Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 20.09.2016, Az.: VI ZR 432/15
Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht im Rahmen einer Operation des Schultergelenks
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 20.09.2016
Referenz: JurionRS 2016, 25837
Aktenzeichen: VI ZR 432/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:200916BVIZR432.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Nürnberg - 13.02.2014 - AZ: 11 O 6995/12

OLG Nürnberg - 26.06.2015 - AZ: 5 U 659/14

Fundstelle:

MedR 2017, 440-441

BGH, 20.09.2016 - VI ZR 432/15

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Stöhr und Offenloch und die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff
beschlossen:

Tenor:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 26. Juni 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht verneint worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: bis 290.000 €

Gründe

I.

1

Die Klägerin wurde am 14. März 2008 im Krankenhaus der Beklagten zu 1 an der Schulter operiert. Sie trägt vor, dass sich aufgrund der Operation in der Folge eine vollständige Einsteifung des linken Schultergelenks entwickelt habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Soweit Behandlungsfehler geltend gemacht worden sind, hat es festgestellt, die Operationsindikation habe bestanden und auch der Facharztstandard sei eingehalten worden. Dies greift die Nichtzulassungsbeschwerde nicht an. Sie macht allerdings eine fehlerhafte Abweisung im Hinblick auf die von ihr geltend gemachten Aufklärungsversäumnisse geltend.

II.

2

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, soweit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht verneint worden ist.

3

1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Insbesondere ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gegeben, wenn eine erforderliche Beweiserhebung nicht erfolgt ist und dies im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08, VersR 2009, 1137 Rn. 2 mwN).

4

2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe zu Recht gerügt, dass eine Vernehmung ihres Ehemannes als Zeuge zu Inhalt und Umfang der Aufklärung unterblieben sei. Ein Nachholen der Zeugeneinvernahme sei aber nicht erforderlich, da ein evtl. Aufklärungsfehler nicht entscheidungserheblich sei. Der Senat sei nach ergänzender Anhörung des Sachverständigen wie das Landgericht nicht davon überzeugt, dass die Beschwerden der Klägerin Folge des operativen Eingriffs seien. Danach liegt eine erhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) vor.

5

Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Primärschädigung bei fehlerhafter Aufklärung bei einer Operation bereits in dem mangels wirksamer Einwilligung per se rechtswidrigen Eingriff als solchem (vgl. Senatsurteile vom 29. September 2009 - VI ZR 251/08, VersR 2010, 115 Rn. 13; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09, VersR 2011, 223 Rn. 18 mwN). Im Hinblick darauf macht die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht geltend, das Berufungsgericht habe ausweislich seines protokollierten Hinweises in der mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2015 rechtsfehlerhaft auf das Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO abgestellt, obgleich die Kausalität für den behaupteten Gesundheitsschaden nach dem Beweismaßstab des § 287 Abs. 1 ZPO hätte beurteilt werden müssen. Nach den bisherigen Ausführungen des Sachverständigen ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Anwendung des Beweismaßmaßstabs des § 287 Abs. 1 ZPO, eventuell nach weiterer Erörterung mit dem Sachverständigen, die Kausalität bejaht hätte. Dann hätte es den Ehemann der Klägerin als Zeugen vernehmen müssen, um zu klären, ob eine Aufklärungspflichtverletzung vorgelegen hat.

Galke

Stöhr

Offenloch

Oehler

Roloff

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.