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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 16.11.2016, Az.: VII ZR 23/14
Anspruch eines Wohngebäude- und Hausratversicherers auf Begleichung der gezahlten Beträge für Sanierungsarbeiten
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 16.11.2016
Referenz: JurionRS 2016, 29399
Aktenzeichen: VII ZR 23/14
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:161116BVIIZR23.14.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Berlin - 28.03.2013 - AZ: 2a O 105/13

KG Berlin - 03.01.2014 - AZ: 7 U 87/13

Fundstelle:

ZfBR 2017, 146-147

BGH, 16.11.2016 - VII ZR 23/14

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Borris
beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.

Der Beschluss des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 3. Januar 2014 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 56.635,88 €

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Er ist der Wohngebäude- und Hausratversicherer seiner Versicherungsnehmerin S., die im Zuge der Errichtung ihrer Doppelhaushälfte die Beklagte im Jahr 2008 unter anderem mit der Montage dreier WCBecken beauftragte. Die Arbeiten erfolgten im September 2008. Am 26. Dezember 2008 entdeckte S. einen Wasserschaden im zweiten Obergeschoss. An einem der drei WC-Becken war eine Undichtigkeit vorhanden, die zu einem Wasseraustritt führte. Nach Durchführung von Sanierungsarbeiten zahlte der Kläger an S. einen Betrag von 56.635,88 €, den er von der Beklagten verlangt.

2

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht nach vorangegangenem Hinweisbeschluss mit einstimmigem Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt.

II.

3

1. Das Berufungsgericht meint, das Landgericht habe im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Allerdings habe das Landgericht nicht davon ausgehen dürfen, dass der Kläger sich die Feststellungen des eingeholten Gutachtens zu spät zu Eigen gemacht habe. Vielmehr habe er rechtzeitig geltend gemacht, dass die Undichtigkeit auf eine fehlerhafte Montage des WC zurückzuführen sei. Der Auftraggeber sei nicht gehalten, zu den Ursachen der Mangelerscheinungen vorzutragen. Ob diese in einer vertragswidrigen Beschaffenheit der Leistung des Auftragnehmers zu suchen sind, sei Gegenstand des Beweises und nicht Erfordernis des Sachvortrags.

4

Jedoch sei die Klageabweisung im Ergebnis zu Recht erfolgt, weil weder der erstinstanzliche Sachvortrag des Klägers noch derjenige der Berufungsbegründung ausreiche, den geltend gemachten Anspruch darzulegen. Auch sei durch das Gutachten des Sachverständigen K. vom 27. August 2012 ein Mangel der Werkleistung der Beklagten nicht bewiesen worden. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, dass das mitgelieferte Spülrohr nicht vollständig im Aufnahmerohr gesessen habe und unmöglich dicht habe abschließen können. Jedoch sei das Gutachten insoweit völlig unbrauchbar, unter anderem, weil das in Bezug genommene Foto nicht beigefügt gewesen sei.

5

Im Übrigen habe der Kläger weder dargetan noch sei sonst ersichtlich, wie sich aufgrund einer geringfügigen Undichtigkeit, die dadurch bedingt gewesen sein solle, dass ein Spülrohr nicht tief genug in das Aufnahmerohr gesteckt wurde, sich innerhalb von ca. vier Monaten ein derart umfangreicher Schaden entwickelt haben solle. Das sei bereits dem Grunde nach ausgeschlossen. Es sei auch nicht ansatzweise dargetan, dass eine erhebliche Durchfeuchtung mit ausgeprägtem Schimmelbefall in nur vier Monaten hätte entstehen können. Es könne und müsse hierfür - zumindest auch noch - andere Ursachen gegeben haben. Darüber hinaus sei der geltend gemachte Schaden der Höhe nach nicht ansatzweise dargetan. Es sei weder dargetan noch ersichtlich, welche Schäden in welchem Umfang im Einzelnen behoben worden sein sollten. Vor allem aber fehle es an einer Darlegung der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität im Hinblick auf die geltend gemachten Schäden.

6

Es sei Sache des Klägers, schlüssig darzulegen, dass ein bestimmter Schaden durch eine bestimmte Pflichtverletzung der Beklagten verursacht worden sei oder jedenfalls nur verursacht worden sein könne. Der Vortrag des Klägers reiche aber nicht aus, um insoweit auch nur einen Beweis des ersten Anscheins annehmen zu können. Deswegen könne sich das insoweit unbrauchbare Gutachten des Sachverständigen K. nicht zulasten der Beklagten auswirken.

7

2. Die Beschwerde des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, § 544 Abs. 7 ZPO. Der Beschluss des Berufungsgerichts verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise, Art. 103 Abs. 1 GG.

8

a) Die Beschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht gemeint hat, der Kläger habe die Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruches nicht hinreichend dargelegt. Hierbei hat das Berufungsgericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und dadurch versäumt, den Sachvortrag des Klägers in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls Beweis zu erheben. Das stellt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - VII ZR 160/12, NZBau 2014, 221 Rn. 12 m.w.N.). Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Der Kläger hat, wie das Berufungsgericht im Ansatz noch zutreffend sieht, ausreichend substantiiert einen Mangel der Werkleistung der Beklagten behauptet. Er hat außerdem behauptet, hierdurch seien umfangreiche, näher beschriebene Durchfeuchtungen mit Schimmelpilzbefall des Hauses entstanden. Schließlich hat er behauptet, diese seien durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen behoben worden, wozu er unter anderem die Rechnungen mit der Beschreibung der durchgeführten Leistungen vorgelegt hat. Zur ausreichenden und schlüssigen Darlegung eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB gehört nicht die Erklärung, wie aufgrund einer geringfügigen Undichtigkeit sich innerhalb von vier Monaten ein derart umfangreicher Schaden habe entwickeln können. Es ist für die Schlüssigkeit des Vortrags auch nicht notwendig, dass sich aus ihm der Beweis eines ersten Anscheins für die Verursachung der geltend gemachten Schäden ergibt. Schließlich trifft es nicht zu, dass der Kläger nicht dargetan habe, welche Schäden in welchem Umfang im Einzelnen behoben worden sein sollten. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme auf die Rechnungen über die durchgeführten Arbeiten, in denen diese beschrieben sind. Soweit dies dem Berufungsgericht im Einzelfall nicht ausreichen sollte, wäre es verpflichtet, hierauf konkret hinzuweisen. Im Übrigen kommt allenfalls in Betracht, dass nicht die gesamte Höhe des geltend gemachten Schadens ausreichend dargelegt ist, was aber nicht zur Klageabweisung führen kann.

9

b) Die Entscheidung kann auch auf dieser Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruhen. Denn auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts, der Mangel der Werkleistung der Beklagten sei durch das Gutachten des Sachverständigen K. nicht bewiesen, beruht auf einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

10

Wegen des wie ausgeführt schlüssigen Vortrags des Klägers war das Berufungsgericht verpflichtet, dem Beweisantrag des Klägers in seiner Berufungsbegründung nachzugehen, durch Sachverständigengutachten den behaupteten Mangel der Werkleistung festzustellen. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Mai 2015 - VII ZR 78/13, BauR 2015, 1528 Rn. 7; vom 22. August 2012 - VII ZR 2/11, BauR 2012, 1822 Rn. 14 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn der Tatrichter dieses Vorbringen zwar zur Kenntnis genommen hat, das Unterlassen der danach gebotenen Beweisaufnahme aber im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BGH, Beschlüsse vom 20. Mai 2015 - VII ZR 78/13, aaO; vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03, NJW-RR 2007, 500 Rn. 9 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht durfte den Antrag nicht deswegen unberücksichtigt lassen, weil bereits ein Gutachten des Sachverständigen K. in erster Instanz eingeholt worden war. Denn das Berufungsgericht hat das Gutachten zu diesem Punkt für völlig unbrauchbar gehalten. Damit war der entsprechende Beweisantrag noch nicht erledigt. Die Situation stellte sich zu dieser Frage - nicht anders dar, als läge noch kein gerichtliches Sachverständigengutachten vor. Das Berufungsgericht hätte deshalb mindestens den Sachverständigen zur Erläuterung seines bisher unbrauchbaren Gutachtens veranlassen oder gemäß § 412 Abs. 1 ZPO vorgehen müssen.

11

c) Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung gekommen wäre, wenn es den ausreichend substantiierten Vortrag des Klägers zugrunde gelegt und über seine Behauptungen Beweis erhoben hätte.

Eick

Halfmeier

Jurgeleit

Graßnack

Borris

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