte 229,88 Euro Krg, berechnet nach einem monatlichen Brutto-Arbeitsentgelt von 401 Euro, im Übrigen lehnte sie Krg-Leistungen ab. Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm ab 7.1.2012 fortlaufend und über den 20.7.2012 hinaus Krg nach einem Brutto-Arbeitsentgelt von 2532,13 Euro zu zahlen, in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, Krg-Ansprüche vom 7.1. bis 23.2.2012 und vom 5.3. bis 2.7.2012 ruhten aufgrund verspäteter AU-Meldung. Ab dem 21.7.2012 sei ein Anspruch auf Krg ausgeschlossen. Das Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krg habe am 20.7.2012 geendet, weil AU erst ab dem 30.7.2012 wieder ärztlich festgestellt worden und das Arbeitsverhältnis ab 1.7.2012 beendet gewesen sei. Die Höhe des Krg sei zutreffend berechnet (Urteil vom 5.6.2014).

2

Der Kläger begehrt, ihm für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen.

II

3

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.

4

Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Durchsicht der Akten fehlen Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.

5

Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und § 160a Nr 21 S 38; BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN).

6

In der ständigen Rechtsprechung des für das Krg zuständigen Senats ist geklärt, dass die Mitgliedschaft aus der Beschäftigtenversicherung wegen eines Anspruchs auf Krg nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V nur erhalten bleibt, solange Anspruch auf Krg besteht. § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krg-Anspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krg vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es aus, ist aber zugleich auch erforderlich, dass Versicherte am letzten Tage des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krg - hier also am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses - alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Ablauf dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages - einen Krg-Anspruch entstehen zu lassen (vgl nur BSG SozR 4-2500 § 5 Nr 22 RdNr 14 mwN). Ebenfalls geklärt ist in der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei abschnittsweiser Krg-Gewährung das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen des Krg für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 192 Nr 6 RdNr 16 mwN; BSGE 111, 18 = SozR 4-2500 § 46 Nr 4, RdNr 13 mwN). Dies erfordert insbesondere, dass die AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird, wenn die AU-Feststellung nicht über den bewilligten Krg-Abschnitt hinausreicht (vgl BSGE 111, 18 = SozR 4-2500 § 46 Nr 4, RdNr 13 mwN). Soweit das LSG für das Land Nordrhein-Westfalen sich in mehreren Urteilen vom 17.7.2014 (L 16 KR 160/13 - Juris; L 16 KR 208/13 - Juris; L 16 KR 429/13 - Juris; L 16 KR 146/14 - Juris) hiergegen unter Zulassung der Revision mit der Auffassung gewandt hat, lediglich für die erstmalige Entstehung des Krg-Anspruchs sei die ärztliche Feststellung der AU nach § 46 S 1 Nr 2 SGB V erforderlich, während es bei durchgehender AU allein darauf ankomme, dass im gesamten Zeitraum objektiv AU bestanden habe, hat der Senat mit Urteilen vom 16.12.2014 (B 1 KR 31/14 R; B 1 KR 35/14 R; B 1 KR 37/14) diese Rechtsauffassung verworfen und an seiner aufgezeigten ständigen Rechtsprechung festgehalten. Es liegt fern, dass der Kläger in einer Nichtzulassungsbeschwerde gleichwohl weiterhin eine grundsätzliche Bedeutung der Frage dartun könnte, ob allein die erstmalige Feststellung der AU maßgeblich sei, wenn zugleich gesichert sei, dass objektiv durchgehend AU bestanden habe.

7

Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der unterlassenen Meldung der AU an die KK sind in der Rechtsprechung des BSG ebenfalls geklärt. Nach seiner ständigen Rechtsprechung ist die Gewährung von Krg bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft. Die AU muss der KK vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Dies hat auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug zu gelten, wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der AU über die Weitergewährung des Krg neu zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der AU grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner KK melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Wie bei der ärztlichen Feststellung handelt es sich auch bei der Meldung der AU um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist in diesem Sinne sowohl die Ausschlussregelung des § 46 S 1 Nr 2 SGB V als auch des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V strikt zu handhaben. Liegt der KK dagegen eine ärztliche AU-Mitteilung zwecks Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für Krg vor, die die Rechtsposition des Versicherten erkennbar stützt, bedarf es keiner weiteren AU-Meldung (vgl BSGE 111, 18 = SozR 4-2500 § 46 Nr 4, RdNr 18 ff mwN). Auch insoweit ist nicht zu erwarten, dass der Kläger eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu formulieren vermag.

8

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder dass der Kläger einen Verfahrensfehler des LSG dartun könnte, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

Masuch
Coseriu
Dr. Estelmann

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