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Bundessozialgericht
Beschl. v. 30.07.2014, Az.: B 9 V 21/14 B
Verletzung der Amtsermittlungspflicht; Nicht rechtskundig vertretener Kläger; Verminderte Anforderungen
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.07.2014
Referenz: JurionRS 2014, 31046
Aktenzeichen: B 9 V 21/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Berlin-Brandenburg - 27.02.2014 - AZ: L 13 VG 12/13

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG

BSG, 30.07.2014 - B 9 V 21/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht lässt sich nicht darstellen, wenn nicht ersichtlich ist, dass das LSG einen vom Kläger bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag übergangen haben könnte, selbst wenn insoweit bei einem in der Berufungsinstanz nicht rechtskundig vertretenen Kläger nach Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen sind.

in dem Rechtsstreit

Az: B 9 V 21/14 B

L 13 VG 12/13 (LSG Berlin-Brandenburg)

S 33 VG 110/10 (SG Berlin)

...................................................,

Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer,

gegen

Land Baden-Württemberg,

vertreten durch das Regierungspräsidium, Landesversorgungsamt,

Ruppmannstraße 21, 70565 Stuttgart,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 30. Juli 2014 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. S c h l e g e l sowie die Richterin Dr. R o o s und den Richter O t h m e r

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2014 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorstehend genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

In der Hauptsache begehrt der Kläger Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten wegen einer polizeilichen Ingewahrsamnahme zur Durchsetzung eines Hausverbots am 12.6.2009. Die Staatsanwaltschaft lehnte im Anschluss an die Ingewahrsamnahme die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab, der Beklagte danach die vom Kläger wegen eines angeblich erlittenen Traumas beantragten Versorgungsleistungen (Bescheid vom 21.12.2009; Widerspruchsbescheid vom 24.3.2010). Das SG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, ein vorsätzlich rechtswidriger tätlicher Angriff sei angesichts der Vorkommnisberichte der handelnden Polizeibeamten nicht nachweisbar (Urteil vom 12.3.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und ergänzend ua ausgeführt, dem Kläger komme auch die Beweiserleichterung des § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung nicht zugute, weil seine Angaben nicht glaubhaft erschienen (Urteil vom 27.2.2014).

2

Mit seiner anwaltlich erhobenen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil, für die er eigenhändig - erneut nach Mandatsniederlegung - Prozesskostenhilfe (PKH) innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist beantragt.

II

3

1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG PKH nur dann bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist hier zu verneinen.

4

Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens des Klägers - Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den geltend gemachten vorsätzlich rechtswidrigen tätlichen Angriff. Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

5

Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

6

Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht wird sich schon deshalb nicht darstellen lassen, weil nicht ersichtlich ist, dass das LSG einen vom Kläger bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag übergangen haben könnte (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 51 f; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11), selbst wenn insoweit bei einem in der Berufungsinstanz nicht rechtskundig vertretenen Kläger nach Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen sind (BSG Beschluss vom 31.7.2013 - B 5 R 53/13 B, Juris). Es ist jedenfalls nicht erkennbar, weshalb das LSG sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, im Anschluss an die Vorlage des Schreibens der T. vom 10.6.2009 in der mündlichen Verhandlung weiteren Beweis zu erheben (vgl zur Ablehnung weiterer Beweiserhebung BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 B - Juris RdNr 10 f).

7

2. Die noch vom Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Denn sie ist nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 160a Abs 2 S 1 SGG durch einen vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten begründet worden.

8

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

9

4. Die Verwerfung der nicht formgerecht begründeten Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.

10

5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Prof. Dr. Schlegel
Dr. Roos
Othmer

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