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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 20.10.2016, Az.: 2 StR 2/16
Berücksichtigung entgegenstehender Ansprüche Verletzter bei der Erkennung auf Verfall eines Geldbetrages
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 20.10.2016
Referenz: JurionRS 2016, 28793
Aktenzeichen: 2 StR 2/16
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:201016B2STR2.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Frankfurt am Main - 18.06.2015

Rechtsgrundlage:

§ 111i Abs. 2 StPO

Fundstellen:

InsbürO 2017, 167

NZI 2017, 17

WiJ 2017, 60-61

Verfahrensgegenstand:

Beihilfe zur Untreue

BGH, 20.10.2016 - 2 StR 2/16

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2015 aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 153.418,10 Euro erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Diese Feststellung entfällt.

  2. 2.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

  3. 3.

    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und eine Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung getroffen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 153.418,10 Euro erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.

2

Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision.

3

Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Teilerfolg und führt zum Wegfall der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

4

1. Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO hat keinen Bestand. Der Anwendung dieser durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2006, S. 2350) in die Strafprozessordnung eingefügten und am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Vorschrift steht § 2 Absatz 5 StGB i.V.m. § 2 Absatz 3 StGB entgegen (BGH, Beschlüsse vom 25. April 2012 - 1 StR 566/11, NStZ-RR 2012, 254; vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11, BeckRS 2012, 06059 Rn. 115; Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NStZ 2008, 295 mwN). Die verfahrensgegenständliche Tat war spätestens im August 2006 (vgl. zur Tatbeendigung bei Untreue BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - 4 StR 550/02, NStZ 2003, 540, 541) und damit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung beendet.

5

2. Die Revision des Angeklagten zum Schuld- und Strafausspruch bleibtohne Erfolg.

6

Ergänzend zu der Zuschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

7

Die von der Hauptgläubigerin, der Sparkasse D. , nach Abschluss einer "Zuzahlungsvereinbarung" über einen (weiteren) Betrag in Höhe von 65.000 Euro erteilte Zustimmung zur Veräußerung sämtlicher Vermögensgegenstände der Du. OHG an die H. GmbH zu einem Fünftel ihres Wertes lässt den Tatbestand der durch den Insolvenzverwalter R. begangenen Untreue zum Nachteil der Insolvenzmasse bzw. des Vermögens der Insolvenzschuldnerin (vgl. § 35 Abs. 1 InsO) nicht entfallen.

8

Zwar schließt die - wirksame - Einwilligung des Inhabers des zu betreuenden Vermögens die Tatbestandsmäßigkeit der Untreue aus (Senat, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278 f.).

9

Die Sparkasse war jedoch ungeachtet der Frage, ob eine entsprechende Entschließung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht in einer Gläubigerversammlung mit der Möglichkeit der Beteiligung aller stimmberechtigten Insolvenzgläubiger hätte erfolgen müssen (vgl. § 78, §§ 160 ff. InsO) und ob eine etwa beschlossene Zustimmung nicht als unwirksam hätte angesehen werden müssen, weil sie ihrerseits pflichtwidrig gewesen wäre (vgl. Senat, aaO), nicht als Inhaberin des zu betreuenden Vermögens - der insolventen Du. OHG - anzusehen. Sie war deshalb, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, zur Disposition über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin (allein) nicht befugt (vgl. Schramm, NStZ 2000, 398, 399).

10

3. Angesichts des nur geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Fischer

Eschelbach

Ott

Bartel

Wimmer

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