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Bundessozialgericht
Beschl. v. 30.06.2009, Az.: B 2 U 29/09 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.06.2009
Referenz: JurionRS 2009, 35301
Aktenzeichen: B 2 U 29/09 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Chemnitz - 15.12.2008 - AZ: L 2 U 64/06

SG Dresden - AZ: S 5 U 391/04

BSG, 30.06.2009 - B 2 U 29/09 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 2 U 29/09 B

L 2 U 64/06 (Sächsisches LSG)

S 5 U 391/04 (SG Dresden)

...............................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: .........................................,

g e g e n

Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft,

Hildegardstraße 29/30, 10715 Berlin,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

beigeladen:

Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft,

Kreuzstraße 45, 40210 Düsseldorf.

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 30. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. M e y e r , die Richter Dr. B e c k e r und H e i n z sowie die ehrenamtlichen Richter S c h n e i d i n g e r und Dr. G r i e s h a b e r

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

I

1

Die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) lehnte den Antrag des Klägers auf Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr 2108 nach der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung bei ihm ab. Das angerufene Sozialgericht (SG) holte ein Gutachten bei Dr. R. ein und hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 18. Januar 2006). Das Landessozialgericht (LSG) holte ein Gutachten von Prof. Dr. K. vom 9. Februar 2008 sowie eine ergänzende Stellungnahme desselben vom 4. Dezember 2008 ein und auf Anregung des Klägers nahm die Beklagte mit Schreiben vom 7. November 2008 sowie 12. Dezember 2008 zu den so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen ausführlich Stellung. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 15. Dezember 2008) und zur Begründung ausgeführt: Das Ausmaß der beruflichen Lendenwirbelsäulenbelastungen des Klägers könne dahingestellt bleiben. Seine bandscheibenbedingte Erkrankung sei jedoch nicht mit Wahrscheinlichkeit durch seine berufliche Tätigkeit (mit)verursacht worden, denn es lägen zumindest zwei anlagebedingte konkurrierende Ursachen vor. Dies ergebe sich aus den schlüssigen Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. K. und Dr. R..

2

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger insbesondere eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und führt zur Begründung ua aus, die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 4. Dezember 2008 sei ihm erst nach der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2008 bekannt geworden. Die Stellungnahme sei erst am 10. Dezember 2008 bei Gericht abgesandt und erst am 15. Dezember 2008 mit der üblichen Post am späten Vormittag in der Kanzlei seiner Bevollmächtigten eingegangen, während die Bevollmächtigte schon vor Beginn der regulären Bürozeit um 9:00 Uhr die Fahrt zu dem Termin am LSG um 10:00 Uhr angetreten habe. Auch habe das LSG in dem Termin auf diese weitere Beweiserhebung nicht hingewiesen. Ihm sei damit die Möglichkeit vorenthalten worden, zu dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.

II

3

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des Sächsischen LSG vom 15. Dezember 2008 beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es ist daher aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil das angefochtene Urteil des LSG unter Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 Grundgesetz, § 62 SGG) ergangen ist.

5

Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 mwN; BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f).

6

Vorliegend sind die Voraussetzungen der ersten Alternative erfüllt. Das LSG hat die Zurückweisung der Berufung des Klägers insbesondere auf die "Ausführungen der Gutachter Prof. K. und Dr. R." gestützt und als deren Ausführungen ua die Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 4. Dezember 2008 angeführt. Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich seiner Nicht-Kenntnis von dieser Stellungnahme wird durch die vorgelegten Schreiben und deren Eingangsstempel belegt. Entgegenstehende Unterlagen und Gesichtspunkte sind nicht zu erkennen und von den anderen Beteiligten auch nicht vorgebracht worden.

7

Aus der pauschalen Bezugnahme (sog salvatorischen Klausel) am Ende des Tatbestandes des Urteils des LSG ("Der Einzelrichterin des Senats liegen die Verfahrensakte beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.") folgt aufgrund deren Unbestimmtheit nichts Anderes (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 136 RdNr 6a mwN), weil ihr gerade nicht entnommen werden kann, ob die Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 4. Dezember 2008 Gegenstand der mündlichen Verhandlung war und dem Kläger zur Kenntnis gebracht worden ist.

8

Entsprechend dem Vorbringen des Klägers ist es nicht auszuschließen, dass das LSG aufgrund einer Äußerung und Fragen des Klägers zur Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 4. Dezember 2008 entweder unmittelbar oder nach weiteren Beweiserhebungen zu einem anderen Ergebnis in der Sache gelangt.

9

Angesichts dessen kann eine Entscheidung über die vom Kläger außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

10

Der Senat hat von der durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, weil für eine abschließende Entscheidung in der Sache Tatsachenfeststellungen und eine Würdigung der genannten Beweismittel notwendig sind.

11

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Prof. Dr. Meyer
Dr. Becker
Heinz
Schneidinger
Dr. Grieshaber

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