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Bundessozialgericht
Beschl. v. 29.03.2012, Az.: B 14 AS 251/11 B
Zulässigkeit der Beiordnung eines Notanwalts im sozialgerichtlichen Verfahren bei Aussichtslosigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 29.03.2012
Referenz: JurionRS 2012, 14571
Aktenzeichen: B 14 AS 251/11 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Nordrhein-Westfalen - 17.10.2011 - AZ: L 19 AS 2253/10

Rechtsgrundlage:

§ 78b ZPO

Fundstellen:

AnwBl 2012, 238-239

NJW 2012, 2685

BSG, 29.03.2012 - B 14 AS 251/11 B

Amtlicher Leitsatz:

Die Beiordnung eines Notanwalts in einem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist abzulehnen, wenn die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aussichtslos erscheint, weil nach summarischer Prüfung die Voraussetzungen eines Revisionszulassungsgrunds nicht gegeben sind.

in dem Rechtsstreit

Az: B 14 AS 251/11 B

L 19 AS 2253/10 (LSG Nordrhein-Westfalen)

S 3 (28,17) AS 325/07 (SG Düsseldorf)

....................................,

Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer,

gegen

Jobcenter Kreis Viersen,

Am Schluff 18, 41748 Viersen,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 29. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. U d s c h i n g sowie den Richter Dr. B e c k e r und die Richterin K r a u ß

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für sein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 2011 einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Der Antrag des Klägers, ihm für dieses Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das vorgenannte Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2011 hat der Kläger durch seinen früheren Prozessbevollmächtigten form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt hatte, dass er den Kläger nicht mehr vertrete, hat der Kläger während der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Notanwalts beantragt, weil er keinen Rechtsanwalt gefunden habe, der bereit sei ihn zu vertreten, und mehrere Anfragen seinerseits und Absagen von Rechtsanwälten vorgelegt.

2

1. Der Antrag des Klägers, ihm für sein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil des LSG einen Notanwalt beizuordnen, ist abzulehnen.

3

Nach § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 78b Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) hat das Prozessgericht, insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

4

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2011 erscheint aussichtslos.

5

Wie sich aus dem Verb "erscheinen" ergibt, ist keine abschließende Beurteilung der Erfolgsaussichten erforderlich, sondern eine summarische Prüfung ähnlich wie im Verfahren der PKH (§ 73a SGG, § 114 ZPO). Im Unterschied zur PKH ist der Entscheidungsmaßstab aber nicht eine hinreichende Erfolgsaussicht, sondern "Aussichtslosigkeit" als solche. Aussichtslosigkeit besteht, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Beiordnung eines Notanwalts soll einen Rechtsanwalt, der die Verantwortung für den Inhalt und die Fassung seiner Schriftsätze trägt, vor einer ihm nicht zumutbaren Vertretung in von vornherein aussichtslosen Sachen bewahren (Bundessozialgericht [BSG] vom 3.1.2005 - B 9a/9 SB 39/04 B - RdNr 5; Bundesgerichtshof [BGH] vom 29.9.2011 - V ZA 14/11 - RdNr 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl 2012, § 78b RdNr 5; von Mettenheim in Münchener Kommentar zur ZPO, Bd 1, 3. Aufl 2008, § 78b RdNr 5; Weth in Musielak, ZPO, 8. Aufl 2011, § 78b RdNr 6; Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, § 78b RdNr 3).

6

Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160a SGG gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des LSG liegt eine solche Aussichtslosigkeit vor, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen der in § 160 Abs 2 SGG enumerativ aufgeführten Gründe für die Zulassung der Revision - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - offenbar nicht vorliegen. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig und kann daher nicht deren Erfolgsaussichten begründen.

7

Der Kläger selbst hat seinen Antrag und seine Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründet. Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision ist auch nach summarischer Prüfung des Streitstoffes offenbar nicht gegeben. Das LSG hat seine Ablehnung der vom Kläger begehrten höheren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung auf medizinische Gründe gestützt und dabei das im Gerichtsverfahren eingeholte medizinische Gutachten und die Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte zugrunde gelegt. Weder erscheint die Rechtssache aufgrund der zu § 21 Abs 5 SGB II ergangenen Rechtsprechung (vgl nur BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 100/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) von grundsätzlicher Bedeutung noch enthält die Entscheidung des LSG eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG. Ebenso wenig ist ein Verfahrensmangel zu erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte.

8

2. Der Antrag des Klägers, ihm für dieses Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde PKH zu bewilligen, ist abzulehnen.

9

Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier aus den oben aufgezeigten Gründen nicht erfüllt, zumal schon die Beiordnung eines Notanwalts abzulehnen ist (vgl zum Verhältnis von § 114 und § 78b ZPO nur BGH vom 6.7.1988 - IVb ZB 147/87 - FamRZ 1988, 1152).

10

Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO).

11

3. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im oben genannten Urteil des LSG ist als unzulässig zu verwerfen.

12

Die Beschwerde ist zwar durch den früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers form- und fristgerecht eingelegt worden, wurde aber bisher nicht begründet. Nach § 160a Abs 2 Satz 1, 2 SGG hätte die Beschwerde innerhalb der bis zum 17.2.2012 verlängerten Frist durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten begründet werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, muss das Rechtsmittel als unzulässig verworfen werden (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

13

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

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